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Schwitzen: Belastung für soziale Kontakte  
  Jeden Morgen mit dem Deo-Spray gegen den Achselschweiß kämpfen, aber trotzdem völlig durchgeschwitzt sein - Wer kennt das nicht? Obwohl Transpirieren aus biologischer und medizinischer Sicht ein lebensnotwendiger Prozess ist, der zum Wohlbefinden des Menschen beiträgt, empfinden viele Menschen das Schwitzen als unangenehm.  
Noch bevor der Sommer begonnen hat, geraten Betroffene geradezu in Panik, weil durch die ansteigenden Temperaturen die thermologische Funktion des Körpers zusätzlich angeregt wird.
Starkes Schwitzen als Krankheitsbild?
Die Hautärzte nennen zu starkes Schwitzen "Hyperhidrose". Schwitzen ist - bei hohen Temperaturen oder bei körperlicher Belastung - normal. Doch es gibt einfach auch ein Zuviel daran.

Der Wiener Dermatologe Dr. Wilhelm Brenner: "Bei einem winzigen Teil der Gesamtbevölkerung ist die Steuerung der Schweißabsonderung durch das vegetative Nervensystem auf Grund einer unbekannten Grundkrankheit
gestört, und das System arbeitet auf zu hohem Niveau.

Patienten mit diesem Krankheitsbild leiden unter 'idiopathischer Hyperhidrose', die meist in der Kindheit bzw. der Pubertät beginnt und bis ins hohe Alter anhält." Obwohl die Medizin bisher nur die Auswirkungen kennt und nicht die Gründe, gibt es trotzdem einige Therapien, die eine Besserung versprechen.
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Wann der Körper zum Schwitzen anfängt
Normalerweise beginnt der menschliche Körper bei physischen Anstrengungen, starker emotionaler Anspannung oder fiebrigen Erkältungen Schweiß abzusondern. Immer mehr Menschen leiden aber unter übermäßiger Transpiration, die symptomatisch entweder auf eine Überfunktion der Schilddrüse, Störungen des Hormonhaushaltes, Fettleibigkeit oder klimakterische Beschwerden zurückzuführen ist.
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Suggerierte Unsicherheit
Da sich die Hyperhidrose generell auf einzelne Körperregionen beschränkt - meist auf Hände, Füße, Gesicht oder Achselhöhlen ¿ wird das Schwitzen im doppelten Sinn zu einer psychischen Belastung. Ein nasser Händedruck suggeriert dem Gegenüber oft Unsicherheit oder Angst und kann beim Betroffenen zusätzliche Komplexe auslösen.

Scheinbar psychische Instabilität ist aber in der Regel nicht
Auslöser, sondern Folge extremer Schweißbildung.
Von individuellen Faktoren abhängig
Grundsätzlich sei die Sekretion von individuellen Persönlichkeits- und Umweltfaktoren abhängig, meint der Hautarzt. So etwa genüge bereits ein banaler emotionaler Reiz. "Eine zunehmend häufiger werdende Ursache für das Schwitzen ist Stress.

Viele Patienten, die an nassen Händen oder vermehrter Achselschweißbildung leiden, üben zumeist nervenaufreibende Berufe aus. Der Stress äußert sich hier statt der obligaten Kopfschmerzen oder Müdigkeit durch Transpiration", so Brenner. In akuten Fällen hätten auch desinfizierende Seifen, Puder oder Cremes keine Schweiß hemmende Wirkung.
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Was ist Schweiß und Schwitzen?
Schweiß ist ein wässriges Drüsensekret mit maximal 1% gelösten Stoffen, hauptsächlich Natriumchlorid, daneben Ammoniak, Harnsäure und flüchtige Fettsäuren. Letztere bedingen den Geruch des Schweißes. Das Wasser wird vom Blut aus den Wasserspeichern bereitgestellt. Bestimmte Körpergegenden sind stärker mit Schweißdrüsen ausgerüstet . Die Schweißabsonderung dient der Wärmeregulation: durch Verdunsten des Schweißes auf der Körperoberfläche wird ihr Wärme entzogen. Die Fähigkeit zum Schwitzen ist individuell sehr unterschiedlich, damit hängt die verschiedene Verträglichkeit hoher Temperaturen zusammen. Bei gleichen äußeren Temperaturen verdunstet der Mann mehr als die Frau. An Hitze angepasste Menschen können einen stärker verdünnten Schweiß in großen Mengen ausscheiden.
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Drei wirksame Behandlungsmethoden
"Obwohl die Medizin auf dem Gebiet der Hyperhidrose noch keine weiterführenden Forschungsergebnisse erzielt hat, gibt es mittlerweile drei Behandlungsmethoden, die mittelfristig wirksam sind und im Rahmen einer Therapie kontinuierlich wiederholt werden sollten.

