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US-Chemiker ändern Form von Körperzellen  
  Chemikern in den USA ist es gelungen, die Form von menschlichen Körperzellen zu verändern. Dies könnte der erste Schritt sein, Zellen und deren Oberfläche für medizinische Zwecke zu manipulieren.  
In ihrem Bericht, der im aktuellen Journal of the American Chemical Society nachzulesen ist, beschreiben die beiden US-Wissenschaftler J. Middleton Boon und Bradley Smith von der University of Notre Dame (Indiana), wie sich scheibenförmige rote Blutkörperchen in stachelige Kugeln umformen lassen und wie diese Deformation wieder rückgängig gemacht werden kann.
Synthetische Moleküle verändern Zellform
Den Chemikern ist es gelungen, bestimmte Moleküle zu entwickeln, die die so genannten Phospholipide (auch Lipamine genannt) - molekulare Bausteine der Zellmembran - neu anordnen und somit die Zellform verändern.
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Phospholipide
Phospholipide sind (neben Cholesterin, Proteinen u.a.) die Hauptbestandteile der Zellmembran: Sie bestimmen nicht nur den Zusammenhalt der Zellmembran, sondern nehmen essentiellen Einfluss auf die Funktion von Enzymen, Transportproteinen und Rezeptoren. Mediziner fassen die Phospholipide auch unter dem Oberbegriff LIPAMIN zusammen (von LIPiden mit AMINoalkoholen).
->   Genaue Informationen zu Phospholipiden und der Zusammensetzung der Zellmembran
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Gewollte Deformation der Zelle

Normal geformtes rotes Blutkörperchen
Die beiden Forscher hatten zunächst die Deformation der Zelle erreicht, indem sie modifizierte Lipamine einführten, die sich in die Zellwand einhängten und dort die dornenartigen Wölbungen verursachten. Die scheibenförmigen Blutkörperchen wurden zu aufgeblähten, stacheligen Gebilden.
Zellmembran hat zwei Lipid-Schichten

Deformiertes rotes Blutkörperchen
Wie andere Zellen auch weisen rote Blutkörperchen eine doppelte Schicht von Phospholipiden in ihrer Membran auf. Die beiden Schichten sind jedoch nicht identisch: die Zusammensetzung der verschiedenen Arten von Phospholipiden ist jeweils unterschiedlich.

Diese asymmetrische Verteilung kontrolliert bestimmte Funktionen, so wie das Verklumpen von Blut und sogar die Bereitschaft der Zelle, sich selbst zu zerstören. Denn die verschiedenen Moleküle an der Oberfläche einer Zelle interagieren mit gewissen äußeren Substanzen.
Lipide sind frei beweglich in Zellmembran
Innerhalb der Zellmembran sind die Phospholipide mehr oder minder frei beweglich. Damit sie sich allerdings in der äußeren und inneren Schicht nicht gleich anordnen, verwenden die Zellen bestimmte Enzyme - so genannte Translokasen -, die die verschiedenen Phospholipide in unterschiedliche Richtungen lenken.
Künstliche Translokasen formen Zelle um
Bei den von den US-Chemikern hergestellten Molekülen handelt es sich sozusagen um künstliche Translokasen. In ihrer neuen Studie weisen sie nach, dass die künstlichen Translokasen sich an die Köpfe der kaulquappenförmigen Phospholipide anhängen. Dadurch werden die Köpfe der Lipamine sozusagen löslicher, sie können so von innen nach außen wandern und umgekehrt.
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Kopf und Schwanz der Phospholipide
Phospholipide besitzen einen polaren Kopfteil der hydrophil, also wasser-"anziehend" und damit fettabstoßend (lipophob) ist. Ihr Schwanzteil dagegen ist apolar, also wasser-"abstoßend" und damit fettanziehend (lipophil). Damit ist ein solches Lipid amphipathisch, d.h. es hat an seinen beiden Molekülenden entgegengesetzte Eigenschaften.
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Mithilfe der synthetischen Moleküle gelang es, die ursprüngliche Form der Zelle wieder herzustellen, indem die meisten der modifizierten Phospholipide in die äußere Schicht der Zellmembran gezogen wurden. Dort wirken sie weniger störend. Die Blutkörperchen formten sich erneut um und wurden wieder zu Scheibchen.
Maßgeschneiderte Zellmembran
Mit dem Verständnis der Funktionsweise der synthetische Moleküle wird es möglich sein, so die Überzeugung der beiden Forscher, diese so zu konstruieren, dass sie an ganz bestimmte Phospholipide andocken und deren Position innerhalb der Zellmembran kontrollieren. Auf diese Weise hoffen die Chemiker die Struktur der Zelloberfläche für verschiedenste biologische Zwecke geradezu maß zu schneidern.
Kontrolle der Zell-Interaktion mit der Umgebung
Die Moleküle, so die Wissenschaftler, könnten so geformt werden, dass sie bestimmte Phospholipide je nach Wunsch an die Oberfläche oder an die innen liegende Schicht der Zellmembran ziehen. Somit könnte man nicht nur die Form einer Zelle kontrollieren, sondern auch deren Wechselwirkung mit der unmittelbaren Umgebung - z.B. mit Viren oder Hormonen.

(red)
->   Journal of the American Chemical Society
->   Department of Chemistry and Biochemisty, University of Notre Dame
 
 
 
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01.01.2010