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Steinzeitliche Ingenieure
Werkzeuge wurden durch Feuer verbessert
 
  Vermutlich hat schon der frühe Mensch im südlichen Afrika gezielt die Kraft des Feuers genutzt, um die Qualität seiner Steinwerkzeuge zu verbessern. Laut einer aktuellen Studie müssen diese frühen "Ingenieure" bereits über ein recht komplexes Denken verfügt haben.  
Der Ursprung der menschlichen Kultur
Die Entdeckung von Feuer steht am Anfang jeglicher menschlichen Kultur und Zivilisation. Ungenießbare Speisen wurden dadurch essbar und Nahrungsmittel haltbar. Außerdem schützte es die Menschen vor Kälte.

2004 haben Forscher Hinweise entdeckt, dass Feuer vermutlich schon viel früher genutzt wurde als bisher angenommen (Science, Bd. 304, S. 725). Anhand verkohlter Samenkörner, Holzresten und Feuerstein kamen israelische Wissenschaftler damals zu dem Schluss, dass Menschen schon vor 790.000 Jahren von Feuer Gebrauch machten, bis dahin lagen die Datierungen bei etwa 300.000 Jahren.
Vom Kochen zur technischen Verwendung
Diese frühe menschliche Feuerstelle wurde wahrscheinlich für die Zubereitung von Speisen verwendet, das legen auch Reste von Oliven, wilden Wein und Gerste nahe, die in der Nähe gefunden worden waren.

Die Verwendung des Feuers für die Bearbeitung von Werkzeug folgte deutlich später. Bisher dachte man, dass diese Technik in Europa vor etwa 25.000 Jahren das erste Mal auftauchte.
Werkzeug mit speziellem Aussehen
Im Rahmen einer aktuellen Studie (Science, 14. August 2009) hat ein internationales Forscherteam rund um Kyle Brown von der University of Cape Town in Südafrika Steinartefakte aus dem Mineral Silkret untersucht, die an südafrikanischen Grabungsstätten gefunden worden waren. Datiert wurden die Fundstücke auf etwa 72.000 Jahre.

Laut den Forschern haben sie eine äußerst feinkörnige Struktur und sind leicht rötlich. Wie sie zu diesen Eigenschaften gekommen sind, war den Forschern zunächst unklar.

In Experimenten versuchten sie selbst Werkzeuge aus Stein nachzubauen, aber das von ihnen verwendete Silkret war sehr spröde und eignete sich nicht wirklich zur Herstellung brauchbarer Werkzeuge.
"Gegrillte" Steine
 
Bild: Kyle Brown

Links Silkret in seinem Rohzustand, rechts hitzebehandelt

Durch Zufall - also ähnlich wie der erste Mensch zum Feuer - kamen sie dahinter, wie das Material seine einzigartige Textur erhielt. Sie fanden ein ungewöhnlich großes Artefakt, eingebettet in Asche. "Es sah aus als wäre es zufällig ins Feuer gefallen", so Brown. Außerdem erinnerte ihn der Glanz des Stücks an hitzebehandelte Werkzeuge von anderen Fundstellen.

Um seine Vermutung zu testen, erhitzte das Team das ungeeignete Silkret. Tatsächlich bekam es eine tiefrote Farbe, war plötzlich ganz einfach zu bearbeiten und vor allem sah es genauso aus wie die Fundstücke. Ab sofort begannen die Wissenschaftler Kopien der frühzeitlichen Werkzeuge herzustellen.

Die Faustkeile seien vielseitig einsetzbar: als Jagdwaffen, Messer und auch als frühe Tauschobjekte.
Vorsprung durch Pyrotechnik
Für diese neue Technologie mussten die Menschen laut den Forschern bereits in der Lage gewesen sein, einen Zusammenhang zwischen Feuer, Hitze und der Formbarkeit von Materialien herzustellen. "Die Studienergebnisse zeigen, dass sie Feuer in einer sehr durchdacht und ausgeklügelten Weise zu nutzen wussten", so Brown.

Dieses Wissen musste dann von Mensch zu Mensch, von einer Generation zur nächsten weiter gegeben werden, während die Technik nach und nach verfeinert wurde. Dies erfordert laut den Wissenschaftlern bereits ziemlich komplexes Denken und vielleicht sogar Sprache.

Der kontrollierte Umgang mit Feuer wäre jedenfalls eine mögliche Erklärung dafür, dass die frühen Menschen aus Afrika, als sie sich über Eurasien ausbreiteten, gegenüber anderen Hominiden, wie etwa dem Neandertaler, klar im Vorteil waren.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 14.8.09
->   University of Cape Town
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Feuergebrauch bereits vor 790.000 Jahren
->   Feuerstein - Stahl der Urzeit
->   Älteste Kochstelle Spaniens entdeckt
 
 
 
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01.01.2010