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Der Sturm im Riechorgan
Wie die Luft in der Nase strömt
 
  An die 20.000-mal pumpen wir jeden Tag Luft durch unsere Nase ein und aus. Wie der Luftstrom im Inneren dabei aussieht, versuchen Forscher seit Jahren zu modellieren. Der Einfachheit halber wird die individuelle Geometrie des Körperteils dabei jedoch meist außer Acht gelassen. Englische Wissenschaftler haben jetzt zwei Nasen eingehend analysiert und entdeckt, dass die Form sehr wohl eine Rolle spielt.  
Nasale Vielfalt
Egal, ob groß, klein, dick, dünn, schief oder gerade - die Form der Nase gerät manchen wissenschaftlichen Gebieten zum Stolperstein. Wenn Forscher wissen wollen, wie sich die Luft durch die Nase bewegt, untersuchen sie das meist mit Computermodellen. Direkten Messungen am lebenden Objekt widersetzt sich das Organ durch seine engen Windungen.

Um ihre Rechner jedoch nicht zu überfordern, vereinfachen Wissenschaftler ihre Modelle. Dazu wird dann meist das sichtbare äußere Teil der Nase ignoriert - so, als würden wir nur durch zwei simple Löcher einatmen und sich alles nur im verborgenen Teil des Körperteils abspielen.

Um die Rolle der Nase besser zu verstehen, haben Wissenschaftler um Denis Doorly von den Abteilungen für Flugwesen und Bioingenieurswissenschaften am Imperial College in London originalgetreue Modelle anhand von Computertomographiebildern zweier Menschennasen erstellt und den Luftstrom darin modelliert (Journal of the Royal Society Interface, Abstract, sobald online).
Individuelle Luftwirbel
Die beiden unter die Lupe genommenen Nasen waren im Querschnitt so unterschiedlich, wie manche Nasen auch von außen wirken: Dicke Wände, kleine Hohlräume bei der einen - dünne Wände, große Hohlräume bei der anderen.

Die Wissenschaftler simulierten Strömung und Druckabfall in beiden Nasenhöhlen; abhängig von mehreren Arten, wie der Luftstrom ins Innere der Nase erfolgt: direkt in die Nasenhöhle oder über ein Rohr wie in einfachen Modellen oder - das Neue am beschriebenen Ansatz - eben über die äußerlich sichtbare Nase.

Das Resultat der Forscher: Die Form der Nase bestimmt den Druckabfall im Inneren und wie viel von der eingeatmeten Luft die Riechhöhle mit den Geruchsnerven erreicht. Mit den Ergebnissen der Studie sollen den Autoren zufolge zukünftige Modelle über den nasalen Luftstrom verbessert werden.
Heizung und Staubfilter
Das Ganze ist nicht nur von akademischem Interesse. Wäre mehr über die Luftwirbel in der Nase bekannt, könnten Operationen besser geplant und Nasensprays wirksamer verabreicht werden. Auch Toxikologen könnten von dem Wissen profitieren, wenn klarer wird, wie sich Krankheitskeime und Schadstoffe durch die Nase bewegen.

Neben dem Riechen erfüllt die Nase weitere wichtige Funktionen für den Körper: Sie wärmt die eingeatmete Luft vor, erhöht deren Luftfeuchtigkeit und filtert Staub heraus. Wie der Luftstrom in der Nase zu diesen drei Mechanismen beiträgt, ist den Autoren der Studie zufolge noch wenig bekannt.
Modelle und Strömungslehre
Wie Luft und Blut durch unseren Körper strömen, versuchen Wissenschaftler immer wieder zu modellieren. Aufgrund besserer Computer habe sich dieses Forschungsgebiet in den letzten zwei Jahrzehnten rasant entwickelt, schreiben Doorly und seine Kollegen.

Die Komplexität der Systeme sei jedoch so groß, dass nicht alle Vorgänge vollständig modelliert werden können. Mit ihrer Studie wollen die Autoren derartige Modelle wieder ein Stück weiter an die Realität heran bringen.

Mark Hammer, science.ORF.at, 9.9.09
->   Denis Doorly
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01.01.2010