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Die saubere Wasserstoff-Gesellschaft  
  Wenn die Erdöl-, Erdgas- und Kohlereserven der Erde aufgebraucht sind, könnte der Wasserstoff zum wichtigsten Energieträger werden. Wasserstoff als Treibstoff für Fahrzeuge und Stromspeicher ist ein sauberer, umweltschonender Energieträger.  
Ein altes Prinzip
Wasserstoff als Energieträger zu verwenden, ist keine neue Idee. So wurde Wasserstoff schon früh zum Auftrieb eines Ballons, in der Zeppelinfahrt und später als Treibstoff für Raumfahrzeuge verwendet.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beruhte die gesamte Gasversorgung auf Stadtgas. Privathaushalte und Kleinverbraucher wurden mit einem Kohlegas versorgt, das zu mehr als der Hälfte aus Wasserstoff bestand.
Wasserstoff ersetzt Erdöl
Mit der Erschließung der Erdgas- und Erdölreserven wurde Wasserstoff aus den öffentlichen Leitungsnetzen verdrängt. Doch irgendwann werden die fossilen Energieressourcen Erdöl, Erdgas und Kohle versiegen.

Spätestens dann muss der Gesellschaft der Umstieg auf eine Wasserstoff-Wirtschaft gelungen sein. Über das Verknappungsszenario gibt es unter den Energie-Experten unterschiedliche Ansichten.

Wasserstoff stoppt Treibhaus-Effekt

Die nächstens fünf, sechs Generationen werden mit Sicherheit noch ausreichend fossile Brennstoffe haben. Bei ihrer Verbrennung werden jedoch das Treibhausgas Kohlendioxid und der Umweltschadstoff Stickstoffoxid frei.

Die CO2-Emissionen führen zum Treibhaus-Effekt, der für die globale Klimaerwärmung verantwortlich ist. Der Energieträger Wasserstoff könnte diese fortschreitende Umweltverschmutzung stoppen.
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H ist kein Primärenergieträger
Wasserstoff ist allerdings kein Primärenergieträger. Er kommt in der Natur nur in gebundener Form vor und muss über Energieeinsatz erst erzeugt werden. Deshalb bezeichnet man H als Sekundärenergieträger. Ein absolut sauberer Energieträger ist Wasserstoff nur dann, wenn er durch die Wasserelektrolyse hergestellt wird. Der für die Elektrolyse notwendige Strom muss dabei aus regenerativer Solar- oder Windenergie oder durch Wasserkraft gewonnen werden.
->   Mehr über Wasserstoff
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Reformierung aus fossilen Brennstoffen
Der Großteil der weltweit umgesetzten 500 Milliarden Kubikmeter Wasserstoff wird aber nach wie vor direkt aus fossilen Energiequellen erzeugt: durch Reformierung von Erdgas, durch partielle Oxidation von Schweröl oder durch Vergasung von Kohle.

Bei dieser Art der Wasserstoff-Erzeugung werden, wenn auch deutlich reduziert, Treibhausgase wie CO2 frei. Der durch Reformierung gewonnene Wasserstoff ist also kein absolut sauberer Energieträger.
Wasserstoff aus Biomasse
Eine umweltschonende dritte Variante der H - Erzeugung ist die Vergasung oder Vergärung von Biomasse. Dadurch kann man H ohne Elektrolyse direkt aus regenerativen Energiequellen erzeugen.

In Indien laufen Versuche, Wasserstoff aus Müll herzustellen. Dieses Verfahren weist aber noch einen geringen Wirkungsgrad auf.
Das Wasserstoff-Auto
In einer Wasserstoff-Gesellschaft werden die Autos nicht mit Benzin oder Diesel, sondern mit Wasserstoff betankt. Seit über zwei Jahrzehnten entwickeln alle renommierten Automobilhersteller Fahrzeuge mit Wasserstoff-Antrieb.

