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Stammzellforschung: Nun muss Politik entscheiden  
  Nach der - kontroversiellen - Empfehlung der Bioethik-Kommission über die Förderung von Forschungen an embryonalen Stammzellen durch die EU liegt nun die Entscheidung bei der Politik.  
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer wird die noch zu findende österreichische Position beim EU-Forschungsministerrat vertreten. Eine Entscheidung über das fragliche 6. Rahmenprogramm der EU muss noch heuer fallen.
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Stammzellforschung - Ja der Bioethik-Kommission
Die Bioethik-Kommission des Bundeskanzleramtes hat am vergangenen Mittwoch über die österreichische Haltung zur Finanzierung von Forschung mit embryonalen Stammzellen beraten. Mit elf zu acht Stimmen sprach sich die Mehrheit für die Förderung aus. Nach mehreren Diskussionsrunden wurde ein endgültiges Papier abgegeben - das in diesem strittigen Punkt erstmals keine Konsenslösung bietet.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Warnung vor übertriebener Hoffnung
In der Empfehlung der Bioethik-Kommission stellen die Experten klar, dass die Stammzellenforschung generell "ungeachtet von vorliegenden und vielversprechenden Ergebnissen" noch ganz am Anfang stehe. Vor "übertriebenen oder voreiligen Heilserwartungen" wird ausdrücklich gewarnt.
Import in Österreich nicht verboten
Die Kommission stellt auch klar, dass zwar die Herstellung von embryonalen Stammzelllinien, nicht jedoch der Import solcher Zellen in Österreich nach der derzeitigen gesetzlichen Lage verboten ist.

Eine Forschung wäre somit eigentlich statthaft, eine entsprechende Forschungsförderung durch die EU stieße daher nicht auf ein ausdrückliches nationales Verbot.
Unklarer Status des Embryos
Die Experten halten weiters fest, dass die kontroversielle Situation bezüglich Forschungen an embryonalen Stammzellen nicht zuletzt mit dem unklaren Status des Embryos zusammenhängt.

Ab welchem Zeitpunkt einem Embryo der Status der Person mit Menschenwürde und Lebensrecht zukommt, wird durchwegs unterschiedlich beurteilt.
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Einigkeit bei adulten Stammzellen und Klonen
In der Empfehlung der Bioethik-Kommission wird ausdrücklich begrüßt, dass laut einer Entscheidung des Rates der EU die Forschung an adulten (von Erwachsenen entnommenen, Anm.) Stammzellen gefördert werden soll.

Auch die Entscheidung des Europäischen Parlements, wonach reproduktives Klonen, die Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken sowie die Veränderung des menschlichen Erbmaterials aus der Forschungsförderung der EU ausgenommen bleiben sollen, wird einhellig unterstützt.
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Zwei Antworten auf die entscheidende Frage
Damit enden die einstimmigen Empfehlung der Kommission, für die entscheidende Frage - soll Österreich einer Forschungsförderung durch die EU an embryonalen Stammzellen zustimmen - gibt es zwei verschiedene Texte.

Ein Teil der Bioethik-Komission - darunter der Kommissionsvorsitzende Johannes Huber von der Universität Wien - spricht sich für eine Unterstützung einer solchen Forschungsförderung aus.
Befürworter fordern Auflagen
Von den Befürwortern wurden einige Auflagen gefordert. So muss es sich um hochrangige, von internationalen Experten vorab geprüfte Forschung handeln, die zu erwartenden Ergebnisse dürfen nicht mit anderen Methoden erreicht werden können.

Zur Forschung sollten nur Stammzelllinien verwendet werden, die vor einem bestimmten Stichtag erzeugt wurden, damit soll verhindert werden, dass weitere Embryonen zerstört werden müssen.

Auch sollten nur solche Zelllinien zugelassen werden, die aus überzähligen, bei der künstlichen Befruchtung anfallenden, Embryonen stammen, die nicht mehr implantiert hätten werden können. Die Forschungsvorhaben sollten von der unabhängigen, interdisziplinär zusammengesetzten Kommission beurteilt werden.
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Die Befürworter der Stammzellforschung
Johannes Huber (Gynäkologe, Uni Wien), Karl Acham (Soziologe, Uni Graz), Christian Kopetzki (Jurist, Uni Wien), Ulrich Körtner (Theologe, Uni Wien), Heinz Ludwig (Mediziner, Wilhelminenspital), Barbara Maier (Gynäkologin, LKH Salzburg), Christine Mannhalter (Molekularbiologin, AKH Wien), Heinrich Scherfler (Biochemie Kundl), Renee Schroeder (Mikrobiologe, Bio Center Wien), Ina Wagner (Gestaltungs- und Wirkungsforschung, TU Wien) sowie Kurt Zatloukal (Pathologe, Uni Graz).
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Gegner befürchten weitere Zerstörung von Embryonen
Im Gegensatz dazu unterzeichneten die anderen acht Mitglieder der Bioethik-Kommission einen ablehnenden Text zur Förderung
von embryonaler Stammzellforschung durch die EU.

"Mit großer Wahrscheinlichkeit können die existierenden humanen embryonalen Stammzelllinien nicht dauerhaft, d.h. unter Beibehaltung ihrer fundamentalen Eigenschaften gezüchtet werden", so der Text.

So bestehe die Gefahr, dass Forderungen nach neuerlicher Herstellung solcher Zellen und damit nach der Zerstörung von Embyonen erhoben werden.
Kritik an geforderten Auflagen
Die Unterzeichner des ablehenden Passus kritisieren auch die von den Befürwortern erhobenen Forderungen. So rechtfertige die "Hochrangigkeit" eines Forschungsvorhabens keine Zerstörung von Embryonen.

Die geforderte Alternativlosigkeit bedeute keine Einschränkung von dieser Art der Forschung, da jede methodisch einwandfreie Forschung, die auf Unterschiede zwischen humanen adulten und embryonalen Stammzellen abziele, "von vornherein alternativlos" sei.

Die Pflicht zur Transparenz, speziell die Veröffentlichung von einschlägigen Forschungen erachten die Unterzeichner als schwer durchsetzbar.
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Die Gegner der Stammzellforschung
Günther Pöltner (Philosoph, Uni Wien), Holger Baumgartner (Pharmakologe, Uni Innsbruck), Richard Greil (Internist, Uni Innsbruck), Hartmann Hinterhuber (Psychiater, Uni Innsbruck), Josef Isensee (Jurist, Uni Bonn), Gerhard Luf (Jurist, Uni Wien), Meinrad Peterlik (Pathologe, AKH Wien) und Güntern Virt (Moraltheologe, Uni Wien)
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Brinek begrüßt mehrheitliche Pro-Entscheidung
ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek begrüßte in einer Aussendung die mehrheitliche Pro-Entscheidung der Kommission und verwies vor allem auf die zu erwartenden neuen Erkenntnisse gegen bisher unheilbare Defekte.

Dass für die Arbeit mit embryonalen Stammzellen nur bestehende Zelllinien eingesetzt werden sollen, sei "eine gute Eingschräkung", so Brinek.
->   Homepage der Bioethik-Kommission
->   Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010