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Schwerpunkt Evolutionsforschung in Wien  
  Ohne Masterplan und großem Trara, aber wohl aus einer guten Tradition heraus ist in den vergangenen Jahren ein neuer Schwerpunkt in Wien entstanden: die Evolutionsforschung.  
Mit "Top-Besetzungen" in und um die Bundeshauptstadt habe sich hier "Klasse in Masse" angesammelt, meint Joachim Hermisson, selbst Evolutionsbiologe, gegenüber der APA. Dem neuen Stärkefeld soll mit der Initiative "Evolvienna" mehr Aufmerksamkeit verschafft werden. Die Gründungskonferenz ist für 24. November geplant - jenem Tag, als vor 150 Jahren Darwins "Über die Entstehung der Arten" erschien.
Schuster, Sigmund, Riedl
"Man könnte natürlich bei Gregor Mendel anfangen", doch zu den "modernen Pionieren", die das Forschungsgebiet in Wien wiederbelebt haben, zählt Hermisson, Initiator von "Evolvienna", insbesondere Peter Schuster, Karl Sigmund und Rupert Riedl. Schon bei ihnen zeigt sich aber auch: Die Evolutionsforschung ist aufgrund ihrer Interdisziplinarität sicherlich kein leicht abzugrenzendes Feld.

Die Arbeiten von Schuster und Sigmund sind etwa in den Grenzgebieten zur Chemie bzw. Mathematik angesiedelt. Ebenfalls in Verbindung mit der Mathematik beforscht der aus Deutschland stammende Hermisson mit einer Stiftungsprofessur des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) seit 2007 in Wien die Populationsgenetik an den Max F. Perutz Laboratories und der Uni Wien.
"Highly cited"
Zu jenen Professoren, die "im engeren Sinn" im Großraum Wien Evolutionsbiologie betreiben, zählt Hermisson gut 15 Kollegen. Rund die Hälfte wurde erst in den vergangenen fünf Jahren berufen. Die Publikationen der heute in Wien aktiven Evolutionsforscher wurden insgesamt weit mehr als 50.000-mal in Fachzeitschriften zitiert (Veröffentlichungen bei mehreren Wiener Autoren nicht doppelt gezählt, Anm.).

Für einen kleinen Fachbereich, der an vielen Unis nur von ein oder zwei Personen vertreten wird, sei das eine enorme Zahl und "auf Champions League-Niveau", so Hermisson. Insbesondere im deutschsprachigen Raum finde sich derzeit kein vergleichbarer Standort, so seine Einschätzung.

Die Interdisziplinarität sowie die große Anzahl an Neuzugängen in jüngerer Zeit erschwert allerdings die weitere Bezifferung der Forschungsstärke in diesem Gebiet. So sind etwa über den Wissenschaftsfonds FWF (derzeit) noch keine Daten dazu verfügbar.
Eine Lanze für die traditionelle Biologie
"Evolvienna" soll vor allem den Wissenschaftern aus den verschiedenen Wiener Forschungsstätten und aus unterschiedlichen Forschungstraditionen eine gemeinsame Diskussionsplattform bieten. Auch jene, "die organismische Forschung betreiben", sind laut Hermisson breit vertreten:

"Es ist gerade für die Evolutionsforschung wichtig, dass wir den Kontakt zu den Daten in ihrem natürlichen Kontext behalten." Auch wenn es häufig den Einwand gebe, dass sich die Forschung in diesem Bereich in den vergangenen 30 Jahren nicht groß verändert habe, fänden sich hier jene Leute, "die über die Natur draußen Bescheid wissen".
"Darwin Lectures" und Fachkonferenzen
Um sich auch einem "inner- und außeruniversitären Publikum" vorzustellen, wollen die heimischen Evolutionsforscher im Wintersemester 2009/10 im Rahmen der bereits bestehenden "Darwin Lectures" an der Uni Wien auftreten. Weiters geplant sind Evolvienna-Konferenzen im halbjährlichen Rhythmus.

Auch bei Forschung und Lehre will man mehr zusammenrücken: "Alle mathematischen Modellierer" seien bei einem Antrag für einen FWF-Spezialforschungsbereich zu Evolutionstheorie dabei. Auch ein Doktoratskolleg im Bereich Populationsgenetik sei beim FWF beantragt.
Studiengänge an Uni und IST
Hermisson verweist zudem auf den neu eingeführten Masterstudiengang Evolutionsbiologie an der Uni Wien, zudem gebe es "eine starke evolutionsbiologische Ausrichtung im Master-Studium Bio-Mathematik". Sein mittelfristiges Ziel ist, zusätzlich noch einen "Spezial-Master Quantitative Biologie" im interdisziplinären Grenzbereich zu gestalten.

Bereits im Herbstsemester wird er zusammen mit Nick Barton, Evolutionsbiologe des Institute of Science and Technology (IST) Austria, an der Uni Wien zwei Seminare halten - das sei "erstmals eine Kooperation in der Lehre" mit der neuen Forschungseinrichtung in Maria Gugging (NÖ). Diesbezüglich kämpft Hermisson allerdings derzeit noch mit einigen bürokratischen Hürden.

[science.ORF.at/APA, 19.8.09]
->   Joachim Hermisson
 
 
 
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01.01.2010