Noch ist nicht entschieden, welches der beiden Fahrzeug-Modelle sich am Markt durchsetzen wird: das Brennstoffzellen-Auto mit einem gekoppelten Elektromotor oder das Auto mit einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor.
Das Brennstoffzellen-Auto
In einem Brennstoffzellen-Auto erzeugt die Brennstoffzelle aus gespeichertem Wasserstoff Strom. Mit diesem Strom wird ein Elektromotor angetrieben. Dient als Kraftstoff reiner Wasserstoff, emittiert das Brennstoffzellen-Auto keine umweltschädlichen Schadstoffe.

Der politische Anstoß für die Entwicklung von Brennstoffzellen-Autos kam aus dem smogbelasteten Los Angeles. Dort vereinbarte der "California¿s Air Resources Board", dass im Jahr 2003 bereits 10 Prozent der verkauften Fahrzeuge so genannte "Zero-Emission-Vehicles" sein müssen.
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EU-Großversuch mit Brennstoffzellen-Autos
Die EU-Kommission plant derzeit einen Großversuch mit Brennstoffzellen-Autos, bei dem der Einsatz von Wasserstoffmotoren unter Marktbedingungen erprobt werden soll.
->   Mehr über den EU-Großversuch
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Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor
Einige Experten geben aus wirtschaftlichen Gründen dem Fahrzeug mit einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor größere Marktchancen. Dieser Motor kann auch mit Benzin angetrieben werden.

Das Fahrzeug könnte in einer Übergangsphase in emissionsbelasteten Stadtgebieten mit Wasserstoff fahren und über Land auf Benzinbetrieb umschalten.
Schlüsseltechnologie Brennstoffzelle
Die Brennstoffzelle ist die Schlüsseltechnologie in einer zukünftigen Wasserstoff-Gesellschaft. Die heute entwickelten Brennstoffzellen unterscheiden sich durch das Material für die Elektroden und den Elektrolyten. Sie arbeiten in unterschiedlichen Betriebstemperaturen und Leistungsbereichen.
->   Brennstoffzellen-Informationssystem
Sauberer Strom für Shuttle und Handys
In der Raumfahrt wird die "alkalische" Brennstoffzelle mit einer Kalilauge als Elektrolyt bereits über Jahrzehnte erfolgreich eingesetzt. Sie arbeitet bei 80 Grad Celsius, liefert Strom im Kilowattbereich und stellt z.B. den Astronauten des Space Shuttles gleichzeitig Trinkwasser zur Verfügung.

Die "Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzelle" wird vor allem für den Autoantrieb eingesetzt werden. Aber sie kann auch in elektronische Geräte wie Handys eingebaut werden. Die "phosphorsaure" Brennstoffzelle arbeitet bei 130 Grad Celsius und kann mehrere Megawatt Energie liefern. Sie könnte für eine dezentrale Energieversorgung einer kleineren Stadt genutzt werden.
Dezentrale Energieversorgung
Die dezentrale Energieversorgung von Privathaushalten durch die Brennstoffzellentechnologie wird auch von den Umweltorganisationen gefördert. Große Kraftwerke, die zu bestimmten Zeiten Spitzenleistungen an Strom produzieren, wären überflüssig.

Da Wasserstoff ein idealer Energiespeicher ist, könnte die Brennstoffzelle verstärkt auf fluktuierende Stromerzeuger wie Sonne, Wind und Wasser zurückgreifen. Kleine Brennstoffzellen-Kraftwerke für den Privathaushalt sparen Energie und bauen auf regenerativen Energieträger auf.
Ausgereifte Technik noch zu teuer
Die Technologien für eine zukünftige Wasserstoff-Gesellschaft stehen heute bereits zur Verfügung. Die Ölkonzerne und Automobilhersteller werden den sauberen Energieträger Wasserstoff aber erst einführen, wenn Technologien wie die Brennstoffzelle rentabel sind.

Die Umwelt könne aber nicht warten, bis das Geschäft mit dem Wasserstoff rentabel wird, meinen Umweltschützer. Deshalb fordern sie eine höhere Besteuerung der fossilen Brennstoffe Erdöl und Erdgas. Bis die Wasserstoff-Gesellschaft gegründet wird, werden nach Schätzungen von Energie-Experten wohl noch mindestens 20 Jahre vergehen.

Ein Beitrag von Armin Stadler für die Ö1-Dimensionen
->   Radio Österreich 1
 
 
 
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01.01.2010