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Babys und Hunde trauen ihren Augen nicht  
  Sieht ein Baby, wie Spielzeug in eine Schachtel gelegt wird, sucht es dort immer wieder danach - selbst wenn es beobachtet hat, dass dieses Spielzeug an einen anderen Ort verfrachtet wurde. Forscher haben entdeckt, dass Hunde beim Spielzeugsuchen vor ganz ähnlichen Problemen stehen.  
Spielen und Lernen?
In mehreren Experimenten fanden ungarische Forscher unter der Leitung von Jozsef Topal vom psychologischen Institut der Hungarian Academy of Sciences heraus, dass erwachsene Hunde, ebenso wie Säuglinge oft ihren Augen nicht trauen. Die Wissenschaftler versteckten Spielzeug an einem Ort und brachten es danach, sowohl für die Hunde also auch für die zehn Monate alten Babies sichtbar, an einen anderen.

Trotzdem suchten beide, sowohl Mensch als auch Tier, fast immer am ersten Ort nach dem Spielzeug - vor allem dann, wenn die Forscher während des Experimentes mit ihnen kommunizierten.

Im Gegensatz dazu hinterlässt Kommunikation bei Wölfen keinen bleibenden Eindruck: Sie ließen sich nicht beirren und suchten fast immer am richtigen Ort, berichten die Forscher im Fachjournal "Science" (Abstract der Studie).
Zerstörtes Weltbild
Wenn die Mutter ihren Tee immer aus einem roten Häferl trinkt, ist das für ihr Kind ein unumstößliches Gesetz: Tee trinkt man ausschließlich aus dem roten Häferl. Trinkt die Mutter einmal Tee aus einem blauen Häferl, bricht für das Kind eine Welt zusammen: Kinder generalisieren, das heißt sie sehen etwas, und akzeptieren es als endgültige Wahrheit.

Genau das passiert auch, wenn man bei diesem Experiment dem Kind zu verstehen gibt: "Das Spielzeug ist in der ersten Box, dort suchst du es." Was dabei passiert, bezeichnet Topal als "pragmatische Fehlinterpretation".

Die Babies halten sich an die Information und suchen in der ersten Box - auch wenn sie beobachten, wie das Spielzeug in die zweite Box gesteckt wird: Sie trauen ihren Augen nicht.
Die Macht der Kommunikation
Das Problem ist nicht die Unaufmerksamkeit. Sowohl bei Säuglingen als auch bei Hunden spielt Kommunikation eine wesentliche Rolle: Das Experiment wurde bei beiden mit verbaler, nonverbaler und gar keiner Kommunikation durchgeführt.

Je intensiver sich die Forscher mit den Säuglingen beziehungsweise den Hunden verständigten - das reicht von Augenkontakt bis hin zu Zurufen - desto öfter entschieden sie sich für die falsche Schachtel.

Die Forscher nehmen an, dass die Suchfehler der Hunde und Kinder auf "ihre gemeinsame, soziale Kompetenz" hinweisen. Sie sind bereit, durch Kommunikation etwas zu lernen. Kommunizierte der Trainer verbal mit dem Hund, rief ihn zum Beispiel beim Namen, während er das Spielzeug an einen anderen Ort brachte, irrten sich die Hunde in 75 Prozent der Fälle. Wurde das Spielzeug nicht vom Trainer, sondern mit einer transparenten Schnur vom ersten zum zweiten Ort transportiert, irrten sie sich nur mehr in 17 Prozent aller Fälle.
Wölfe sind anders
Die Wissenschaftler führten einen weiteren Versuch durch, aber diesmal mit Wölfen. Statt Spielzeug stellten sie Futter an einen Ort und brachten es dann, für den Wolf sichtbar, an einen anderen. Wieder führten die Forscher ihre Versuche mit viel und wenig Kommunikation durch - die Wölfe ließen sich aber davon nicht beirren.

"Hunde reagieren sensibel auf Augenkontakte mit Menschen und obwohl auch diese Wölfe mit Menschen Kontakt hatten, ist die soziale Aufmerksamkeit ganz unterschiedlich", erklärt Topal im Fachmagazin "Science".
Babys sind keine Hunde
Das letze Experiment der Forschergruppe zeigt schließlich, dass sich Säuglinge in ihrem Verhalten sehr wohl von erwachsenen Hunden unterscheiden: Der Experimentator wurde ausgewechselt, sowohl bei Babys als auch bei Hunden, der Versuch wurde erneut durchgeführt.

Die Babys blieben bei der Meinung, dass das Spielzeug in der ersten Box liegt, obwohl es vor ihren Augen in eine andere gelegt wurde. Die Hunde aber änderten ihr Verhalten, generalisierten die Situation nicht mehr und suchten am richtigen Ort. Konkret bedeutet dieses Ergebnis laut dem Forscherteam, dass Hunde Kommunikation von einer bestimmten Person abhängig machen, Babys aber nicht.

Trotz dieses Unterschiedes zeige der Versuch doch die Gemeinsamkeiten von Säuglingen und erwachsenen Hunden auf. Die Kommunikation, so die Wissenschaftler, spiele in beiden Fällen eine wesentliche Rolle und war ausschlaggebend für die Fehler. Grund dafür sei nicht die fehlende Aufmerksamkeit, sondern die soziale Kompetenz beider Lebewesen.

Christine Baumgartner, science.ORF.at, 4.9.09
->   Hungarian Academy of Sciences
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01.01.2010