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Studie: Gehirn erkennt vor allem Feinde wieder  
  Das menschliche Gehirn erkennt vor allem Feinde automatisch wieder. Selbst bei flüchtigen Begegnungen werden die Emotionen unbewusst gespeichert und bei einer zweiten Begegnung wieder abgerufen.  
Das ergab ein Studie von Schweizer Forscher. Die Wissenschaftler von der Universität Genf ließen Probanden ein Spiel gegen virtuelle Gegner spielen. Nach dem Ende des Spiels wurde ihnen für rund zwei Sekunden ein Bild mit dem Gesichtsausdruck seines Gegenspielers gezeigt. Die insgesamt 16 verschiedenen Gesichtsausdrücke signalisierten dem Spieler dabei einen "Feind" oder einen "Freund".

Mit Hilfe der so genannten funktionellen Magnetresonanztomografie untersuchten die Forscher etwa zehn Minuten später, was im Gehirn passiert, wenn die Probanden den Gegenspieler wieder sehen. Es zeigte sich, dass dieser selbst dann einen Eindruck auf das Gehirn hinterließ, wenn sich sein Gesichtsausdruck völlig änderte.
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Die Studie "Memory for friends or foes: The social context of past encounters with faces modulates their subsequent neural traces in the brain" von Pascal Vrticka et al. ist in "Social Neuroscience" (DOI: 10.1080/17470910902941793) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie
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Feinde brennen sich ein
Am markantesten war die Gehirnreaktion auf Gesichter, die als feindlich wahrgenommen wurden, wie die Universität Genf am Montag mitteilte. Es zeigte sich aber auch, dass die Erinnerung unbewusst ablief. "Die Probanden erinnerten sich nicht an die Details der ersten Begegnung, aber ihr Gehirn hatte sie gespeichert", so der Erstautor Pascal Vrticka.

Dieses unbewusste Abrufen von emotionalen Informationen sei vorher noch nie nachgewiesen worden. Beteiligt sind laut den Forschern Hirnareale zur Erkennung von Gefahr (Amygdala), zur Verarbeitung sozialer Ablehnung (anteriorer cingulärer Kortex) und zur Empfindung von Dominanz (Nucleus caudatus).
Flucht oder Annäherung
Dass sich das Gehirn besser an unfreundliche Gesichtsausdrücke erinnert, ist laut Vrticka gut nachvollziehbar, da dies fürs Überleben wichtig sei. Eine wissenschaftliche Theorie geht gar davon aus, dass das menschliche Gehirn vor allem wegen der Entwicklung der sozialen Wahrnehmung so groß geworden ist.

Um den Fortbestand zu sichern und die Überlebensfähigkeit zu verbessern, muss gemäß dieser Theorie das Gehirn fortlaufend auswerten, ob ein Gegenüber freundlich oder feindlich ist. Diese Information dient dann dazu, sich zwischen einer Flucht und einer Annäherung zu entscheiden.

[science.ORF.at/sda, 11.8.09]
 
 
 
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01.01.2010