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Behindertenverbände gründen Ethikkommission  
  Behindertenorganisationen haben heute eine "Ethikkommission für die österreichische Bundesregierung" ins Leben gerufen. Sie wollen eine Ergänzung zu jenem Expertengremium sein, das Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Juni 2001 für die Fragen der Biomedizin gegründet hat.  
Ethik in der Medizin ist ein Thema, das für allem Frauen und Behinderte betrifft. Im Expertengremium der Regierung sind aber nur Mediziner, Philosophen und Theologen, kritisieren die Behindertenverbände.

Die Experten allein sollen nicht darüber diskutieren, wie zum Beispiel mit Embryonen mit Gen-Schäden umgegangen werden soll.
Zusätzliche Instanz zur Beratung der Politiker
Das kritisiert Birgit Primig-Eisner von der neu gegründeten Ethikkommission. Sie sieht das Gremium von Behindertenverbänden als zusätzliche Instanz zur Beratung der Politiker.
Nein zu Biomedizin-Konvention
Erste Empfehlung der Ethikkommission: die Biomedizin-Konvention des Europarats soll in der jetzigen Form von Österreich nicht ratifiziert werden. Sie lasse juristische Schlupflöcher für die Forschung an Embryonen und an Behinderten.

"Der Schutz von einwilligungsunfähigen Personen ist nicht ausreichend gewährleistet", meint Ernst Berger, der Vorstand der Neuropsychiatrischen Abteilung für Kinder und Jugendliche am Neurologischen Krankenhaus der Stadt Wien.
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Die umstrittene europäische Biomedizin-Konvention
Die Arbeit an der "Konvention über den Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde bei der Anwendung von Biologie und Medizin" des Europarates wurde bereits 1989 begonnen. Ein erster Entwurf von 1994 wurde - nach massiver Kritik aus mehreren Ländern - überarbeitet.

Im Jänner 1995 wurde der überarbeitete Entwurf veröffentlicht - und schließlich (im November 1996) auch mit der Stimmenmehrheit der Parlamentarischen Versammlung des Europarates verabschiedet. Österreich stimmte zwar im Ministerrat für die Annahme des Entwurfes, unterzeichnete die Konvention in Folge jedoch nicht, da in einigen Bereichen der Schutz als zu niedrig erachtet wurde.

Mehr dazu in science.orf.at
Die gültige Fassung der Bioethik-Konvention (Englisch)
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Augenmerk auf PID
Besonderes Augenmerk legen die Behindertenverbände natürlich auf die so genannte Präimplantationsdiagnostik - jene Methode, bei der die für die künstliche Befruchtung erzeugten Embryos noch "in der Schale" ausgewählt werden.

In Österreich ist die Präimplantationsdiagnostik verboten. Die Behindertenvertreter fürchten allerdings, dass sich ein Trend verstärken wird, der sich bereits jetzt bei der Pränataldiagnostik - also bei der genetischen Untersuchung des Kindes im Mutterleib - zeigt: dass zum Beispiel Kinder mit Behinderungen wie dem Down-Syndrom als nicht lebenswert beurteilt und abgetrieben werden.
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Präimplantationsdiagnostik
Präimplantationsdiagnostik (PID) bedeutet, dass nach einer im Reagenzglas erfolgten Befruchtung (in vitro) ein Test auf mögliche genetische Schädigungen des Embryos durchgeführt wird. Ist der Embryo gesund, wird er in die mütterliche Gebärmutter verpflanzt, ist er geschädigt, lässt man ihn absterben.
->   Ulrich Körtner: Präimplantationsdiagnostik - Hilfe für Betroffene oder neue Eugenik?
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Rasterfahndung auf Behinderte?
"In Zukunft können Gesetze auf uns zukommen, die Rasterfahndung auf behindertes Leben machen", warnt etwa Martin Ladstätter vom Zentrum für selbstbestimmtes Leben.

Die "Ethikkommission für die Bundesregierung" will als Regulativ wirken, um die Biotechnik nicht nur aus dem Blickwinkel des technischen Fortschritts zu sehen.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Ethikkommission für die österreichische Bundesregierung
 
 
 
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01.01.2010