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EU-Forschungspolitik: Quo vadis?  
  Ende Mai hat die Europäische Kommission Vorschläge für neue Forschungsprogramme in den nächsten vier Jahren verabschiedet. Ziel ist die Schaffung eines gemeinsamen Forschungsraums, der die Zerrissenheit der europäischen Forschung überwinden soll. Das ambitionierte Vorhaben stößt sowohl auf Befürworter als auch auf Kritiker.  
240 Milliarden Schilling-Budget
Das Fachmagazin "Science" bezeichnete es in seiner aktuellen Ausgabe als "Revolution": Das sechste EU-Forschungsrahmenprogramm für 2002-2006, das mit einem Umfang von 240 Milliarden ATS (17,5 Mrd. Euro) ab der zweiten Hälfte 2002 umgesetzt werden soll.

Im Frühling wurde das mächtig wirkende Budget dem Europäischen Parlament bekannt gegeben, im Herbst könnte es beschlossen werden.
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Drei zentrale EU-Forschungs-Programme
Im Mittelpunkt der Vorschläge stehen drei Programme: Erstens die "Integration und Stärkung des Europäischen Forschungsraums", mit der die Vernetzung nationaler Forschungsprogramme in den Mitgliedstaaten gefördert werden soll. Durch die "Ausgestaltung des Europäischen Forschungsraums" sollen zweitens die strukturellen Schwächen europäischer Forschung durch eine bessere Integration von Forschung und Innovation behoben werden. Und schließlich sollen sich drittens "Unabhängige Forschungsarbeiten im Bereich der Kernforschung" mit Kernspaltung und Kernfusion (Schwerpunkt: Behandlung und Lagerung nuklearer Abfälle sowie Reaktorsicherheit) beschäftigen.
->   Vorschläge zum 6. Forschungsrahmenprogramm
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Europäischer Forschungsraum angestrebt
Das für Forschung zuständige EU-Kommissionsmitglied Philippe Busquin begrüßte das neue Rahmenprogramm: "Es wird eine der Säulen des Europäischen Forschungsraums sein."

Der Europäischen Forschungsraum (EFR) solle die "Zerrissenheit der europäischen Forschung überwinden".

"Indem wir stärkere Verbindungen zwischen den wichtigsten Players herstellen, soll eine kritische Masse in Forschung und Entwicklung entstehen - eine, die sich mit US-amerikanischen oder anderen internationalen Giganten messen kann."
->   Mehr dazu: Towards a European Research Area
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Mehr Geld für mobile Wissenschaftler
Zentrale Voraussetzung für den EFR ist das 6. Forschungsrahmenprogramm. In dem vierjährigen Programm ist unter anderem die Verdoppelung der Mittel für Wissenschaftler vorgesehen, die in mehreren Ländern forschen.
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Zustimmung und Kritik
Nicht alle europäischen Politiker zeigen sich in gleicher Weise von den neuen Plänen begeistert.

Während die deutsche Wissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn meinte, dass es "in die richtige Richtung weist, um die Forschung auf europäischer Ebene zu ändern", hält ihr schwedischer Amtskollege, Thomas Östros, die Mittel für zu knapp bemessen.
ELSO: Besser Forschungs-Förderung
Ein weiterer Kritiker ist Kai Simons, Präsident der "European Life Scientist Organization" (ELSO) und Direktor des Max Planck-Instituts für Molekulare Zellbiologie in Dresden. Er meint, dass das Programm jungen Wissenschaftlern zu wenig hilft, ihre Karrieren zu starten.
->   European Life Scientist Organization
Zwar werden in dem Vorschlag die Verdoppelung der Mittel für die "Marie Curie Fellowships" angekündigt - für jene Förderungen also, die für Postdoktoranden bereit stehen, die in einem Labor eines anderen europäischen Staates arbeiten.

Deren wahre Probleme, so Simon, würden aber erst danach auftreten - wenn sie sich in die unabhängige Forschung begeben wollen. Aufgrund zu geringer Kapazitäten beginne dann die große "Fluchtbewegung" in US-amerikanische Labors, meint Simons.
'Career Development Award'
Die ELSO versucht dem Problem durch das Initiieren eines "Career Development Award" zu begegnen. Dieser soll jungen, unabhängigen Forschergruppen zu gute kommen. "Man kann noch soviel Struktur- und Koordinationsmaßnahmen beschließen - entscheidend sind immer noch die hochqualifizierten, auch finanziell gut ausgestatteten, ungebundenen Forscher", so Simons.
Bedenken der EU-Beitrittskandidaten
Andere Bedenken hegen einige der mittel- und osteuropäischen EU-Beitrittskandidaten. Sie fürchten bei der angekündigten Konzentration auf die großen Forschungsinstitutionen, dass ihre eigenen Einrichtungen ins abseits geraten. "Wir verstehen, dass die Integration der europäischen Wissenschaft eine wichtige Sache ist", meinte etwa Josef Syka, der Präsident der tschechischen Forschungsförderung, gegenüber Science.

"Kleine Länder haben aber Angst, dass sie in diesem Prozess vergessen werden." Eine Ansicht, die Philippe Busquin definitiv ausschließt. Auch die osteuropäischen Länder werden vom 6. Rahmenprogramm profitieren, meint das EU-Kommisionsmitglied.
Busquin: Europa braucht Zusammenhalt
Insgesamt glaubt Busquin, dass das neue Forschungsrahmenprogramm dazu beitragen wird, Europas Forschung wettbewerbsfähiger und attraktiver machen wird.

"Ziel muss es sein, daraus das beste der Welt zu machen - wir haben dazu die nötigen intellektuellen Kapazitäten, eine starke Wirtschaft und ein gutes Sozialsystem."

Alles, was Europa noch brauche, sei ein wenig Zusammenhalt.

(red)
->   Europäische Union: Forschung
->   Science-Artikel:
 
 
 
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01.01.2010