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Biosynthese in der Hefe  
  Die so genannte "Phosphatidsäure" spielt eine wichtige zellbiologische Rolle. Ihre Biosynthese in der Hefe ist Gegenstand eines Forschungsprojektes im Rahmen des Hertha-Firnberg - Programmes, das Karin Athenstaedt in einem Gastbeitrag für science.ORF.at vorstellt.  
Biosynthese der Phosphatidsäure - eine wichtige Substanz im Lipidstoffwechsel
Von Karin Athenstaedt

Ohne Phosphatidsäure weder Triglyceride noch Glycerophospholipide! Triglyceride dienen der Zelle als Speicherstoffe, und Glycerophospholipide werden für die Bildung von Zellmembranen benötigt. Somit nimmt Phosphatidsäure als wesentlicher Baustein des Lipidmetabolismus eine zentrale Stellung ein.

Während die meisten Enzyme, die Phosphatidsäure zu diesen Lipidenklassen weiter umsetzen, bekannt und gut untersucht sind, gibt es bisher nur wenig Informationen über jene Enzyme, die an der Biosynthese dieses wichtigen Intermediates selbst beteiligt sind. Defekte bei der Bildung von Phosphatidsäure haben zum Teil gravierende Auswirkungen auf den gesamten Organismus.
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Zwei Wege der Phosphatidsäure Biosynthese
Der zentrale Baustein für die Glycerolipidsynthese, Phosphatidsäure, kann von der Zelle de novo über 2 verschiedene Wege gebildet werden. Dies sind der Glycerin-3-phosphat Weg und der Dihydroxyacetonphosphat Weg. Im Falle des erstgenannten Syntheseweges wird Phosphatidsäure durch das Anhängen von zwei Fettsäuren an Glycerin-3-phosphat gebildet, während im Dihydroxyacetonphosphat Weg noch ein dritter Reaktionsschritt (Reduktion) benötigt wird.

Die Enzyme des Glycerin-3-phosphat Weges sind in Bakterienzellen und allen eukaryotischen Zellen (Pflanzen, Hefe und Säugetiere) vorhanden. Im Gegensatz dazu findet man den Dihydroxyacetonphosphat Weg nur in Säugetierzellen und in der Hefe. Auf grund dieser Ähnlichkeit zwischen Säugetierzellen und der Hefe und zahlreicher experimenteller Vorteile bietet sich Hefe als Modellorganismus zur Erforschung der Phosphatidsäure Biosynthese an.
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Gleiche Reaktionen - verschiedene Enzyme, gleiches Enzym - verschiedene Substrate
Vor mehr als 30 Jahren wurde bereits festgestellt, dass in der Hefe gleich wie in Säugetierzellen das zentrale Intermediat des Lipidstoffwechsels "Phosphatidsäure" auch über den Dihydroxyacetonphosphat Weg gebildet werden kann.

Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre versuchten zwei Forschungsgruppen die Frage zu klären, ob ein und dasselbe Enzym die erste Fettsäure sowohl an Glycerin-3-phosphat als auch an Dihydroxyacetonphosphat, die Ausgangssubstrate der beiden Synthesewege, anhängen kann, oder ob verschiedene Enzyme dafür benötigt werden.
Konträre Schlüsse
Die Antwort auf diese Frage blieb offen, nachdem beide Arbeitsgruppen aus ihren Resultaten konträre Schlüsse zogen. Der Grund für diese unterschiedlichen Ergebnisse lag darin, dass beiden Gruppen jeweils die gesamte Hefezelle als Enzymquelle in ihren Messungen einsetzten, und somit die Möglichkeit außer Acht ließen, dass auch mehr als ein bzw. zwei Enzyme für das Anhängen der ersten Fettsäure an das jeweilige Ausgangssubstrate vorhanden sein könnten.
Mindestens zwei Enzyme müssen vorhanden sein
Messungen der Enzymaktivitäten an isolierten Zellorganellen in unserem Labor zeigten jedoch, dass die Synthese von Phosphatidsäure an verschiedenen Zellorganellen erfolgt.

