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Pflanzenschutzmittelgesetz im Ministerrat beschlossen  
  Die Neuregelung zum Pflanzenschutzmittelgesetz wurde am Dienstag - zusammen mit weiteren Modernisierungen des Agrarrechtes - im Ministerrat beschlossen. Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (ÖVP) will mit der Gesetzesnovelle den österreichischen Markt liberalisieren und die Zulassung für Pflanzenschutzmittel aus EU-Mitgliedsländern beschleunigen. Kritiker sehen die Neuregelung allerdings als Bedrohung der Lebensmittelsicherheit in Österreich.  
Das Gesetz stelle sicher, dass die hohen österreichischen Standards aufrecht erhalten blieben. Gleichzeitig werde es aber möglich, Pflanzenschutzmitteln aus Deutschland, wo es vergleichbare Standards gebe, zu importieren, verteidigte Molterer heute die Gesetzesnovelle vor dem Ministerrat.

Kritiker dagegen sehen in der Novelle eine Bedrohung der Umweltstandards und Lebensmittelsicherheit in Österreich. Pflanzenschutzmittel, die auf den österreichischen Markt kommen, wurden bisher einer strengen behördlichen Zulassungsprüfung unterzogen.
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Entwurf des Agrarrechtsänderungsgesetzes beschlossen
Der Ministerrat hat am Dienstag - laut einer Aussendung des Landwirtschaftsministeriums - den "Entwurf des Agrarrechtsänderungsgesetzes" beschlossen, in dem die Novelle zum Pflanzenschutzmittelgesetz enthalten ist. Betroffen seien unter anderem auch das Futtermittelgesetz, das Weingesetz, das Forstliche Vermehrungsgesetz, das Düngemittelgesetz sowie das Saatgutgesetz.
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Keine zusätzlichen Prüfung mehr
Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf sollen nun sämtliche Pflanzenschutzmittel, die in einem EU-Mitgliedsland zugelassen sind, ohne größere Prüfung nach zwei Jahren auch in Österreich zugelassen werden. Die Regelung gilt allerdings laut Molterer nur für jene Länder, mit denen Österreich eine bilaterale Vereinbarung hat.
Vorerst nur aus Deutschland
Vorerst könnten daher nur Pflanzenschutzmittel aus Deutschland nach Österreich eingeführt werden, so Molterer vor dem Ministerrat. Wenn man Mittel aus anderen EU-Ländern nach Österreich bringen wolle, müsse zuvor mit dem Gesundheitsministerium das Einvernehmen hergestellt werden. Das sei per Verordnung festgelegt und gewährleiste die Sicherheit.
Opposition reagiert mit heftiger Kritik
Von "einem völlig falschen Signal" sprach dagegen schon vor der heutigen Sitzung des Ministerrats der grüne Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber und warf Landwirtschaftsminister Molterer "Qualitätsdumping" bei der Pestizidzulassung vor.

Auch die SPÖ erklärte sich am Dienstag in einer Aussendung "entschieden gegen das neue Pflanzenschutzmittelgesetz". Der SPÖ-Agrarsprecher Heinz Gradwohl sieht demnach eine "große Gefahr für das heimische Konsumentenschutzniveau". Leidtragend seien dadurch sowohl die Qualität der Lebensmittel, als auch in Folge die Gesundheit der Bevölkerung.
Industrie: "Gefahr für Sicherheit"
Längst aus dem Verkehr gezogene Pflanzenschutzmittel könnten dann aus dem EU-Raum uneingeschränkt nach Österreich importiert werden, hatte zuvor auch der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs kritisiert.

Helmut Deimel, Vorsitzender der Industriegruppe Pflanzenschutz, sieht darin eine Gefährdung der Lebensmittelsicherheit und eine Aufweichung des Konsumentenschutzes.
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Problemfall Weinbau
Die österreichischen Bauern würden durch die geplante Gesetzesnovelle Gefahr laufen, Pflanzenschutzmittel zu spritzen, die nicht auf die speziellen Erfordernisse der heimischen Landwirtschaft abgestimmt sind, meinte Deimel. So seien zukünftig schädliche Überdosierungen nicht auszuschließen.

Als Beispiel führte der Industrievertreter den Weinbau an, der in Österreich anders durchgeführt werde als etwa in Deutschland. In Österreich stehen nur halb so viele Rebstöcke auf der gleichen Flächeneinheit. Daher seien hier nur 50 Prozent der Pflanzschutzmitteldosierung zugelassen.
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Ministerium: Markt ankurbeln
Die Kritik des Fachverbandes der chemischen Industrie wies Minister Molterer heute zurück. Man müsse sich fragen, welche Motive dieser für seine Vorwürfe habe, erklärte der Minister, "vielleicht stecken hier wirtschaftliche Interessen dahinter".

Noch gibt es keine einheitlichen EU-weiten Zulassungsvorschriften für Pflanzenschutzmittel. Die Hersteller hätten es deshalb bisher vermieden, umweltfreundliche aber in der Herstellung teure Spritzmittel für den kleinen österreichischen Markt anzubieten, argumentierte man zuvor im Landwirtschaftsministerium.

Mit dem neuen Gesetz möchte Minister Molterer nun den europäischen Binnenmarkt für Pflanzenschutzmittel ankurbeln. Mit der Neuregelung setze man einen Zwischenschritt zur Erreichung des europäischen Binnenmarktes, so Molterer heute im Ministerrat. Der Binnenmarkt bestehe derzeit nämlich nur für Produkte, nicht aber für Produktionsmittel.
Deimel: Ausreichend Präparate vorhanden
Dieser Argumentation können sich die österreichischen Pflanzenschutz-Hersteller nicht anschließen. Über 200 ökologische Präparate seien in den letzten vier Jahren entwickelt worden, die den österreichischen Bauern trotz höherer Mehrwertssteuer keinen Euro mehr kosten, sagte Helmut Deimel im Vorfeld.
EU-Vorreiter Österreich?
Die vorliegende Gesetzesnovelle sei lediglich eine "Einbahnstraße" zum Schaden der österreichischen Konsumenten und Wirtschaft, befürchtet die Industrie.

Damit könnten nur Produkte aus der EU nach Österreich kommen, aber österreichische Unternehmen hätten im Gegenzug nicht die Möglichkeit, Pflanzenschutzmittel in andere Länder ohne Zulassung zu bringen. Kein anderes EU-Land erlaube die Verbreitung von Pflanzenschutzmitteln ohne vorherige Zulassung, betonte Deimel.
->   Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
->   Industriegruppe Pflanzenschutz
 
 
 
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01.01.2010