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Erstmals komplettes Kunstherz eingepflanzt  
  US-Mediziner haben einem Patienten erstmals ein komplettes Kunstherz eingepflanzt, das ohne Schläuche und Röhren nach außen auskommt. Das Kunststofforgan ersetzt das körpereigene Herz vollständig.  
Ärzte am Jüdischen Krankenhaus in Louisville im Bundesstaat Kentucky teilten am Dienstag mit, sie hätten das neuartige Kunstherz AbioCor einem nicht näher identifizierten Patienten in einer siebenstündigen Operation eingesetzt.
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Operation erfolgreich
Die Klinikleitung gab in einer offiziellen Erklärung bekannt, dass die Operation erfolgreich verlaufen sei und es dem Patienten den Umständen entsprechend gut gehe. Angaben über sein Geschlecht und Alter erfolgten nicht.
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Künstliches Herz ohne Schläuche nach außen

Das Besondere an der neuen Herzprothese der Firma Abiomed Inc. aus Danvers im Bundesstaat Massachusetts ist, dass sie ohne eine direkte Verbindung zu einer äußeren Energiequelle auskommt.

Zusammen mit der künstlichen Pumpe wird dem Patienten eine Batterie implantiert. Diese wird durch elektronische Signale einer externen zweiten Batterie aufgeladen, die über die Haut in das Innere des Körpers weitergeleitet werden.
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AbioCor im Detail
Eine Pumpe aus Titan und Plastik ist über vier Schläuche mit den Blutgefäßen des Patienten verbunden. Das System in der Größe einer Grapefruit besteht aus zwei Kammern (=Herzkammern), die mit Ventilen (=Herzklappen) ausgestattet sind, und einem hydraulischen Pumpsystem, das durch einen Motor angetrieben wird.

Die implantierte Batterie versorgt den Motor mit Energie, diese reicht jedoch für maximal 30 Minuten. Aufgeladen wird die interne Batterie mit Strom aus den externen Batterien, die der Patient am Gürtel tragen kann. Die Energie wird über den auf der Haut angebrachten Übermittler übertragen. Das Kontrollsystem im Inneren des Körpers reguliert die Pumpgeschwindigkeit des Kunstherzens je nach Bedarf des Patienten. Das interne System wiegt zusammen etwa 1,5 Kilo, die externen Batterien rund zwei Kilo.
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Damit kann auf die Schläuche und Röhren verzichtet werden, die Quellen von Infektionen sind und zudem die Bewegungsfreiheit des Patienten stark einschränken. AbioCor arbeitet also völlig unabhängig im Brustkorb des Patienten.
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Keine völlig neue Methode
Die Methode ist nicht völlig neu. Das in den USA entwickelte System namens "Lion Heart" (Löwenherz) kommt ebenfalls ohne externe Energieversorgung aus, da die Batterie auch hier direkt mit eingepflanzt wird.

Allerdings ersetzt "Lion Heart" das körpereigene Organ nicht, sondern unterstützt es nur in seiner Funktion. Es soll jedoch, so wie auch das deutsche System "Jarvic 2000" dauerhaft im Körper des Patienten verbleiben. Frühere Unterstützungssysteme waren lediglich als Überbrückung gedacht, bis ein geeignetes Spenderorgan gefunden wurde.
->   Mehr zu Jarvic 2000 in science.orf.at
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Lebenserwartung um nur 60 Tage verlängert
Nach Angaben des Herstellers wird das revolutionäre neue Kunstherz das Leben der ersten, schwer kranken Patienten voraussichtlich nicht mehr als zwei Monate verlängern.

Langfristig soll es Patienten aber einmal ermöglichen, ein normales, produktives Leben zu führen, und das natürliche Organ dauerhaft ersetzen.
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Zunächst nur fünf Transplantationen erlaubt
Nach Auflage der amerikanischen Gesundheitsbehörde, der Food and Drug Administration (FDA) dürfen vorerst nur fünf Transplantationen vorgenommen werden. Das auch nur an todkranken Patienten, die nicht mehr als 30 Tage Lebenserwartung haben und die für eine Transplantation aus medizinischen Gründen ungeeignet sind. Schenkt ihnen das Kunstherz tatsächlich bis zu 60 Lebenstage, will die FDA weitere Verpflanzungen erlauben.
->   Food and Drug Administration (FDA)
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Nicht für alle Patienten geeignet
Systeme wie AbioCor seien allerdings nur für einen sehr geringen Teil der Patienten geeignet, erläuterte kürzlich der Ärztliche Leiter des Deutschen Herzzentrums in Berlin, Prof. Roland Hetzer.

In Frage kommen nur Kranke, bei denen die rechte Herzkammer sehr geschädigt ist oder die einen großen Lungenwiderstand haben, sodass das Blut nur schwer in die Lunge gepumpt werden kann, so der Mediziner.
Wenn die Technik versagt, stirbt der Patient sofort
Trotzt aller Vorteile, die die neue Methode schwer kranken Patienten in Zukunft wohl bieten wird: Ein großer Nachteil bleibt. Wenn die Technik ausfällt, stirbt der Patient sofort.

Mit einem unterstützenden Kunstherz dagegen hat sich das eigene Organ oft so weit erholt, dass es diese Menschen zumindest bis zum Einsatz der Rettungssanitäter am Leben hält.

(APA/red)
->   Abiomed Inc.
->   Jewish Hospital Louisville, KY
Der amerikanische Nachrichtensender CNN hat vor wenigen Tagen einen Bericht über die Geschichte des künstlichen Herzens gesendet. Die Sendung kann per Real Time, Qick Time und Windows Media Player abgespielt werden:
->   CNN-Rhonda Rowland: A history of the artificial heart
 
 
 
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01.01.2010