News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Ausgerottete Tierart soll geklont werden  
  Sie sind nicht ganz so Furcht erregend, aber genauso ausgestorben wie Dinosaurier: Tasmanische Beutelwölfe, Fleisch fressende Raubbeutler, deren letzte Exemplare in den 1930er Jahren gesichtet wurden. Seit drei Jahren versuchen Australische Wissenschaftler die durch menschliche Einflüsse ausgerotteten Tiere durch Klon-Techniken wieder zum Leben zu erwecken. Nun sind sie ihrem Ziel einen weiteren Schritt näher gekommen.  
Die Forscher vervielfältigten einige wesentliche Gene der Tiere, die sie aus konservierten männlichen und weiblichen Jungtieren gewonnen hatten. Ein "Durchbruch", wie die Forscher laut Nachrichtenagentur Reuters gemeint haben.
Klon-Erfolg innerhalb der nächsten zehn Jahre?
Bild: Australian Museum
Postkarten-Motiv eines Beutelwolfs von 1928
Die Wissenschaftler des Australian Museum in Sydney glauben, den Beutelwolf innerhalb der nächsten zehn Jahre klonen zu können - wenn es ihnen gelingt, sein Genom zu rekonstruieren und zu sequenzieren.

"Wir sind nun weiter als alle anderen Projekte, die versuchen derlei mit DNA ausgestorbener Tieren versuchen", meinte Mike Archer, der Direktor des Australian Museum, auf einer Pressekonferenz.
->   Der Beutelwolf am Australian Museum
...
Der Beutelwolf
Fast alles, was über den Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus, auch: Tasmanischer Tiger) überliefert ist, weiß man aus Mythen oder durch Museums-Exponate. Diese hatten Zoologen in den dreißiger Jahren intensiv gesammelt, als das Aussterben der Tierart absehbar war. Darüber hinaus existieren zahlreiche Schwarz-Weiß-Aufnahmen.

Die Bilder zeigen ein großes, hundeähnliches Beuteltier mit hellem, am Hinterteil schwarz gestreiftem Fell. Wie der Tasmanische Teufel und das entfernt verwandte Känguru trug der Beutelwolf seine Jungen in einem Beutel. Und wie das Känguru hatte er einen starken, steifen Schwanz.

Das Tier lebte vor 200 Jahren ursprünglich in Australien und Papua Neu-Guinea, verschwand dann vom australischen Festland und wurde nur noch in Tasmanien gesichtet. Aufgrund menschlicher Einflüsse (Jagd, Aufkommen des Hundes als Haustier, Konkurrenz durch den Dingo) starb der Beutelwolf aus. Aus dem Jahr 1936 stammt der Bericht vom Tod des letzten bekannten Exemplars, 1986 wurde er offiziell als ausgestorben erklärt.
->   Mehr über den Beutelwolf
...
DNA von 1866 konserviertem Embryo
Bild: David Gray/Reuters
Museumsdirektor Michal Archer und der eingelegte Embryo des Beutelwolfs.
Das Projekt am Australischen Museum begann 1999, als die Wissenschaftler DNA von einem weiblichen Exemplar extrahierten. Sie verwendeten einen in Ethanol konservierten Embryo, der seit 1866 als Ausstellungsstück diente.

Im Jahr 2001 wurde weitere DNA aus den Knochen, Zähnen, Rückenmark und getrockneten Muskeln von zwei anderen Exemplaren isoliert. Aus den beiden Proben haben die Forscher laut Archer X-Chromosomen und das männliche Y-Chromosom des Tieres gewonnen.

Obwohl es bereits eine Reihe ähnlicher Klon-Projekte zur Wiederbelebung ausgestorbener Tierarten gegeben hat, ist das Projekt des Australischen Museums herausragend: Die DNA-Qualität des Ausgangs-Exemplars ist ungewöhnlich gut erhalten.
Vervielfältigung der DNA
Bild: Australian Museum
Modell eines Beutelwolfs
Im Verlauf dieses Monats vervielfältigten die Forscher die extrahierte DNA via Polymerase-Kettenreaktion.

Nach der Trennung eines DNA-Stranges, das als Kopiervorlage dient, werden dabei die Ausgangspunkte der Synthese mit Hilfe kleiner DNA-Stücke mit bekannter Nucleotid-Abfolge festgelegt. Anschließend kann ein Enzym Schritt für Schritt den DNA-Strang beliebig oft kopieren.

"Die scheinbar tote DNA reagierte genau wie lebendige. Es ist ganz klar, dass sie nicht 'ausgestorben' ist - sie funktioniert", zeigte sich Archer begeistert. "Und das macht das Klonen möglich."
...
Klonen bedrohter Arten
Die Reproduktion ausgestorbener Tierarten ist die eine Sache. Eine andere ist der Versuch vom Aussterben bedrohte Arten für den Weiterbestand zu klonen. Über den derzeitigen Forschungsstand berichtete science.ORF.at im vergangenen August. Die Schwierigkeiten, die sich beim Versuch vom Aussterben bedrohte Arten zu klonen ergeben, zeigt auch das Beispiel des Gaur, einer asiatischen Rinderart. Mehr dazu in:
Klonen für den Artenschutz?
Gaur: Klon einer bedrohten Art nach zwei Tagen tot
...
Ziel: Lebensfähige Population
Das Ziel von Archer und seinem Team: Das Klonen einer vernünftigen Population von Beutelwölfen. Als Muttertiere soll dabei der Tasmanische Teufel, ein anderes Fleisch fressendes Beuteltier, verwendet werden.

"Wir wollen eine lebensfähige Population, nicht für das Laboratorium, sondern für die Freiheit der Wildnis - deswegen brauchen wir Tiere, die lebens- und reproduktionsfähig sind", so Archer.
Tilgung menschlicher Schuld
Die Technologie für die letzte Phase des Klon-Vorhabens - die das Genmaterial des Beutelwolfes in die Eizelle des Tasmanischen Teufels eingepflanzt wird - ist nach Angaben Archers noch nicht entwickelt. Je schneller die Technologie fortschreitet, desto eher kann das Tier reproduziert werden.

Und dies sei auch eine Frage vergangener Schuld, denn schließlich hätten die Australier den Tasmanischen Tiger ausgerottet. "Diese Schuld müssen wir tilgen", so Archer.
Wer spielt hier Gott?
Schon 1999, als Archer sein Projekt erstmals publik machte, löste es in Australien eine heftige ethische Debatte aus. Vor dem Australische Museum patrouillerten Streikposten, und religiöse Gruppen warfen Archer und den Biologen vor, Gott spielen zu wollen.

Archer konterte daraufhin damals: "Meine Antwort ist, dass Menschen Gott spielten, als sie das Tier ausrotteten."
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010