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Afghanistan: Krieg verhindert seit 30 Jahren Bildung  
  Mehr als zwei Jahrzehnte ist es her, dass junge Menschen in Afghanistan regulär zur Schule gehen konnten. Der Einmarsch der sowjetischen Armee Ende 1979 hat zwei Generationen um die notwendige Grundausbildung gebracht.  
Sowjet-Bildung wurde boykottiert
"Ich hatte keine richtige Schulbildung, meine Kinder werden keine haben - das ist unser Schicksal", sagt die 26-jährige Mira Khan, eine afghanische Frau, die in den Iran geflohen ist.

Die Sowjets und die von ihnen gestützte marxistische Regierung in Kabul betrieben in den 80er Jahren zwar Schulen. Allerdings boykottierten die meisten Menschen die Bildungseinrichtungen der "Ungläubigen" und besuchten stattdessen illegale Kurse, die die antisowjetischen Mudschahedin organisierten.
Oberflächlicher Islam-Unterricht
Hauptziel dieser Kurse war es, die Afghanen mit Hilfe eines oberflächlichen Islam- und Koranunterrichts gegen die Sowjets und die kommunistische Führung im Land aufzustacheln.

Dabei wurde weder klassisches noch wirklich ausreichendes anspruchsvolles religiöses Wissen vermittelt. "Wir wurden so weder zu Mullahs noch zu Doktoren", sagt Jalal, ein 32 Jahre alter Flüchtling in Teheran, der den Unterricht der Mudschahedin regelmäßig besucht hat.
Als Illegale im Iran ohne Ausbildung
Während der Zeit der sowjetischen Besatzung flohen mehr als zwei Millionen Afghanen in den Iran und ebenso viele nach Pakistan. Zumindest im Iran durften die afghanischen Kinder nicht die Schulbank drücken, weil sie als illegal galten.

Dabei hätten sie dem Unterricht ohne große Probleme folgen können, da das im Iran gesprochene Farsi dem afghanischen Dari sehr ähnlich ist. "Wahrscheinlich werden meine Kinder entweder Hilfsarbeiter oder Schmuggler, wie so viele ihrer Landsleute", sagt Mira Khan und fügt hinzu: "Ich frage mich, wer auf diese Weise unser Land wieder aufbauen soll."
Schulbau in Eigenitiative von Frauen
Um dieser Misere ein Ende zu bereiten, haben einige iranische und afghanische Frauen begonnen, im Iran Grundschulen aufzubauen, in denen afghanische Kinder wenigstens Lesen und Schreiben lernen sollen.

Eine dieser Schulen ist ein einstöckiges Haus mit nur zwei Räumen und liegt im einem Vorort von Teheran namens Qaleh Hassan Khan. Mehr als 350 Kinder besuchen die Schule, die noch nicht einmal einen Namen trägt.
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Welt-Fasttag für Rechte der afghanischen Frauen
Am 1. Dezember findet ein weltweiter "Tag des Fastens und der Gewaltlosigkeit" statt, der sich für die Rechte der Frauen in Afghanistan und ihre Einbeziehung in die provisorische Regierung des Landes einsetzt. Veranstaltet von der Radical Party unter Führung der italienischen EU-Parlamentarierin Emma Bonino, finden sich namhafte Unterstützer und Unterstützerinnen des Projekts: Unter ihnen der afghanische Kronprinz Mir Wais Zahir, die ehemalige Premierministerin Pakistans Benazir Bhutto und der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu.
->   Mehr über den Fasttag
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Bildungsmangel ist Hauptproblem Afghanistans
"Der Mangel an Bildung ist das Hauptproblem in Afghanistan. Mit nur einem Minimum an kulturellem Hintergrund wäre das Land niemals in die derzeitige Misere geraten", meint einer der Lehrer in Qaleh Hassan Khan.

Selbst einige Oberhäupter afghanischer Volksgruppen, darunter der Gouverneur der Provinz Nimrus, Karim Barahui, und Ismail Khan, Oberhaupt der Provinz Herat, sehen die unzureichende Bildung als größtes Hindernis für den Wiederaufbau des Staates und als Grund für dessen Abhängigkeit vom Ausland.
Hoffen auf Hilfe und Normalität
Viele afghanische Flüchtlinge im Iran setzen große Hoffnung darauf, dass die Hilfe des Westens ihren Kindern wenigstens ein Stück Normalität zurückbringt.

"Wenn die Welt die afghanischen Kinder vergisst, wird das Afghanistan von morgen nicht besser aussehen als das von gestern. Und sie sehen heute, wozu das führen kann" warnte Barahui.

Farshid Motahari/dpa/red
->   Afghanistan Online
->   Verein zur Unterstützung von Schulen für afghanische Flüchtlingskinder
->   Help the Afghan Children
->   Afghan Women and Education
->   Interview mit einer afghanischen Ärztin und Lehrerin (Woz)
 
 
 
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01.01.2010