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Einzigartig wie alle anderen?  
  Viele Menschen behaupten von sich selbst, einzigartig zu sein. Bei genauerer Betrachtung unterscheidet sich ihre Selbsteinschätzung aber kaum von der Einschätzung ihrer unmittelbaren sozialen Bezugsgruppe.  
Ähnliche Selbst- und Gruppenbilder
Eine Studie der Brown University in Providence, Rhode Island, ging diesem Phänomen auf den Grund. 152 Studierende beschrieben dabei ihre eigene Persönlichkeit sowie jene ihrer "durchschnittlichen" Kommilitonen. Die Beschreibungen enthielten signifikante Ähnlichkeiten.

Auf die Frage, ob sie sich selbst als repräsentativ für ihre Gruppe einschätzten, antworteten die Meisten jedoch mit "Nein" - und hielten sich für atypisch. Sie scheinen also ihre Selbstbilder auf die Gruppe zu projizieren, sind sich darüber aber nicht im klaren.
Besonders oder nicht?
"Mütter erzählen ihren Kindern immer, dass sie etwas ganz Besonderes sind, aber unterbewusst glaubt niemand wirklich daran", meint Joachim Krüger, Psychologieprofessor an der Brown University und Leiter der Studie.
Projektionen eigener Qualitäten auf Gruppe
Die Teilnehmer der Studie mussten sich selbst, ihre Zimmerkollegen und den "durchschnittlichen" Studierenden der Uni beurteilen. Sie bekamen Listen mit 24 sozial erwünschten und unerwünschten Merkmalen und beschrieben mit ihrer Hilfe die drei Kategorien.

Die Art, wie sich die Studierenden selbst sahen, hatte dabei einen großen Einfluss, wie sie die anderen sahen. Beispielsweise verteilten jene, die sich selbst als "ordentlich" oder "schlau" einschätzten, diese Attribute auch an die anderen ihrer Gruppe.

Das bestätigt bekannte Forschungsresultate zu sozialer Projektion, wonach die Wahrnehmung von Gruppeneigenschaften teilweise von der Selbstwahrnehmung abhängt.
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Die Studie
Die Studie bestand aus zwei Teilen: einer Computerbefragung und einem Interview, das in Beisein der Zimmerkollegen durchgeführt wurde. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer betrug 18 Jahre. Die Ergebnisse wurden in der Juli-Ausgabe des US-Fachmagazins "Personality and Social Psychology Bulletin" veröffentlicht.
->   Personality and Social Psychology Bulletin
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Zimmergenossen anders als Rest der Gruppe
Zudem fand Krueger, dass sich die Beschreibungen des "durchschnittlichen" Studenten deutlich von den Beschreibungen der Zimmergenossen unterschieden - obwohl auch diese dazu gehörten und nach eigenen Angaben von den Teilnehmern "gut gekannt und gemocht" wurden.

Diese egozentrische Verzerrung - die Wahrnehmung, dass man selbst einer Gruppe ähnlicher ist als andere Gruppenmitglieder - kann laut Krueger ein Hindernis zu Lösung von Konflikten sein.

Wenn jeder glaubt, dass die meisten anderen mit der eigenen Position übereinstimmen, ist es schwierig im Falle von Uneinigkeit, Kompromisse zu machen. "Diese Grenze ist vor allem deswegen problematisch, weil sie von den Menschen als solche nicht erkannt wird", meint Krueger.
Fixe Selbstbilder, variable Fremdbilder
Teilnehmer beschrieben ihre Persönlichkeit bei Wiederholungen der Interviews durchwegs sehr ähnlich. Die Beschreibung ihrer Zimmergenossen hingegen änderte sich mit der Zeit.

Krueger erklärt dies damit, dass die Selbstbilder stark verankert sind und schnell in Erinnerung gerufen werden, wenn es darum geht, über durchschnittliche Eigenschaften von Gruppenteilnehmern Auskunft zu geben.

(red)
->   Brown University, Providence/Rhode Island
 
 
 
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01.01.2010