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Schlaganfall: 50 Prozent der Fälle wären vermeidbar  
  Der Schlaganfall ist in Österreich die dritthäufigste Todesursache nach Herzinfarkt und Krebs. Experten schätzen, dass in Europa in den nächsten zehn Jahren rund zehn Millionen Menschen einen Schlaganfall erleiden werden. Durch rechtzeitige Erkennung und Behandlung der Risikofaktoren könnten jedoch 50 Prozent aller Schlaganfälle verhindert werden.  
"Der wichtigste Risikofaktor für Schlaganfall ist nach wie vor die Hypertonie (Bluthochdruck, Anm.). Unter günstigsten Umständen könnten 42 Prozent der Schlaganfälle bei gut eingestellter Hypertonie verhindert werden", sagt Wilfried Lang von der Universitätsklinik für Neurologie am Wiener AKH im Gespräch mit science.ORF.at.

"Die Anzahl der Fälle ist zwar nicht rückläufig, allerdings konnte die Behandlung verbessert werden und so sinken Sterblichkeit, die Zahl der Zweitinfarkte und die der Behinderungen", erklärt der Neurologe.
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Der Schlaganfall
Beim Schlaganfall handelt es sich in der Mehrheit der Fälle (85 - 90 Prozent) um eine akute regionale Durchblutungsstörung eines bestimmten Gehirnareals oder - seltener - um eine Gehirnblutung (zehn - 15 Prozent). Die wichtigsten Ursachen für eine mangelnde Gehirndurchblutung sind Verengungen von Gehirnarterien durch Verkalkung (Arteriosklerose), oder Verschlüsse derselben durch ein Blutgerinnsel.

Häufige Spätfolgen sind Lähmungen der Gliedmaßen und der Gesichtsmuskulatur, Störungen des Gedächtnisses oder der intellektuellen Fähigkeiten, Sehstörungen, Wahrnehmungsstörungen, bis hin zum Bewusstseinsverlust. Im schlimmsten Fall führt der Schlaganfall zum Tode.
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Die beste Behandlung ist die Vorbeugung
Auch wenn der größte Teil der Schlaganfallpatienten in der Altersgruppe zwischen 76 und 85 zu finden ist - rund jeder fünfte Patient im berufsfähigen Alter ist davon betroffen.

Dies hängt mit den Risikofaktoren des Schlaganfalles zusammen, die auch in den jüngeren Bevölkerungsgruppen immer stärker vertreten sind. Die Früherkennung und Behandlung dieser Risikofaktoren könnten 50 Prozent aller Schlaganfälle verhindern.
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Die wichtigsten Risikofaktoren eines Schlaganfalls
- Bluthochdruck
- Diabetes
- ein bereits vorausgegangener Schlaganfall
- Schlaganfall in der Familie
- Herzerkrankungen (wie Herzrhythmusstörungen)
- transiente ischämische Attacken (TIA's)
- Übergewicht
- Rauchen
- übermäßiger Alkoholgenuss
- Einnahme der Pille zur Schwangerschaftsverhütung
- gestörte Fließeigenschaften des Blutes
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Änderung des Lebensstils kann das Risiko senken
Der Vorstand der neurologischen Abteilung der Landesnervenklinik Salzburg, Gunther Ladurner bietet an seiner Klinik schon seit Jahren eine Schlaganfall-Vorsorgeuntersuchung an.

"Wir arbeiten auch mit großen Unternehmen zusammen und bieten ihnen für ihre Belegschaft unsere Vorsorgeuntersuchungen an", meint Ladurner. So liefen in den letzten Jahren rund 20.000 Personen durch das Vorsorgeprogramm.
Anamnese bis Sonografie
"Bei der Untersuchung wird eine genaue Anamnese gemacht, Laborwerte erhoben, ein EKG geschrieben, Blutdruck gemessen und eine Sonografie der Halsschlagader durchgeführt", erklärt Ladurner. Je nach Ergebnis wird dem Betroffenen zu einer Lebensstiländerung oder Medikamenteneinnahme geraten.
Prophylaxe in der Praxis
Viele der Risikofaktoren des Schlaganfalles können durch eine Lebensstiländerung, etwa die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten, erheblich gesenkt werden. Einige der Risikofaktoren wie z. B. Herzrhythmusstörungen oder Diabetes müssen allerdings medikamentös behandelt werden.
Thrombozyten-Aggregationshemmer
So genannte Thrombozyten-aggregationshemmende Medikamente verhindern das Verkleben der Blutplättchen und so die Bildung von Thrombosen. Eines diese Medikamente ist die Acetylsalicylsäure (ASS), besser bekannt als Aspirin.

In den letzten Jahren wurde vermehrt dazu übergegangen, ASS zur Vorbeugung des Schlaganfalls zu verschreiben. Allerdings muss der Arzt die jeweils sinnvolle Dosierung und Behandlungsweise festlegen, da Aspirin auch sehr unangenehme Nebenwirkungen, wie z.B. Magenblutungen, haben kann.
Chirurgische Vorbeugung
Patienten, bei denen die Halsschlagader durch Arteriosklerose stark verengt ist, sind sehr gefährdet, einen Schlaganfall zu erleiden. Es besteht die Möglichkeit diese Engstelle entweder aufzudehnen oder durch eine Operation, bei der die Kalkablagerungen entfernt werden, wieder freizulegen.

Nach einem bereits erfolgten Schlaganfall dienen chirurgische Eingriffe an den hirnversorgenden Arterien vor allem der Verhinderung von neuerlichen ischämischen Attacken durch Embolien oder Thrombosen.
Vorboten des Schlaganfalls
In vielen Fällen kündigt sich ein Schlaganfall schon lange zuvor durch charakteristische Symptome an. Da diese jedoch zumeist innerhalb weniger Sekunden bis Minuten wieder verschwinden, werden sie oft gar nicht wahrgenommen oder in ihrer Bedeutung unterschätzt.

Der neurologische Fachausdruck dafür lautet "transitorische ischämische Attacke" (abgekürzt: TIA), dies bedeutet "vorübergehende Mangeldurchblutung".
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TIA: Typische Symptome
TIAs bereiten meist keine Schmerzen und laufen daher "still" ab. Die Symptome reichen vom plötzlichen Sehverlust, über das plötzliche Auftreten einer "verwaschenen" Sprache, einer Schwäche oder Taubheit in Armen oder Beinen bis zu Kraftlosigkeit in den Händen, hängenden Mundwinkeln und Drehschwindeln.
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Ein Rennen mit der Zeit
Da abgestorbene Hirnzellen nicht in der Lage sind, sich zu regenerieren, zielt die Schlaganfallbehandlung darauf ab, das Ausmaß der Hirnschädigung zu begrenzen und einen neuerlichen Schlaganfall zu verhindern.

Bei erfolgtem Schlaganfall sollte die Behandlung am besten sofort nach Einsetzen der ersten Symptome, auf jeden Fall aber innerhalb von sechs Stunden einsetzen. Dann besteht noch die Chance, die gröbsten Folgeschäden abzuwenden.

Walter Gerischer-Landrock, Christoph Leprich, Ö1-Radiodoktor
Mehr zum Thema Schlaganfall erfahren Sie heute ab 14.05 in der Sendung "Radiodoktor" auf Ö1.
->   Ö1
->   Dachverband der Schlaganfallselbsthilfegruppen Österreichs
->   Österreichische Gesellschaft für Schlaganfall-Forschung
 
 
 
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01.01.2010