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Mental Ermüdete gehen über auf Selbststeuerung  
  Psychisch ermüdete Versuchspersonen suchen weniger systematisch nach Lösungen als fitte Kollegen, so das Ergebnis einer niederländischen Studie. Demnach schalten geistig erschöpfte Personen auf eine Art geistigen Auto-Pilot um - auch wenn dies immer zu denselben Fehlern führt.  
Psychologen der Universität von Amsterdam haben untersucht, wie zielstrebig sich geistig ermüdete Personen verhalten. Die Wissenschaftler unterwarfen für ihre von der Niederländischen Organisation für wissenschaftliche Forschung (NWO) geförderte Studie eine Gruppe von Versuchspersonen verschiedenen Tests.
Systematisch geistig ermüdet
Vorab wurde die Hälfte der Versuchspersonen systematisch geistig ermüdet - sie mussten zwei Stunden lang Stundenpläne aufstellen. Die andere Hälfte der Versuchspersonen durfte sich dagegen zwei Stunden lang entspannen.
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Komplexes Zusammenspiel: Die mentalen Fähigkeiten
Die moderne Hirnforschung geht nach wie vor davon aus, dass bestimmte Hirnregionen bestimmte Funktionen haben. Allerdings weiß man mittlerweile, dass das gesunde Gehirn netzwerkartig arbeitet und sich kognitive Leistungen nicht einfach auf bestimmte, fest umrissene Gehirnareale beschränken lassen.

Neuere Studien haben etwa ergeben, dass die mentale Leistungsfähigkeit stark von der Interaktion von Emotionen und kognitiven Fähigkeiten abhängt. Auch die Sprachverarbeitung im Gehirn ist das Ergebnis eines komplizierten Zusammenspiels verschiedener Gehirnregionen, wie man aus Messungen der elektrischen Gehirnaktivität weiß.
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Weniger zielorientiert, weniger flexibel
Aus den Tests ergab sich, dass mental erschöpfte Personen Schwierigkeiten haben, Ziele in die dazugehörigen Handlungen umzusetzen. Sie waren weniger flexibel, blieben in ihren Verhaltensmustern haften und es fehlte ihnen an Selbstregulierung.
Excel-Tabelle als Test
So mussten die Versuchspersonen beispielsweise in einem der Tests in dem Computerprogramm Excel die Aufmachung einer Tabelle ändern. Alle Versuchsteilnehmer hatten zuvor noch nie mit Excel gearbeitet und erhielten lediglich ein Beispiel des gewünschten Endergebnisses als Ausdruck.

Während der Ausführung der Aufgabe mussten die Probanden zudem "laut denken" - ihre Handlungen wurden mit dem Computer registriert und auf Video aufgenommen.
Immer wieder die gleichen Fehler
Es zeigte sich, dass ermüdete Personen weniger systematisch vorgehen als nicht ermüdete Personen. So versuchten sie wiederholt dieselben Möglichkeiten -, auch wenn sich schon längst herausgestellt hatte, dass diese Aktion nicht funktionierte.

Außerdem spekulierten die erschöpften Versuchspersonen viel öfter als ihre nicht ermüdeten Kollegen. Die geistig fitten Probanden dagegen suchten gezielt und lernten schnell aus den gemachten Fehlern.
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Schlechtere Werte in psychologischen Standardtests
Auch in zwei psychologischen Standardtests erwies sich, dass ermüdete Personen schlechter punkten als fitte Versuchspersonen. So brauchten ermüdete Personen mehr Zeit, um die erste Handlung eines Denkspiels auszuführen. Außerdem dauerte es länger, bevor sie durchschauten, dass sich die Spielregelen "heimlich" geändert hatten.
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Wie viel Selbstkontrolle?
Ein weiterer Test untersuchte, ob die Versuchspersonen ihr Handeln unter Kontrolle haben. Ermüdete Personen konnten demnach gleich gut wie ihre fitten Kollegen eine Standardhandlung durch eine Alternative ersetzen - sie reagierten jedoch deutlich langsamer.

Nach Ansicht der Wissenschaftler zeigen sich hier so genannte "Lapses in control" - Zeiträume, in denen die bewusste Kontrolle über das eigene Handeln zeitweilig nicht aktiv ist. Solche Zeiträume kommen auch bei fitten Personen vor, allerdings weniger häufig.
Computerprogramme streng nach Logik
Wie die niederländischen Forscher meinen, zeigen ihre Ergebnisse unter anderem, dass die Hersteller von Geräten und Computerprogrammen diese "so logisch wie möglich" machen müssen. Ermüdete Personen, die auf "Auto-Pilot" umschalten, machen dann möglicherweise wenig Fehler.
->   Niederländische Organisation für wissenschaftliche Forschung (NWO)
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01.01.2010