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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 
Gesundheits-Check der Erde  
  Im Rahmen der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro wurde die besondere Rolle der Wissenschaft im Hinblick auf eine bessere Umwelt und Entwicklungspolitik festgeschrieben. Zehn Jahre später ist die weltweit größte Umweltstudie angelaufen. Ihre Initiatoren setzen auf eine umfassende Bestandsaufnahme der Ökosysteme und vollführen dabei eine Gratwanderung zwischen ökologischen Anliegen und ökonomischem Verwertungsdenken.  
Internationale Kooperation gefragt
Angesichts des globalen Wandels von Klima und Umwelt ist vor allem die internationale Zusammenarbeit der Wissenschaft gefragt. Zwischenstaatliche Projekte werden in besonderem Maße forciert.

Neben dem "Zwischenstaatlichen Ausschuss über Klimaänderungen" (IPCC) ist das so genannte "Millennium Ecosystem Assessment" (MEA) wohl das ambitionierteste Projekt.
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Das IPCC
Das IPCC entstand 1988 aus einer Initiative der World Meteorological Organization (WMO) und des United Nations Environment Program (UNEP). Aufgabe ist die Bewertung von wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Informationen in Bezug auf das Risiko eines durch Menschen verursachten Klimawandels. Das IPCC führt selbst keine Studien durch und beobachtet auch keine klimarelevanten Daten. Seine Einschätzung basiert vielmehr auf der publizierten Literatur zum Thema.
->   IPCC
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Weltweit größte Studie
MEA ist ein Projekt der Vereinten Nationen gemeinsam mit Wissenschaftlern, Regierungen, Stiftungen und anderen internationalen Institutionen und soll die bislang umfassendste Studie über den Zustand der Ökosysteme der Erde erstellen.

Am 5. Juni 2001 gestartet, beträgt die Dauer des "Millennium-Projekts" vier Jahre. An die 2000 führende Natur- und Sozialwissenschaftler untersuchen während dieser Zeit den Zustand der Weltmeere, Flüsse, Wälder und landwirtschaftlichen Anbauflächen.
Wirtschaftliche Institutionen an der Finanzierung beteiligt
Finanziert wird das Mammutprojekt unter anderem über das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und die Weltbank - aber auch die UN-Foundation des Medienmoguls Ted Turner zeigt besonderes Interesse am Gesundheitszustand des Planeten.
->   Mehr zu Ted Turners UN-Foundation
Die Liste der beteiligten Institutionen lässt auch schon die Tragweite des Projekts erahnen. Demnach geht es nicht ausschließlich um die immer dringlicher werdenden Umweltprobleme, sondern um wesentlich mehr, wie das Fachmagazin "Nature" berichtet.
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"Ecosystem health: The state of the planet"
Der Artikel "Ecosystem health: The state of the planet" ist im aktuellen "Nature" erschienen (Nature Bd. 417, Seiten 112 - 113, 9. Mai 2002).
->   Der Artikel (kostenpflichtig)
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Gefährdete Ökosysteme bedrohen Wirtschaft
Im Vordergrund steht die Frage, wie - trotz des sich stets verschlechternden globalen Ökosystems - weiterhin die Versorgung von mehr als sechs Milliarden Menschen mit Gütern und Dienstleistungen zu gewährleisten ist.

Anders ausgedrückt: Auf dem Spiel steht die Garantie einer weiterhin florierenden Wirtschaftsentwicklung. Deshalb überrascht es kaum, dass sich neben Ökologen auch politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger für eine vergleichende Studie über den Gesundheitszustand der Erde einsetzten.
Nachhaltige Ressourcennutzung notwendig
Immerhin sind 60 Prozent der weltweit wichtigsten Fischereigründe überfischt, jährlich verschwinden 14 Millionen Hektar Wald und nicht zuletzt sind Biotope von Feuchtgebieten bis zu Korallenriffen bedroht. Eine zuverlässige Anleitung, wie diese unschätzbaren Ressourcen zu erhalten sind, gilt daher als "unbezahlbar".
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Kosten der Millennium-Studie
Die Kosten für das "Millennium Ecosystem Assessment" selbst sind mit 21 Millionen US-Dollar (ungefähr 23 Millionen Euro) angesetzt.
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Ökologie in Einklang mit Ökonomie?
So hängt die Erhaltung von Ökosystemen häufig vielmehr mit der Absicht der Produktion beziehungsweise der Bereitstellung von Dienstleistungen zusammen, denn mit ökologischen Überlegungen.

Dass dadurch ebenso häufig andere Ökosysteme geschädigt werden, ist mittlerweile allgemein bekannt, wie etwa Steigerung der Nahrungsmittelproduktion die Umwandlung von Waldgebieten in Ackerland bedingt.

MEA soll nun herausfinden, was bisher noch niemand versucht hat, wie Walter Reid, ehemaliger Zoologe des World Resources Institute, nunmehr einer der verantwortlichen Direktoren des MEA ausführt.
->   World Resources Institute
Kompletter Check, statt Einzelfallanalysen
"Nicht länger geht es um ein einzelnes ökologisches Problem, wie zum Beispiel die Klimaveränderung, sondern um einen kompletten Gesundheitscheck des Planeten", so Reid.

Leider gäbe es bislang keine Daten darüber, wie alle diese unterschiedlichen und konfliktreichen Interessen in ihrer Gesamtheit zusammen spielen und sich global auswirken.

Das soll nun geschehen, denn wie der Ökologe Herold Mooney von der Stanford University in California, ebenfalls verantwortlicher Direktor des Projekts betont: "Der gegenseitige Einfluss und die Wechselwirkungen sind der entscheidende Punkt."
Lückenhafte Daten...
Zuvor müssen jedoch einige Probleme bewältigt werden. Zum einen sind die zur Verfügung stehenden Daten bezüglich der Ökosysteme lückenhaft.

Zum anderen sind Erklärungsmodelle über den Einfluss menschlicher Handlungen und Tätigkeiten auf den Wasserkreislauf, die Biochemie und Biodiversität noch nicht genug ausgereift, um verlässliche Prognosen treffen zu können.
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MEA errichtet Sekretariat in Malaysien
Ein erster Schritt zur Lösung des Datenproblems wurde mit der Errichtung des MEA-Sekretariats im World Fish Center in Penang, Malaysien (ICLARM) im Jänner 2002 gesetzt. Damit erhält die MEA nun Zugang zu bestehenden Daten über Ökosysteme, aber auch Faktoren wie die Nahrungsmittelproduktion Trinkwasseraufbereitung oder Einnahmen aus der Tourismusbranche.
->   World Fish Center
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... und politische Grenzen
Und schließlich stellt sich die Frage, inwieweit Wissenschaft und Politik von einander getrennt werden können. Das MEA-Projekt sieht zwar vor, Empfehlungen hinsichtlich politischer Optionen zu verfassen, möchte aber unbedingt verhindern, dass der Eindruck entsteht, bestimmte Optionen könnten favorisiert werden.

Ein Unterfangen, das wohl mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte. Denn ohne eine weitgehende Einbindung der nationalen Regierungen wie auch wirtschaftlicher Interessensverbänden bleiben anstehende politische Entscheidungen und global wirkende Maßnahmen eine Illusion.
->   Millennium Ecosystem Assessment
->   Mehr zu den gobalen Ökosystemen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010