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Wie der Flieder nach Mitteleuropa kam  
  Der Flieder gehört hierzulande zu Pfingsten wie Eier zu Ostern. Doch ist dies erst eine Entwicklung der vergangenen Jahrhunderte. Ursprünglich blühte der wilde Flieder nur auf dem Balkan und wurde erst im 16. Jahrhundert durch die osmanischen Eroberungen in Mitteleuropa kultiviert. Die Ausbreitung des Flieders lässt sich auch sprachhistorisch zurück verfolgen, wie ein deutscher Forscher nun nachweist.  
Hans-Walter Lack vom Botanischen Garten der Freien Universität Berlin ist den sprachlichen Wurzeln des Flieder nachgegangen.
Erste Abbildung aus dem 16. Jahrhundert
Die erste erhaltene Abbildung von blühendem Flieder stammt aus dem Istanbul des 16. Jahrhunderts. Ein Botschafter von Ferdinand I., dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, hielt sich damals in Begleitung eines Arztes und eines Zeichners in Istanbul auf.

Von dem Zeichner stammt diese erste Abbildung, die sich heute im Wiener Privatbesitz befindet. Die Zeichnung gelangte von Istanbul nach Prag und diente als Vorlage für einen Holzschnitt, der 1565 in Venedig veröffentlicht wurde.
Drei Sprachwurzeln bei den Osmanen
Auch sprachhistorisch lässt sich nachweisen, dass die Osmanen den Flieder verbreiteten: So ist die Bezeichnung für Flieder dort auf drei Wurzeln zurückzuführen. Der Name "leylac" weist auf türkisch-arabische Wurzeln, "argovan" auf den persischen Ursprung hin.

Der Terminus "paschalia" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Osterpflanze", da der Flieder während des griechisch-orthodoxen Osterfestes blüht.
Politische Grenze entspricht Sprachgrenze
Im Bulgarischen, Serbischen, Albanischen, Kroatischen, Ungarischen und Slowakischen finden sich die türkisch-arabischen und die persischen Wurzeln wieder. Andere europäische Sprachen nennen den Flieder anders, wie im Deutschen, Tschechischen und das Slowenischen zu beobachten ist.

Die Sprachgrenze ist dabei identisch mit der politischen Grenze zwischen dem osmanischen und dem Heiligen Römischen Reich vor rund 350 Jahren. Damals umfasste das osmanische Reich einen Großteil des heutigen Ungarn, der Slowakei und Kroatiens, sowie Serbien, Bulgarien und Rumänien. Der in dieser Zeit verbreitete Flieder bekam deshalb einen osmanischen Namen.
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Flieder
Flieder (Syringa) gehört zur Gattung der Ölbaumgewächse mit etwa 20 Arten in Südosteuropa und Asien (insbesondere Mittel- und Nordchina). Sommergrüne Sträucher oder kleine Bäume mit gegenständigen, meist ungeteilten, ganzrandigen Blättern und meist stark duftenden, weißen, roten oder violetten Blüten überwiegen. Die bekannteste Art ist der aus Südosteuropa stammende, bis zehn Meter hohe Gemeine Flieder (Syringa vulgaris) mit herzförmigen Blättern und zehn bis 20 Zentimeter langen, lilafarbenen Blütenständen. Die im Frühjahr blühenden, stark duftenden Sträucher sind weit verbreitet. Weitere Ziersträucher sind u.a.: der Herbstflieder (Syringa microphylla), der Bogenflieder (Syringa reflexa) und der Japanische Flieder (Syringa reticulata).
->   Mehr über Flieder
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Sprachliche Differenzen
Bei zwei Sprachpaaren, nämlich dem Slowenisch und Kroatischen sowie dem Slowakisch und Tschechischen, wird das Wort Flieder deutlich voneinander getrennt: "spanski bezeg" heißt Flieder im Slowenischen, "argovan" im Kroatischen - "orgovan" im Slowakischen, "secik" im Tschechischen.

Die slowenische Bezeichnung ist interessant, weil die wörtliche Übersetzung "spanischer Holunder" lautet. Dieser deutsche Name ist um 1600 in Wien dokumentiert. Die Slowenen entlehnen also ein Wort aus dem Deutschen, während die Kroaten ein persisches Wort übernehmen.
->   Botanischer Garten, FU Berlin
->   Freie Universität Berlin
 
 
 
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01.01.2010