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Ludwig-Boltzmann-Chef entschuldigt sich bei NS-Opfern  
  Vor kurzem wurden die Verflechtungen der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft (LBG) mit dem NS-Psychiater Heinrich Gross publiziert. Nun bittet Christian Konrad, der neue Präsident der LBG, "im Namen der Wissenschaft - um Verzeihung für das zugefügte Leid" und fordert eine konsequente Aufarbeitung.  
Der Fall Gross
Anlass für Konrads Erklärung ist das kürzlich erschienene Buch "In den Fängen des Dr. Gross". Von den Autoren Oliver Lehmann und Traudl Schmidt wird darin die Rolle des Bunds Sozialistischer Akademiker (BSA) und der Boltzmann-Gesellschaft im Fall Gross aufgearbeitet wird.

Für den NS-Psychiater war 1968 ein eigenes Boltzmann-Institut eingerichtet worden, dessen Hauptaufgabe die Aufarbeitung der Präparate von Spiegelgrund-Opfern war.
->   Hintergründe des "Fall Gross"
'Unmissverständliche Positionierungen'
Dass die Aufarbeitung der Rolle der Wissenschaft in der NS-Zeit in der Vergangenheit nicht oder nur in unvollständiger Weise geschehen sei, müsse heute als beschämender und untauglicher Versuch gewertet werden, das Unfassbare auch weitgehend unausgesprochen zu lassen, meint LGB-Präsident und Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad.

"Dieser Umstand erhöht aber unsere Verpflichtung zu gewissenhafter Analyse, zu eindeutigen Aussöhnungsschritten und zu unmissverständlichen Positionierungen."

Konrad: "Unabhängig von noch möglichen, sehr schmerzhaften und bedrückenden Ergebnissen eines derartigen Ausleuchtens der Rolle der Wissenschaft vor 60 Jahren - und in den Folgejahren -, möchte ich als Präsident der Ludwig Boltzmann-Gesellschaft und aus gegebenem Anlass ersuchen: 'Im Namen der Wissenschaft - Verzeihung für das zugefügte Leid!'."
Aberkennung des Ehrenkreuzes nötig
Institutionen, wie die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft, die über den Namen eines Arztes und ehemaligen Institutsleiters (Heinrich Gross, Anm.) indirekt in die Nähe von unerträglichen und unentschuldbaren Vorkommnissen während der NS-Zeit gerückt worden sei, würden den Beitrag zu leisten haben, der für eine abschließende Aufarbeitung der Rolle der Wissenschaft während des Nazi-Regimes erforderlich sei.

Konrad drängt daher namens der Boltzmann-Gesellschaft darauf, dass endlich die rechtlichen Voraussetzungen für die Aberkennung des an Gross verliehenen Ehrenkreuzes (für Wissenschaft und Kunst, Anm.) geschaffen werden.
Fall für die Ethikkommission?
Außerdem fordert Konrad, die damalige Rolle der Wissenschaft in Österreich zum Gegenstand einer Studie zu machen, die die Ethikkommission in Auftrag gebe.

"Wir tragen die Verantwortung für schonungslose Aufklärung und Offenheit gegenüber der Vergangenheit. Ebenso tragen wir aber auch Verantwortung dafür, dass
ethische und moralische Anforderungen an Wissenschaft und Forschung zu jeder Zeit aktualisiert werden", so Konrad in der Erklärung.

(APA/red)
 
 
 
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01.01.2010