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Seehunde orten ihre Beute mit den Barthaaren  
  Seehunde finden ihre Beute, auch ohne ihre Augen und Ohren zu benutzen. Mit ihren Barthaaren registrieren sie feinste Wasserbewegungen und können so, auch in völliger Dunkelheit, der Spur zu ihrer Beute folgen.  
Wie Seehunde in trüben, dunklen Gewässern ihre Beute ausmachen, war bisher ungeklärt. Biologen vermuteten zwar schon seit geraumer Zeit, dass die Tiere mit Hilfe ihrer Barthaare kleine Wasserturbulenzen registrieren können, waren aber bisher der Meinung, dass dies nur in Kombination mit ihren anderen Sinnen geschieht.

Wissenschaftler der Universitäten Bochum und Bonn konnten jetzt nachweisen, dass Seehunde Wasserbewegungen, die von weit entfernten Fischen oder anderen bewegten Objekten stammen, nur auf Grund der Fähigkeiten ihrer Barthaare erkennen können. Die Ergebnisse ihrer Studien wurden in ''Science'' veröffentlicht.
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Sensible Instrumente
Ein finnischer Forscher hatte schon vor einiger Zeit entdeckt, dass die Barthaare von Seehunden jeweils etwa zehn Mal mehr Rezeptoren haben als die einer Katze. Die 80 Follikel der Seehundbarthaare beherbergen 25.000 Rezeptoren.
->   Mehr über Seehunde (Phoca vitulina)
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Fast nicht mehr wahrnehmbar
Die Tiere können mit ihren Barthaaren sogar auf Wasserbewegungen regieren, die nicht größer als ein tausendstel Millimeter sind. Diese so genannten ''hydrodynamischen Spuren'' können von den Seehunden auch noch drei bis fünf Minuten nachdem sie - beispielsweise von Fischen - erzeugt wurden, geortet und verfolgt werden, so der Leiter des Wissenschaftlerteams Guido Dehnhardt.
Henry und der Versuch
Bei dem Experiment setzten die Wissenschaftler ein Mini-U-Boot ein, das bei der Fortbewegung die Bewegungen eines Fisches im Wasser simulierte. Der zahme Seehund Henry aus dem Bonner Zoo bekam eine Maske über die Augen und einen rauschenden Kopfhörer auf die Ohren gesetzt. Trotzdem hatte er keine Schwierigkeiten, das Ziel zu finden.

''Der Seehund richtet unter Wasser dann seine Barthaare maximal nach vorne, und sobald er die Wasserspur findet, legt er sich absolut deckungsgleich in sie hinein und verfolgt sie'', sagt Denhardt.
Ohne Barthaare kein Erfolg
256 von insgesamt 326 Versuchen - rund 80 Prozent - endeten erfolgreich. Wenn Henry allerdings eine Maske über der Schnauze trug und deshalb seine Barthaare nicht benutzen konnte, fand er auch nie sein Ziel.
Nick bestätigt das Ergebnis
Die Wissenschaftler wiederholten das Experiment zur Absicherung mit dem Seehund Nick im Kölner Zoo. Die Ergebnisse waren ähnlich. Bei klarem Wasser und ohne Maske konnten sich die Seehunde allerdings über ihre Augen orientieren.
Der nächste Schritt: Das offene Meer
Auch im wild bewegten Meer sollte diese Art der Verfolgung funktionieren. Unter Wasser spielen die Meereswellen kaum mehr eine Rolle und sowohl Beutetiere als auch Jäger bevorzugen diese ruhigeren Gefilde.

''Ich habe den Traum, solche Experimente bald auch im Freiland unter Echtbedingungen zu machen'', sagt Denhardt. Dafür möchte er seine trainierten Helfer Nick und Henry mit ans Meer nehmen

(APA/dpa)
Der Artikel in 'Science': " By a Whisker, Harbor Seals Catch Their Prey" (Bd. 293, S. 102, kostenpflichtig)
->   Science
 
 
 
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01.01.2010