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Stress und Akne: Gemeinsame Wurzeln  
  Menschen, die unter Stress leiden, "fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut". Hinter dem Sprichwort liegt ein bekanntes Phänomen: Wer unter Stress steht, bekommt leicht unreine Haut oder Akne - was den Stress wiederum oft verstärkt. Deutsche Forscher haben nun möglicherweise das Bindeglied zwischen dem Stress und der Hautreaktion entdeckt - bei dem Hormon "CRH" handelt es sich um einen "guten alten Bekannten" der Stressforschung.  
CRH - das Stresshormon
Es ist das als Stresshormon bezeichnete CRH (Corticotropin-releasing hormone), das das lang gesuchte missing link sein könnte. Bisher galt es als Regulator des Stresshaushaltes im Körper - eine direkte Auswirkung auf die Haut war nicht bekannt.

Ein Forscherteam um den Dermatologen Christos Zouboulis von der Freien Universität Berlin (FU) fand CRH und CRH-Rezeptoren nun in kultivierten Zellen der Talgdrüse.

Was mittelfristig zu neuen Behandlungsmethoden von Akne bis Haarausfall führen könnte, wurde in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht.
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Original-Abstract in den PNAS: "Corticotropin-releasing hormone: An autocrine hormone that promotes lipogenesis in human sebocytes"
->   Der Abstract
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Mehr Lipide und Testosteron
Das Forscherteam kultivierte Talgdrüsenzellen im Labor - und zwar schon seit 1989, wie Zouboulis im science.ORF.at-Interview erzählte. Dann untersuchten sie die Auswirkungen, die das Stresshormon CRH auf diese so genannten Sebocyten ausübten.

Das Ergebnis: CRH wird in den Drüsenzellen gebildet und wirkt als Hormon auch direkt wieder auf sie ein. Es regt die Produktion von Lipiden und Testosteron an, die wiederum für die Produktion von Hautfetten entscheidend sind - und damit auch für Akne.
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Akne
Akne entsteht durch die Entzündung kleiner Talgdrüsen, welche die feinen Haare im Gesicht und am Oberkörper umgeben. Sie ist eine hormonbedingte, insbesondere von den männlichen Geschlechtshormonen (Androgenen) abhängige Erkrankung und tritt gehäuft auf, wenn sich die Hormonwerte im Körper verändern- etwa in der Pubertät, während des weiblichen Zyklus und in der Schwangerschaft.

Die Talgdrüsen werden dadurch zur vermehrten Produktion von Hautfett angeregt, was zu einer Verengung der Ausführungsgänge der Talgdrüsen führt. Das Hautfett lässt sich dann nur schwierig ausscheiden und staut sich. Von außen sieht man weiße Knötchen - zum Teil auch mit zentralen schwarzen Pünktchen (Mitesser). Entzünden sich diese Knötchen, so entsteht der typische Pickel mit Eiterpfropf.
->   Mehr über Akne (Medicine Worldwide)
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Autokrine Hormonwirkung
Der Mechanismus des CRH - seine Produktion in den Talgdrüsenzellen und zugleich seine Einwirkung auf die Zellen - wird als "autokrine Hormonwirkung" bezeichnet. Diese, so Zouboulis gegenüber science.ORF.at, bedürfe aber einer Regulation von außen.

Bei den Regulationssubstanzen handle es sich um das so genannte Wachstumshormon (GH) und das Geschlechtshormon Testosteron.
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Corticotropin-releasing hormone (CRH)
CRH ist ein regulatorisches Hormon, das die Ausschüttung von ACTH (Kortikotropin) fördert. In verschiedenen Stresssituationen wird es im Hypothalamus gebildet, dem für das Hormonsystem wichtigsten Regulations- und Steuerzentrum im Zwischenhirn, und gelangt über Blutgefäße in den Drüsenteil der Hypophyse, den Hypophysenvorderlappen.

Das in diesem untergeordneten Steuerzentrum freigesetzte ACTH erreicht über den Blutkreislauf seine Zielorte, u.a. die Nebennierenrinde, wo es die Ausschüttung von Glukokortikoiden wie Kortisol stimuliert.
->   Mehr über CRH und Stress
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Doppelfunktion des CRH
Dass das Stresshormon diese Doppelfunktion einnehmen könnte - einerseits als Regulator der physiologischen Reaktionen auf Stress, andererseits als jener für die Haut - ist das eigentlich Überraschende der Studien. Die Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Systemen könnten im CRH ihre gemeinsame Wurzel haben.

"Ich fange nun selbst an, daran zu glauben", so der anfangs skeptische Dermatologe Zouboulis gegenüber science.ORF.at.
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Die Talgdrüse
Talgdrüsen sind winzige exokrine Drüsen, die sich in einen Haarkanal öffnen. Der Inhalt einer Talgdrüse ist ein komplexes Gemisch aus Fettkörpern, die sich auf der Haut mit Schweiß vermischen und einen sehr dünnen Film aus Lipiden und Wasser bilden. Dieser Film, durch den sich die Haut etwas fettig anfühlt, spielt eine wichtige Rolle, denn er bewirkt die richtige Befeuchtung der Hautoberfläche, der Hornschicht.

Die Talgdrüsen werden von Sexualhormonen gesteuert und werden erst in der Pubertät aktiv. Die männlichen Sexualhormone (Androgene) spielen eine wesentliche Rolle bei der Talgproduktion, währen die Östrogene (weiblichen Sexualhormone) einen hemmenden Einfluss haben.
->   Mehr über die Talgdrüse
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Forschung am Menschen als nächster Schritt
Der nächste Schritt geht nun vom Labor hin zum "menschlichen Objekt". "Befinden sich die CRH-Rezeptoren auch auf der menschlichen Haut?" Wenn ja, könnten sich daraus eine Menge neuer Therapieansätze für den "Stress der Haut" ergeben.

Die möglichen Anwendungsgebiete reichen laut Zouboulis von Akne über Haarausfall, der Schuppenflechte bis zur "normalen" Hautalterung.
->   Klinik für Dermatologie, FU Berlin
->   Aknetherapie
 
 
 
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01.01.2010