Mit Hilfe von Hefemutanten, die in bestimmten Schritten der Phosphatidsäurebiosynthese defekt waren, konnte ich zeigen, dass für jeden einzelnen Schritt der beiden Synthesewege mindestens zwei Enzyme vorhanden sein müssen.
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Umsetzung beider Synthesewege
Durch die Verwendung von isolierten Zellorganellen ergab sich weiters, dass das Enzym, welches die Hauptaktivität inne hat, die Ausgangssubstrate beider Synthesewege umsetzten kann. Daneben gibt es aber mindestens ein Enzym, das im Gegensatz dazu nur Dihydroxyacetonphosphat als Substrat akzeptiert.
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Lokalisierung des Enzyms
Bisher konnten in der Hefe erst zwei an der Phosphatidsäurebildung beteiligte Enzyme auf molekularer Ebene identifiziert und näher charakterisiert werden. Es gelang mir das eine Enzym innerhalb der Zelle zu lokalisieren; das zweite an der Phosphatidsäuresynthese beteiligte Enzym identifizierte und charakterisierte ich während meiner Dissertation.

Dieses neu entdeckte Enzym war das erste mit derartiger Funktion, welches je in einem Organismus auf molekularer Ebene identifiziert werden konnte.
Offene Fragen
Ziel ist es, weitere an der Phosphatidsäure Biosynthese beteiligte Enzyme zu identifizieren und deren Eigenschaften zu erforschen. Was ist der Grund für das Phänomen "Doppelt hält besser"? Warum sind je Reaktion mindestens zwei Enzyme vorhanden? Gibt es verschiedene "Pools" von Phosphatidsäure?

Wird Phosphatidsäure, die über den einen Weg hergestellt wird, bevorzugt zu einer Lipidklasse, den Triglyceriden umgesetzt, während der andere Syntheseweg der Bildung von Glycerophospholipiden für die Membranen dient? Welche Auswirkungen haben Defekte in bestimmten Enzymen dieser Wege auf den Organismus? Diesen und noch weiteren Fragen möchte ich im Rahmen meines Firnberg-Stipendiums auf den Grund gehen.
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Hertha-Firnberg-Programm
Karin Athenstaedt studierte technische Chemie an der TU Graz, an der sie 1999 promovierte. Ihr wissenschaftlicher Werdegang führte sie nach Turin und Regensburg. Im Jahr 2000 erhielt sie den Best-Paper-Award des SFB Biomembrane.

Im Jahr 2001 wurde sie mit mit einer Stelle im Rahmen des Hertha-Firnberg-Programmes ausgezeichnet. Das Ziel dieses vom FWF im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur durchgeführten Programmes ist es, zur besseren Verankerung von Frauen an Universitäten beizutragen.
->   FWF
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Weiterführende Literatur
Athenstaedt, K. and Daum, G. (1999) Eur. J. Biochem. 265, 1-17.
Athenstaedt, K. and Daum, G. (1997) J. Bacteriol. 179, 7611-7616.
Athenstaedt, K., Weys, S., Paltauf, F. and Daum, G. (1999) J. Bacteriol. 181, 1458-1463.
Athenstaedt, K. and Daum, G. (2000) J. Biol. Chem. 275, 235-240.

Nagiec, M. M., Wells, G. B., Lester, R. L. and Dickson, R. D. (1993) J. Biol. Chem. 268, 22156-22163.
Racenis, P. V., Lai, J. L., Das, A. K., Mullick, P. C., Hajra, A. K. and Greenberg, M. L. (1992) J. Bacteriol. 174, 5702-5710.
Schlossman, D. M. and Bell, R. M. (1978) J. Bacteriol. 133, 1368-1376.

Tillman, T. S. and Bell, R. M. (1986) J. Biol. Chem. 261, 9144-9149.
Zinser, E., Sperka-Gottlieb, C. D. M., Fasch, E.-V., Kohlwein, S. D., Paltauf, F. and Daum, G. (1991) J. Bacteriol. 173, 2026-2034.
 
 
 
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01.01.2010