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Die Ursprünge der Malaria  
  Malaria zählt mit jährlich zwei Millionen Toten zu den weltweit gefährlichsten Krankheiten. Die genauen Ursprünge der Krankheit lagen lange im Dunkeln. Jetzt zeigt eine neue Studie, dass die tödliche Krankheit relativ jung ist. Anhand genetischer Spuren konnten Forscher beweisen, dass Malaria zur Zeit der Sesshaftwerdung des Menschen eine wesentliche Rolle zu spielen begann.  
Ein Team um die Genetikerin Sarah Tishkoff von der University of Maryland, USA, erklärt in der aktuellen Ausgabe von "Science", wie Spuren von Mutationen, die im Laufe der Evolution gegen Malaria entstanden sind, auf den Ursprung der Malaria vor zirka 12.000 Jahren hinweisen.

Mutationen im Gen für das so genannte G6PD-Protein (G6PD für Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase) können eine tödliche verlaufende Form der Anämie, den Favismus, verursachen.
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Favismus
bei Menschen im Mittelmeerraum verbreitete, erbliche Veranlagung. Die Betroffenen erkranken innerhalb von Stunden lebensbedrohlich, wenn sie Favabohnen essen, da ihnen ein bestimmtes Enzym, die Glukose-6-Phosphatdehydrogenase, fehlt bzw. es nicht ausreichend gebildet werden kann.
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Hinweise aus den Fünfzigern
In den 50erJahren entdeckten Forscher, dass solche Defekte in Malariagebieten wesentlich häufiger auftraten als anderswo. Deshalb schlugen sie vor, dass jene Mutationen offensichtlich einen Vorteil gegen Malaria bieten und deren Spuren deshalb in den Genen der dort lebenden Populationen zu finden sein müssten.
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Was ist Malaria?
weltweit verbreitete Infektionskrankheit, die durch einzellige Lebewesen im Blut (Plasmodien) hervorgerufen wird. Als Zwischenwirt dient den Plasmodien die Anophelesmücke; durch deren Stich wird der Erreger in das Blut des Menschen übertragen, wo er sich durch ungeschlechtliche Teilung (Schizogonie) massenhaft vermehrt. Die hierbei entstehenden Sporozoiten wachsen zunächst in den roten Blutkörperchen heran, dann teilen sie sich in zahlreiche Merozoiten, die durch Zerfall der Blutkörperchen frei werden und jeder für sich erneut in ein Blutkörperchen eindringen, wo sich der Vorgang wiederholt. Hierbei wird der Blutfarbstoff verbraucht und ein dunkles Pigment ausgeschieden, das in Leber und Milz gespeichert wird. Bei größeren Mengen von Erregern führt jeder Teilungsprozess und Blutkörperchenzerfall zu einer Fieberreaktion mit Schüttelfrost.
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Wahrscheinlichste Variante
Die Forscher um Sarah Tishkoff beschrieben nun in "Science", wie sie jene Mutationsspuren bis zu ihren Ursprüngen verfolgten. Sie entnahmen Blutproben von 747 Leuten aus Nordafrika, aus der südlichen Sahara und aus Europa und sequenzierten ein kurzes DNA-Stück innerhalb des Gens für das G6PD-Protein.

Dann ließen sie einen Computer die wahrscheinlichste Entwicklungsgeschichte jenes Gens und der Mutationen errechnen.
Eine afrikanische ...
Die Forscher fanden eine Form jener Mutation, vor allem in Afrika verbreitet, die vor 12.000 bis 4.000 Jahren auftauchte, d.h. die Sesshaftwerdung der Menschen und der damit verbundene beginnende Ackerbau fielen zeitlich mit dem Auftauchen der Malaria zusammen.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass im Zuge der Urbarmachung große wasserreiche Waldflächen gerodet wurden. Dadurch waren auf einmal viele kleinere und größere Teiche und Tümpel sonnenbeschienen, - die ideale Brutbedingungen von Malaria-Moskitos darstellten.
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Malaria - die Symptome
Es lassen sich drei Formen von Malaria unterscheiden:
1. Malaria tertiana, 2. Malaria quartana, und 3. tropische Malaria. Bei der Tertiana tritt alle drei Tage hohes Fieber von 40-41 °C auf, begleitet von Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen sowie kritischer Entfieberung nach mehreren Stunden, bei der Quartana kommt es alle vier Tage zu solchen Fieberanfällen. Nach längerer Krankheitsdauer treten Milz- und Leberschwellungen sowie hämolytische Anämie auf. Die Prognose ist bei beiden Malariaformen relativ günstig. Den schwersten Krankheitsverlauf weist die Malaria tropica auf mit anhaltenden oder völlig unregelmäßigen Fieberverläufen, begleitet von Schüttelfrost, Erbrechen, Benommenheit, frühzeitiger Leber- und Milzschwellung, Anämie und Gelbsucht. Oft tritt schon nach wenigen Tagen der Tod ein.
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... und europäische Form
Eine andere Mutation am Gen für das G6PD-Protein, vorwiegend im Mittelmeerraum zu finden, muss laut den Forschern vor 6.600 bis 1.600 Jahren erschienen sein. Diese Form deutet auf eine Ausbreitung der Malaria nach Europa durch griechische Händler und Reisende.

Schon Plato und Homer wiesen auf eine schwere Krankheit hin, die der Malaria des südlichen Mittelmeerraumes ähnelt. "Es existieren nur sehr wenige Beispiele, wo man Daten der Geschichte, der Archäologie und Genetik effizient miteinander verknüpfen kann," erklärt Tishkoff.

"Wir wissen, dass Malaria eine sehr alte Krankheit ist", so Jonathan Friedlander, Anthropologe an der Temple University in Philadelphia, USA. "Aber bislang war uns nicht klar, ab wann Malaria seine tödliche Wirkung für Menschen entfaltet hat."

(red)
Mehr über Malaria auf science.orf.at:
->   Süßer Erfolg mit bitterer Medizin
->   Malaria im alten Rom - Ursache für den Niedergang?
->   Department of Biology, University of Maryland
Originalartikel in 'Science' unter dem Tietel "Haplotype Diversity and Linkage Disequilibrium at Human G6PD: Recent Origin of Alleles That Confer Malarial Resistance"; kostenpflichtig.
->   Originalartikel in 'Science'
 
 
 
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01.01.2010