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Insektenmittel kann Nervenzellen schädigen  
  Österreich erlebte in den letzten Wochen eine Gelsenplage wie lange nicht. Die einzigen Nutznießer der Invasion waren Apotheken und Drogerien: Der Absatz von Insektensprays stieg explosionsartig an. Dabei ist es unter Umständen gesünder, den einen oder anderen Stich zu ertragen als sich gedankenlos die angebotenen Mittel auf die Haut zu sprühen.  
Eine aktuelle Studie liefert nämlich neue Hinweise auf die Schädlichkeit einer weit verbreiteten Wirksubstanz. Möglicherweise ist sie ein gefährliches Nervengift für Tier und Mensch.
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Die Studie "Evidence for inhibition of cholinesterases in insect and mammalian nervous systems by the insect repellent deet" von Vincent Corbel et al. in "BMC Biology" (August 2009) erschienen.
->   BMC Biology
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Wirksamer Schutz
Sogenannte Repellents oder Insektenabwehrstoffe enthalten Substanzen, welche Gelsen, Bremsen, Zecken und ähnliche Insekten fernhalten. Sie sind aber keine Insektizide, also nicht tödlich für Parasiten und lästige Blutsauger. Meist werden sie als Spray oder Lotion auf die Haut aufgebracht.

Eines der am weitest verbreiteten Mittel ist Diethyl-3-Methylbenzamid, kurz DEET. Es wird bereits seit 1953 zur Abwehr von Insekten genutzt - unter anderem in einigen Produkten der Marke "Autan", vertrieben von der US-Firma SC Johnson. Der Wirkstoff ist auch bei staatlichen Gesundheitsprogrammen das Mittel der Wahl. Etwa 200 Millionen Menschen weltweit nutzen den Wirkstoff jährlich.
Ungeklärter Wirkmechanismus
Wie DEET genau wirkt, ist nicht restlos geklärt. Vermutlich wirkt es über den Geruchssinn. Entweder blockiert es die entsprechenden Rezeptoren bei Insekten, was Experimente mit Fruchtfliegen nahe legen. Dadurch können die Tiere menschliche Gerüche schlechter wahrnehmen. Vielleicht schreckt aber auch der Duft des Mittels selbst die kleinen Quälgeister ab.

Dass der Wirkstoff nicht ganz unschädlich ist, wird schon länger vermutet. Zumindest wird davon abgeraten, ihn auf offene Hautstellen aufzubringen sowie ihn für Kleinkinder und stillende Mütter zu verwenden.
Neurologische Schäden
Für ihre Studie haben die Forscher rund um Vincent Corbel vom Institut de recherche pour le développement (IRD) in Montpellier nun versucht, mit Hilfe von Experimenten an Insekten und in Zellkulturen die molekulare Wirkung des Mittels zu klären.

Die Ergebnisse zeigten, dass DEET etwa ein Enzym hemmt, das Botenstoffe im Gehirn abbaut, die Cholinesterase. Für die Forscher ein Indiz für seine nervenschädigende Wirkung.
Gefährliche Wechselwirkung
Gefährlich ist vor allem die Verwendung zusammen mit Insektiziden, deren schädigende Wirkung verstärkt werden könne, wie weitere Experimente zeigten. So können etwa Kleidung oder Moskitonetze gegen Malaria-Mücken mit Insektiziden präpariert sein.

Besonders mit Carbamat-Insektiziden gebe es demnach eine Wechselwirkung, die deren toxische Wirkung verstärkt. Carbamate werden vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt. Von ihnen ist bekannt, dass sie eine bestimmte Cholinesterase hemmen und dadurch giftig sind.

Jedenfalls weisen die Versuche auf eine toxische Wirkung des Wirkstoffs für den Menschen hin. Seine Sicherheit ist laut den Forschern daher zu bezweifeln. In weiteren Studien müsse nun geklärt werden, wie viel DEET bei den üblicherweise verwendeten Produktmengen tatsächlich über die Haut in den Körper und das Gehirn gelangt und ob diese Dosis bereits schädlich ist.

[science.ORF.at/dpa, 5.8.09]
->   DEET (Wikipedia)
->   L'Institut de recherche
pour le développement (IRD)
 
 
 
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01.01.2010