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Flüssige Murmeln  
  Elastische Wassertropfen die nicht zerfließen, sondern rollen, springen und sogar in Wasser schwimmen sind das Ergebnis eines physikalischen Versuches. Die flüssigen Murmeln verhalten sich wie weiche Festkörper und lassen sich sogar durch schwache Felder steuern.  

''Einen Tropfen zu bewegen endet meist darin, dass dahinter Flüssigkeit an der Oberfläche hängen bleibt''', erklären Pascale Aussillous und David Quéré, Physiker am Pariser College de France.

Wie die beiden Wissenschaftler Wassertropfen dazu bringen sozusagen spurlos über Oberflächen zu laufen, beschreiben die beiden in der neuen Ausgabe des Fachmagazins "Nature".
Wasser, Pulver, einmal umrühren und fertig
Aussillous und Quéré gelang diese Kunststück mit Hilfe einer Art Hüllentechnik. Sie tropften ein bis zehn Kubikmillimeter Flüssigkeit in ein wasserabstoßendes Pulver. Das Pulver bestand aus 20 Mikrometer großen Bärlappsporen(Lycopodium), die mit fluorierten Silanen beschichtet waren. Durch einfaches Umrühren umhüllten die Körnchen die Tropfen spontan.

Es entstanden etwa ein Millimeter große Kugeln die sich wie weiche Festkörper verhalten. Die Oberflächenspannung gibt ihnen Halt und Elastizität, sodass sie rollen und springen ohne auszulaufen oder Spuren zu hinterlassen.
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Lycopodium
wissenschaftliche Bezeichnung der Familie der Bärlappkräuter. Im Volksmund auch Hexenkraut, Drudenkraut, Teufelsklaue genannt. Bärlapp ist mit etwa 400 Unterarten heute weltweit verbreitet und steht in Europa unter Naturschutz. In den Sporenkapseln des Bärlapps befindet sich ein feiner, gelber Sporenstaub, der im Volksmund auch Hexenmehl, oder Blitzpulver genannt wird. Schon im Mittelalter war bekannt, dass Bärlappsporen, in ein Feuer gestreut, eine helle Stichflamme erzeugen.
->   Bärlappsporen
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Die Eröffnung neuer Perspektiven
Die nicht-nässenden Tropfen eröffnen die Möglichkeit, theoretische Vermutungen über das dynamische Verhalten von Tropfen bis hin zur Stabilität von Sternen und Planeten im Experiment zu überprüfen. Auch eine Reihe von technischen Anwendungen würde sich anbieten. Etwa im Bereich der Mikrofluidik, wo geringe Flüssigkeitsmengen für chemische oder biologische Analysen in winzigen Kanälen umhergeschoben werden.
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Mikrofluidik - ''Lab-on-a-chip''
Zur Reduzierung des Chemikalienverbrauchs für Analysezwecke und ganz allgemein zur Kostenreduzierung herkömmlicher Analyseverfahren werden zur Zeit weltweit große Anstrengungen unternommen, Analysesysteme auf Chip-Basis (''Lab-on-a-chip'') zu entwickeln. In Fingernagel großen Mikrofabriken werden giftige oder explosionsgefährdete Werkstoffe risikolos getestet. Tausende dieser Minifabriken leisten ebenso viel wie eine Großanlage.
->   Mikrofluidik
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Ausgefallene Eigenheiten
Wie eine feste Kugel setzen sich die flüssigen Murmeln bereits bei einem Gefälle von weniger als zehn Grad in Bewegung. Allerdings rollen große Kügelchen langsamer als Kleine, weil bei ihnen die interne Flüssigkeitsbewegung die beschleunigende Schwerkraft bremst.

Auf steileren Oberflächen, etwa 35 Grad, war die Kugelform allerdings dahin. Dann nahmen die Wasserkügelchen Formen wie z. B. Ringe oder Erdnüsse an.

 


Ringförmige Wassertropfen

 


Erdnussförmige Wassertropfen
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Kein Kontakt zur Unterlage
Diese ungewöhnlichen Eigenschaften der umhüllten Wassertopfen entstehen durch den so gut wie nicht vorhandenen Kontakt mit ihrer festen Unterlage. Bei normalen Tropfen herrscht die Wechselwirkung zwischen Festkörper und Flüssigkeit vor, so dass sie auf Oberflächen eher rutschen als rollen und als abgeplattete Halbkugel ruhen. Nur bei so genannten super-hydrophobischen Oberflächen, wie das Blatt einer Lotuspflanze oder spezielles Wachspapier, ist die effektive Kontaktfläche so klein, dass auch einfache Wassertropfen kugelförmig abperlen.
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Steuerung durch Schwerkraft
Mit Hilfe von Schwerkraft oder durch elektrische und magnetische Felder lassen sich die Tropfenkugeln sogar mühelos in Bewegung versetzen und steuern.

(red)
Der Artikel von Pascale Aussillous und David Quéré in der Fachzeitschrift 'Nature' Bd. 411, Seiten von 924 - 927 (Kostenpflichtig)
->   Liquid marbles
->   College de France
 
 
 
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01.01.2010