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Experten: Mangelernährung in Europa  
  In Europa sind rund 30 Millionen Menschen mangelernährt. Das gilt besonders für Spitalspatienten und Pflegeheimbewohner. Die jährlichen Kosten betragen laut Fachleuten rund 170 Mrd. Euro pro Jahr.  
Das berichten die Experten aus Anlass des derzeit in Wien tagenden 31. Kongresses der Europäischen Gesellschaft für klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN).

"EU-Daten zeigen, dass zwischen fünf und 15 Prozent der Gesamtbevölkerung, 40 Prozent der Spitalspatienten sowie 60 Prozent der Pflegeheimbewohner unterernährt sind oder in Gefahr sind, es zu werden. Das ist ein oft unterschätztes Phänomen", so Michael Hiesmayr, Leiter der Abteilung für Herz-Thorax-Anästhesie und Intensivmedizin am Wiener AKH. Der Experte von der MedUni Wien ist auch Koordinator des "Europäischen Ernährungstages" in Spitälern.
Teurer als Übergewicht
Hiesmayr: "Die Kosten in Folge von Mangelernährung werden EU-weit auf 170 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Die Gesamtkosten im Zusammenhang damit werden auf das Dreifache der Kosten für Adipositas geschätzt: in Großbritannien 13 Mrd. gegenüber vier Mrd. Pfund. 90 Prozent dieser Kosten fallen nicht im Krankenhaus an, sondern außerhalb, im Alltag. Die Aufwendungen entstehen durch die Betreuungsbedürftigkeit durch Angehörige, professionelle Pflegepersonen und Organisationen."

Für eine erst vor kurzem publizierte Untersuchung wurden an einem Stichtag, dem "Nutrition Day", mehr als 75.000 erwachsene Spitalspatienten in mehr als 3.000 Spitalsstationen an über 1.200 Zentren in über 30 Ländern weltweit befragt. Außerhalb von Europa zum Beispiel in Mexiko, Brasilien und Japan. "Die Situation in EU-Europa zeigt in den einzelnen Ländern ein insgesamt einheitliches Bild", so Studien-Initiator Hiesmayr.

Einige Ergebnisse: 42 der Befragten Prozent hatten vor der Spitalsaufnahme Gewicht verloren, 60 Prozent essen das angebotene Essen nicht vollständig auf, von den Patienten, die das angebotene Essen nicht vollständig aufessen, hatten 43 Prozent keinen Appetit und mehr als die Hälfte der Patienten, die weniger als ein Viertel des Nahrungsangebots essen, bekommen keine zusätzliche künstliche Ernährung. Nur 25 Prozent der Patienten, die nichts zu Mittag essen, bekommen künstliche Ernährung.
Sinkende Genesungsaussichten
Diese von den Betreuenden oft gar nicht richtig wahrgenommene mangelhafte Ernährungssituation wirkt sich direkt auf die Genesungs-und Überlebensaussichten der Kranken aus: Patienten mit einem etwas erhöhten BMI (über 25) hatten im Durchschnitt eine bessere Prognose als Patienten mit einem sehr niedrigen, normalen oder stark erhöhten BMI.

Hatten Patienten mit ausreichender Nahrungsaufnahme eine durchschnittliche Mortalität von unter zwei Prozent, stieg diese bei jenen, die gar nichts aßen, auf neun Prozent. Ähnliche Zahlen ergab eine Umfrage in Pflegeheimen in Deutschland mit 2.137 Personen. Bei 16,7 Prozent bestand mit einem BMI von weniger als 20 eine Mangelernährung. Ungewollten Gewichtsverlust, ein Indikator für eine Mangelernährung, gab es bei neun Prozent. Die Nahrungsaufnahme der Mittagsmahlzeit war bei 33,2 Prozent unzureichend. Das resultierte in etwa einer Verdoppelung der Sterberate.

Die Experten forderten die Etablierung von strikten Ernährungsstandards in Krankenhäusern, Kontrolle der Patienten, ernährungstherapeutische Betreuung für alle Betroffenen und mehr Ausbildung. Österreichs Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) hätte dazu am 24. Juli eine Petition der österreichischen Fachorganisationen erhalten.

[science.ORF.at/APA, 31.8.09]
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01.01.2010