Ein Patentrezept, um dem Schwitzen für immer ein Ende zu bereiten, gibt es bedauerlicherweise noch nicht", erklärte der Wiener Dermatologe Wilhelm Brenner. Ein Mittel, das äußerlich angewendet werden könne, sei "Aluminiumchlorat", eine chemische Mischung, mit welcher die betroffenen Körperpartien betupft werden sollten.
Behandlung mit Bakteriengift erfolgversprechend
Bei täglicher Anwendung ließen sich laut Brenner, bald Erfolge erzielen. Wesentlich effektiver sei hingegen die Behandlung mit Botulinumtoxin, einem Bakteriengift, das in mehreren kleinen Dosen in die Haut injiziert wird. "In der Regel wird das in der plastischen Chirurgie verwendet, um Gesichtsfalten mit medizinischen Eingriffen weg zu schummeln.

Der Nerv, der dabei getroffen wird, wird für einige Monate gelähmt, sodass der Patient in dieser Zeit nicht in Versuchung kommt, die Stirn zu runzeln und tiefere Falten zu bilden", erläuterte Brenner. Er persönlich halte aber weniger von derartigen Eingriffen, die nicht aus medizinischen Motiven passieren, sondern rein aus "kosmetischer Eitelkeit".
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Wirkung von Botulinumtoxin
Botulinumtoxine sind Nervengifte, die durch einen überall vorkommenden bestimmten Erreger (Clostridium botulinum) gebildet werden. Botulinumtoxin bindet sich hochselektiv an peripheren Nervenendigungen, die Acetylcholin als Überträgerstoff verwenden. Solche Nervenendigungen findet man zum Beispiel an Übertragungsstellen zum Muskel aber auch an den Schweißdrüsen der Haut. Die Folge ist eine Blockade der Impulsübertragung, die am Muskel eine Abnahme eines pathologisch erhöhten Muskeltonus nach sich zieht. An der Schweißdrüse wird die Schweißproduktion reduziert.
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Elektrobad mit guten Therapieerfolgen
Eine sanftere, aber dennoch gute Behandlungsmethode, die auch Brenner in seiner Ordination anbietet, ist die sogenannte Iontophorese. Hier ist ein Elektrobad an eine Gleichstromquelle angeschlossen, durch die - je nach individueller Anpassung ¿ zwischen Null und 25 Milli-Ampere durchfließen und bereits nach rund zehn Anwendungen gute Therapieerfolge erzielt werden können. "Wichtig ist natürlich, dass die Bäder konsequent gemacht werden, um ein dauerhaftes Ergebnis zu erreichen", argumentierte Brenner.

Allerdings, die Anschaffung eines solchen Gerätes ist nicht gerade billig. "Mit 5.000 Schilling muss man schon rechnen. Im Gegensatz zu den Botulinumtoxin-Spritzen, die ab 10.000 Schilling zu haben sind, müssen die Patienten bei der Iontophorese aber keine Angst davor haben, nach der Therapie partielle Muskellähmungen zu riskieren", so Brenner.

(APA/red)
->   Hyperhidrose - Übermäßiges Schwitzen
->   Deutsche Hyperhidrose-Hilfe
->   Mehr zum Einsatz von Botulinumtoxin
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01.01.2010