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Das gelöste Neutrino-Mysterium  
  Sie sind flüchtig und sehr schwer nachzuweisen. Die Neutrinos, winzige kosmische Teilchen, die Aufschlüsse über das Universum ermöglichen. Jetzt scheint ein altes Mysterium gelöst: Neutrinos, die für Jahrzehnte als "verschwunden" galten, wurden entdeckt und damit ihr Geheimnis gelüftet.  
Dies erklärte ein international besetztes Wissenschaftlerteam, wie "Science Now" berichtet. Das Geheimnis der "vermissten" Neutrinos tauchte in den 60er Jahren erstmals auf. Damals errechneten Physiker die mögliche Anzahl energetischer Neutrinos, die von der Sonne ausgestrahlt werden. Die theoretisch vorhergesagten Teilchen konnten auf der Erde aber bislang nicht messbar gemacht werden.

Jetzt haben Experimente des Sudbury Neutrino Observatory (SNO) eine Lösung für das bisherige Problem der "vermissten" Neutrinos gefunden.
Form-Veränderung ausschlaggebend
Sie konzentrieren sich auf eine schon früher aufgetauchte Lösung des Problems: die "Form"-Veränderung von Neutrinos.

Neutrinos existieren in drei Erscheinungsformen, je nachdem welchem Teilchen sie zugeordnet sind: Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos. Elektron-Neutrinos entstehen vornehmlich in der Sonne. Myon- und Tau-Neutrinos sind im Vergleich zu den Elektron-Neutrinos wesentlich schwieriger zu entdecken.

Der Grund, warum Neutrinos für manche Detektoren bislang nicht nachweisbar waren, lag in ihrer Umwandlung in die anderen Neutrino-Formen. Elektron-Neutrinos hatten sich z.B. in Myon-Neutrinos verwandelt und waren deshalb in der Elektronform nicht mehr zu "finden".
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Neutrinos
ein elektrisch neutrales Elementarteilchen mit vermutlich sehr geringer oder sogar keiner Ruhmasse. Es wurde zuerst hypothetisch von Pauli eingeführt, um die grundlegenden Erhaltungssätze auch im atomaren Bereich zu sichern und den radioaktiven Zerfall in erklären zu können. 1956 wurde es experimentell festgestellt. Neutrinos bewegen sich mit (nahezu) Lichtgeschwindigkeit und haben nur sehr schwache Wechselwirkungen mit den anderen Elementarteilchen. Der Spin der Neutrinos steht immer entweder parallel oder antiparallel (entgegengesetzt) zur Bewegungsrichtung. Wenn die Unterscheidung dieser beiden Einstellungsmöglichkeiten wesentlich ist, spricht man von Neutrino und Anti-Neutrino. Neben dem Elektron-Neutrino gibt es noch das Myon-Neutrino und das Tau-Neutrino mit den zugehörigen Antineutrinos.
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Zwei Wege zum Nachweis
In zwei Kilometer Tiefe, in einer ehemaligen Nickelmine in Ontario, Kanada, maß das Sudbury Neutrino Observatory (SNO) mittels ihrer Detektoren, die von der Sonne kommenden Neutrinos in zwei Varianten. Die erste Methode konzentrierte sich auf den Abprall oder Rückstoß eines Elektrons von einem Neutrino. Jeder der drei Neutrino-Formen käme für einen solchen Rückstoß in Frage und kann derart nachgewiesen werden.

Die zweite Methode misst ein Elektron-Neutrino innerhalb eines Tankes mit sogenanntem 'Schwerem Wasser' (Wasser, das anstelle von Wasserstoffatomen Deuterium-Atome hat, Anm.), das dort auf ein Neutron trifft, ein Elementarteilchen in Atomkernen.
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Elementarteilchen
ursprünglich Elektronen, Protonen und Neutronen; die nach dem heutigen Stand als unteilbar angesehen werden. Charakteristische Angaben sind Ladung, Masse oder Spin. Die meisten Elementarteilchen sind instabil und gehen nach einiger Zeit in andere über. Grundsätzlich gilt, dass alle Elementarteilchen entweder ineinander umgewandelt oder aus Energie erzeugt werden können. Die Elementarteilchen teilt man in drei Klassen ein: massenlose Bosonen (Photonen, Gravitonen), Leptonen (Elektronen, Neutrinos, Myonen), sowie Hadronen (Mesonen [Pionen, Kaonen u. a.] und Baryonen [Nukleonen, Hyperonen]). Man nimmt heute an, dass sich diese Vielfalt aus sechs fundamentalen Teilchen, den Quarks, ableiten lässt, die sich experimentell nicht als freie Teilchen nachweisen lassen, da sie durch extrem starke Kraft an Elementarteilchen gebunden sind.
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Metamorphose auf der Reise zur Erde
"Die beiden Nachweis-Methoden, kombiniert mit anderen Ergebnissen, ergaben, dass Myon- und Tau-Neutrinos auf dem Weg von der Sonne zur Erde aus Elektron-Neutrinos entstehen", erläutert Art McDonald, SNO-Projektdirektor, von der Queens University in Kingston, Ontario.

Und zwar genügend, um das scheinbare Verschwinden der Elektron-Neutrinos zu erklären - und damit das 30jährige
Mysterium ihres "geisterhaften" Erscheinens und Verschwindens.

"Ich bin begeistert von der Präzision der Ergebnisse und den Übereinstimmungen, die die Daten mit den Kalkulationen der Sonnen-Modelle zeigen", beschreibt John Bacall, Physiker am Institute for Advanced Studies in Princeton, seine Freude über die neu gewonnenen Einsichten in die Natur der "geisterhaften" Teilchen.

(red)
->   Physik des Institue for Advanced Studies in Princeton
->   Sudbury Neutrino Observatory (SNO)
->   Science NOW
->   Artikel im Nature Science Update zum Neutrino-Nachweis
 
 
 
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01.01.2010