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Nitrit-Bakterien werden durch Trick sichtbar  
  Wiener Forscher bringen mit molekularbiologischen Methoden Licht in die "Blackbox Kläranlage". So gehen sie den Lebensumständen der mysteriösen Nitrit-oxidierenden Bakterien namens Nitrospira nach.  
Denn auch wenn Kläranlagen seit Jahrzehnten weitgehend erfolgreich unsere häuslichen oder sonstige Abwässer reinigen und damit Flüsse und Seen entlasten, bergen die mikrobiellen Abläufe in den Anlagen noch zahlreiche Geheimnisse.
Leuchtende Bakterien
Bild: Uni Wien
"Bis vor wenigen Jahrzehnten konnten Bakteriologen ihre Schützlinge nur dann untersuchen, wenn sich diese auch kultivieren ließen, beispielsweise auf Nährboden anwuchsen", erklärte dazu Holger Daims vom Department für Mikrobielle Ökologie der Uni Wien und Mitarbeiter des vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) geförderten Projekts. Moderne molekularbiologische und genetische Methoden hätten nun aber gezeigt, dass nur ein kleiner Teil der Mikroben kultivierbar ist. Entsprechend groß ist nun der Nachholbedarf.

Sogenannte Nitrit-oxidierende Bakterien aus der Gruppe Nitrospira können erst seit wenigen Jahren durch molekularbiologische Tricks überhaupt sichtbar gemacht werden. Dabei werden kurze Stücke von Erbsubstanz (DNA) an die Proteinfabriken - die Ribosomen - der Mikroorganismen angehängt. Diese Stücke sind so gestaltet, dass sie sehr selektiv arbeiten, also sich nur an Nitrospira
Mikrobiologische Abwehr
Auch wenn Reinkulturen von Nitrospira nach wie vor nicht herstellbar sind, können die Wissenschaftler die Organismen in Mischkulturen oder auch in der Natur über den Farbstoff sichtbar machen. So lässt sich feststellen, wo und in welche Menge Nitrospira vorkommt. Es zeigte sich, dass die Bakteriengruppe trotz der kärglichen Nahrung - Nitrit hat nur einen geringen Nährwert für die Mikroben - eine vergleichsweise bedeutsame Rolle spielt.

Besonders bedeutsam ist die Gruppe in Kläranlagen. "Je nach Anlage gehören rund zwei bis zehn Prozent aller Bakterien im Klärschlamm zur Gattung Nitrospira", so Daims. Die Bakterien sind nicht zuletzt insofern für die reibungslose Funktion der Anlagen von Bedeutung, als große Mengen an Nitrit giftig wirken und so das ganze System stören können. Nicht umsonst werden Lebensmittel in Nitrit als Pökelsalz haltbar gemacht. So wird der mikrobielle Angriff abgewehrt.

Durch die Aufklärung der Lebensumstände der Nitrit-Oxidierer könnte in Zukunft so manche Störung vor allem kleiner Kläranlagen verhindert werden, ist Daims überzeugt. Nitrit fällt gemeinsam mit Nitrat und Ammonium beim Abbau stickstoffhaltiger Substanzen an. Damit die Gewässer nicht aufgedüngt werden, müssen diese Substanzen in den Kläranlagen entfernt werden.

[science.ORF.at/APA, 19.8.09]
->   Holger Daim
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01.01.2010