News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Europäisches Großprojekt zur Neutronen-Forschung  
  Das Rennen um eine der weltweit wichtigsten Forschungsanlagen der Zukunft hat begonnen. Bewerber aus mehreren europäischen Ländern wollen mit der "European Spallation Source" (ESS) die leistungsfähigste Anlage der Erde zur Gewinnung von Neutronen errichten - und die europäische Spitzenposition in der Neutronenforschung sichern.  
Denn weltweit gewinnt dieses Forschungsfeld immer mehr an Bedeutung - auf so unterschiedlichen Feldern wie dem Automobil- und Flugzeugbau, der Computer- und Biotechnologie sowie der Pharmaindustrie. Vergangene Woche stand die ESS im Mittelpunkt einer Neutronenforschungskonferenz, an der sich rund 800 Wissenschaftler, Politiker und Unternehmer beteiligten.
Heiß begehrte Teilchen
Wegen ihrer besonderen Eigenschaften sind Neutronen, elektrisch neutrale Atomkern-Bausteine, zur Durchleuchtung von Proben in der Materialforschung sowie in Physik, Chemie, Biologie und Medizin heiß begehrt.

Sie geben den Forschern wichtige Informationen über den atomaren Aufbau und andere Stoffeigenschaften und damit auch zur Entwicklung neuer Materialien.
...
Neutronen und ihre Anwendung
Als ungeladene Teilchen sind Neutronen - ähnlich wie Röntgenstrahlen - für die Untersuchung der Struktur von Materie besonders geeignet. Neutronenstrahlen werden unter anderem zur Erforschung von Festkörpern, Flüssigkeiten und biologischen Strukturen eingesetzt.

Mit Hilfe von Neutronen und den entsprechenden Experimentiereinrichtungen kann eine Vielzahl an Forschungsarbeiten durchgeführt werden, die Aufschluss über Struktur und Gefüge etwa von Metallen, Legierungen, Halbleitern, Kunststoffen, Flüssigkeiten sowie über die Bewegung von Atomen oder Molekülen in diesen Stoffen geben. Darüber hinaus können auch Informationen über Struktur und Dynamik von Molekülen in biologischen Systemen gewonnen werden.
...
Gefahrloser als Kernreaktion
Erzeugt werden die Teilchen entweder in Kernreaktoren oder in so genannten Spallationsanlagen, von denen bislang weltweit fünf existieren.

In Japan und den USA sind neue, besonders leistungsfähige Spallationsquellen bereits in Bau - nun wollen auch die Europäer "nachziehen" und ihre bisherige Spitzenstellung in diesem Forschungsbereich sichern.
Wie funktioniert eine Spallationsanlage?
In Spallationsanlagen werden die Neutronen nicht durch Kernspaltung gewonnen, sondern durch eine Art "Abdampfen" - ein Verfahren, das weitaus effizienter und gefahrloser sein soll als die herkömmliche Kernspaltung in Atomreaktoren.

Mit fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Kernen von Wasserstoff-Atomen (Protonen) wird ein Metall-Ziel ("Target") beschossen und damit dessen Atomkerne energetisch aufgeheizt.

Um abzukühlen, "dampfen" die Atomkerne Neutronen ab. Mit einer Leistung von je fünf Megawatt an zwei Target-Stationen soll die ESS die im Bau befindlichen Neutronenquellen in Japan und den USA um das Zehnfache übertreffen und die Führungsposition Europas in der Neutronenforschung sichern.
AUSTRON: Keine Konkurrenz?
Die Entwicklung der ESS wird auch von Österreich mit großem Interesse verfolgt, gibt es doch mit dem Projekt AUSTRON auch hierzulande den Plan, eine internationale Neutronenquelle zu errichten.

Die ESS sieht man allerdings nicht als Konkurrenzprojekt zu AUSTRON. Im Bildungsministerium, wo die Aktivitäten für AUSTRON koordiniert werden, verweist man auf den Größenunterschied zwischen den beiden Projekten.

Als gesamteuropäische Einrichtung sei die ESS etwa zehn Mal größer geplant als AUSTRON, das als regionale Anlage vor allem eine Beteiligung der österreichischen Nachbarländer vorsieht, erklärte der Leiter der Forschungssektion im Bildungsministerium, Raoul Kneucker.
...
AUSTRON: Neutronen für die Forschung
Seit fast zehn Jahren ist das österreichische Projekt AUSTRON mittlerweile in Planung. Rund 70 Meter soll der Durchmesser des annähernd kreisförmigen Beschleunigers der so genannten Neutronen-Spallationsanlage AUSTRON nach dem derzeitigen Stand betragen.

Damit ist er etwa gegen die Einrichtung am Europäischen Forschungszentrum CERN mit 27 Kilometern Durchmesser ein Zwerg, allerdings werden in Genf auch andere
Fragestellungen etwa der Teilchenphysik behandelt. Der AUSTRON-Beschleuniger ist dagegen ausschließlich dafür gedacht, Neutronen zu erzeugen.
->   Mehr zu AUSTRON in science.ORF.at
...
ESS: Das Rennen hat begonnen ...
Um den Standort für die ESS, deren Investitionsvolumen auf 1,5 Milliarden Euro beziffert wird, bewerben sich - im Augenblick - Deutschland, England, Schweden, Norwegen und Dänemark.

Nach Angaben Peter Tindemans, Leiter des europäischen Neutronen-Konsortiums, ist der Wettbewerb aber noch völlig offen für weitere Bewerber. Ende 2003 soll schließlich - auf europäischer Ebene - der Sieger ausgerufen werden.
->   ESS-Homepage
->   SZ: Wettlauf zur Neutronenquelle
->   AUSTRON
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010