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Wandernde Himmelsmysterien  
  Mit den zunehmenden Möglichkeiten der Astronomie reißen auch die Serien interessanter Entdeckungen nicht ab. Nun haben Astronomen mittels des Hubble Weltraum-Teleskops planetengroße Himmelskörper beobachtet, die sich durch eine weit entfernte Sternenansammlung bewegen. Aber im Gegensatz zu unseren Planeten sind sie "Einzelgänger", denn sie umkreisen keinen zentralen Fixstern wie die Sonne.  
Sollten sich die Beobachtungen verifizieren lassen, dann müssen Astronomen die Verbindung von Sternen und Planeten neu überdenken, berichtet die NASA.
Verändertes Sternenlicht als Hinweis
Die bislang unbekannten Objekte sind - selbst mit Hilfe des Hubble Teleskops - zu dunkel, um direkt beobachtet zu werden. Entdeckt wurden sie dadurch, dass ihr Gravitationsfeld das Licht entfernter Sterne beugt und verstärkt, genannt "microlensing".

Kailash Sahu und seine Kollegen vom "Space Telescope Science Institute" untersuchten 83.000 Sterne in Teilen unserer Galaxie, die hinter dem Sternencluster M22 lagen. Dabei entdeckten sie ein von einem Zwergstern verursachtes deutliches Microlensing-Ereignis. Das Gravitationsfeld des Sterns, der ungefähr ein Zehntel der Masse unserer Sonne besitzt, bündelte linsenartig das Licht eines Hintergrundsterns. Dabei erschien es über einen Zeitraum von 18 Tagen 10 Mal heller als gewöhnlich.
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Microlensing-Methode
Die Microlensing-Methode beruht auf dem Effekt der Mikrogravitations-Linsenwirkung: Geht ein Stern, der sich nahezu in der Sichtlinie der Erde und einem weit entfernten Hintergrundstern befindet, an diesem vorbei, so wird das Licht des Hintergrundsterns in charakteristischer Weise durch den Gravitations-Linseneffekt verstärkt. Planeten, die nahe um den "linsenden" Stern kreisen, verändern die Lichtkurve der Lichtverstärkung und können als Planet erkannt werden. Die Nachweisgrenze der Microlensing-Methode ist unabhängig von der Entfernung. Erdähnliche Planeten können mit dieser Methode entdeckt werden. Entdeckungen nach der Microlensing-Methode können jedoch nicht bestätigt werden, da es sich um einmalige Ereignisse handelt.
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Bild: STScI

Schematische Darstellung eines Microlensing-Ereignisses.
Unerwartete Ereignisse
Zusätzlich zu dem verzeichneten Microlensing-Ereignis stellten die Wissenschaftler sechs weitere, unerwartet kurze Ereignisse fest, bei denen das Licht eines Hintergrundsterns durch einen Himmelskörper auf das Doppelte der Helligkeit verstärkt wurde, allerdings nur für ganze 20 Stunden. Daraus schließen die Astronomen, dass das lichtverstärkende Objekt kein anderer Stern, sondern ein wesentlich kleinerer Himmelskörper sein muss.

Objekte dieser Größe wurden bislang noch nie für Microlensing-Ereignisse verantwortlich gemacht.
Planeten?
Die vorliegenden Ergebnisse sind schwierig zu deuten. Theoretisch könnten Planeten von ihren Muttersternen 'weggeschleudert' worden sein, denn die beobachteten Himmelskörper umkreisen keinen zentralen Fixstern wie die Sonne.

Doch Astronomen geben zu bedenken, dass die planetengroßen Objekte im Cluster M22 bis zu 10 Prozent der Gesamtmasse des Sternenclusters ausmachen - zu viel, um einmal Teil eines 'normalen' Planetensystems gewesen zu sein.
Seltene Ereignisse
Weil Microlensing-Ereignisse relativ selten sind, erhöht sich für Astronomen die Chance, einen zu beobachten, durch die gleichzeitige Beobachtung tausender Sterne. Sahu und sein Team beschlossen, das Hubble Teleskop direkt auf das Zentrum des M22-Clusters zu richten, welcher zwischen der Erde und dem zentralen Teil unserer Galaxie liegt.

Dort fand das Forscherteam eine sehr dichte Sternenregion vor, die es ermöglichte, sich bewegende Objekte mit geringerer Masse und eine dichte Ansammlung von Sternen, deren Licht eventuell verstärkt wird, zu beobachten.
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Was ist ein Planet?
Gemäß Definition ist ein Planet ein Objekt mit so geringer Masse, dass im Inneren keine Fusionsprozesse zünden können. Die Massengrenze, bei der das Wasserstoffbrennen zündet, liegt bei 0,08 Sonnenmassen = 80 Jupitermassen. Die Untergrenze, bei der die Fusion von Deuterium einsetzt, liegt bei 13 Jupitermassen. Objekte im Massebereich von 13 bis 80 Jupitermassen werden als "Braune Zwerge" bezeichnet. Der obere Massebereich für Planeten ist somit bei 13 Jupitermassen anzusetzen. Die Masse Plutos beträgt nur 1/500 der Erdmasse, in diesem Bereich kann die untere Massegrenze für Planeten angesetzt werden.
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Masse, Distanz und Geschwindigkeit entscheidend
Wird das Licht eines Sterns durch ein Microlensing-Ereigniss verstärkt, so hängt die Dauer der Lichtverstärkung von der Masse, der Distanz und von der Geschwindigkeit des lichtablenkenden Objektes ab. Da die lichtablenkenden Himmelskörper alle dem gleichen Sternencluster angehören, können die Astronomen auf ihre Distanz (8.500 Lichtjahre) und ihre ungefähre Geschwindigkeit schließen.

Die sechs kurzen Microlensing-Ereignisse, die Sahus Team aufzeichnete, waren sogar kürzer, als das Intervall zwischen den einzelnen Hubble-Beobachtungen. Sie schätzten, dass die oberste Grenze für die Masse jener Objekte bei nur einem Viertel der Masse des Jupiters liegt. Das war für die Astronomen ein ziemlich erstaunliches Ergebnis.
Nächste Projekte zur Bestätigung
Um diese Daten zu untermauern, planen die Forscher das Zentrum des Sternenclusters über ein Sieben-Tage-Intervall kontinuierlich zu beobachten.

Sie erwarten dabei 10 bis 25 Kurzzeit-Microlensing-Ereignisse, was für die genaue Berechnung der Massen jener lichtablenkenden Objekte eine ausreichende Anzahl darstellen würde, erklärt Sahu.

Ob diese Messungen auch einen eventuellen Planeten-Charakter der bislang unbekannten Objekte entlarven können, bleibt noch abzuwarten. Ihre Größe zumindest spricht dafür.

(red)
->   Hubble Space Telescope
->   Space Telescope Science Institute
->   NASA-Science-Site
 
 
 
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01.01.2010