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Konstituierende Sitzung der Bioethikkommission  
  Im Bundeskanzleramt findet heute die erste Sitzung der Bioethikkommission statt. Das sind insgesamt 19 Wissenschaftler, die den Bundeskanzler in Fragen der Biotechnologie und der Biomedizin beraten sollen.  
Bundeskanzler Schüssel: Besonnenheit und Zurückhaltung
Präimplantationsdiagnostik - also Gentests an künstlich gezeugten Embryos bevor sie der Mutter eingepflanzt werden und die Forschung an embryonalen Stammzellen - das sind zur Zeit die am heißesten diskutierten Themen der Biomedizin.

Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich in beiden Fällen dafür ausgesprochen. Die prinzipielle Annäherung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ist da eher vorsichtig: Im Zweifel für das Besonnene und die Zurückhaltung, sagt der Kanzler.
Öffentliche Diskussion in Gang setzen
Mit der Einrichtung der Bioethikkommission solle eine öffentliche Diskussion in Gang gebracht werden, so Schüssel:

"Es soll eine Diskussion ohne Tabus werden und auch ohne Vorgaben von irgendeiner politischen Seite, dieses oder jenes muss gemacht werden, um ja nicht im internationalen Wettbewerb zurückzufallen."
Warnung vor einer "bewusst-losen" Gesellschaft
Die Diskussion darüber, was die Wissenschaft in der Biomedizin machen darf und was nicht, sei in Österreich noch zu wenig geführt worden, meint der Kanzler:

"Das Schlimmste sind Dinge, die ohne jede Diskussion einfach passieren. Und das ist im Moment die große Gefahr, dass ohne ausreichende rechtliche Grundlage und ohne ausreichende gesellschaftspolitische Diskussion vieles gemacht wird, von dem man eigentlich überhaupt keine Ahnung hat in der Öffentlichkeit und was auch kaum je thematisiert wird. Und eine solche bewusst-lose Gesellschaft wünsche ich mir nicht."
Breites Spektrum der Kommission
An der Bioethikkommission wurde bereits kritisiert, dass als Vorsitzender der ausgerechnet der Wiener Mediziner Johannes Huber bestellt wurde, der sich zuletzt offen für Embryoforschung stark gemacht hat.

Die Befürchtung, dass damit sozusagen schon die Tür zur derzeit verbotenen Embryonenforschung auch in Österreich geöffnet sei, sucht der Kanzler zu zerstreuen:

"Wir haben die Kommission sehr ausgewogen zusammengesetzt: Ich habe acht Mediziner berufen, acht Wissenschafter aus anderen Bereichen - Philosophie, Recht, Theologie - und wir haben auch drei Unternehmer dazugenommen beziehungsweise Molekularbiologen. Sodass wir insgesamt eine sehr große Breite haben, die nicht von einer Person alleine abgedeckt werden kann und soll."
Aufgaben der Kommission
Die Kommission solle sich mit dem Stand der Wissenschaft, mit Risiken und Chancen der Biotechnologie, mit alternativen Möglichkeiten, mit Fragen des Wirtschaftsstandortes aber auch mit Grenzen der Forschung befassen, sagt Schüssel:

"Dass Forscher, Wissenschafter, Wirtschafter, Unternehmer Grenzen erfahren müssen in diesem Bereich, was gesellschaftlich akzeptabel und was nicht akzeptabel ist, ist klar. Und dazu soll ja auch diese Bewertung dienen, dass man sieht, was ist unproblematisch, wieweit können wir gehen und wieweit wollen wir gehen."

Die Bioethikkommission solle aber keine Entscheidungen treffen, sondern eben beratend tätig sein.
Alternativen als Chance für Forschung in Österreich
Für Österreichs Forschung biete sich eine Möglichkeit auch auf ethisch weniger umstrittenen Gebieten, nämlich in der Forschung an Stammzellen von Erwachsenen beziehungsweise aus der Nabelschnur Neugeborener, so Schüssel.

In etwa einem Jahr, so hofft der Kanzler jedenfalls, soll ein erster Bericht der Bioethikkommission vorliegen. Und dann sollte auch auf gesamteuropäischer Ebene geklärt werden, was in der Biomedizin erlaubt sein soll und was nicht.

Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
->   Radio Österreich 1
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01.01.2010