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Raumplanung für den Kosovo  
  Nach dem Krieg hat seit 1999 im Kosovo eine wilde Wiederaufbauphase eingesetzt. Häuser und Straßen wurden ohne Genehmigung, Plan und Konzept gebaut. Die Raumplaner der TU- Wien wurden jetzt zu Hilfe gerufen, um den Wildwuchs in Bahnen zu lenken.  
Der Bezirk Suva Reka mit seinen 81.000 Einwohnern soll zum Modellfall werden: Nur 15 Prozent der Bauten in der Region entspricht den Grundstücksplänen. Der Rest wurde schwarz gebaut.

Die Moschee, die Hauptstrasse, das sind die Fixpunkte, die heute im Plan noch stimmen. Die Stadtplaner der TU Wien wollen als erstes die Infrastruktur verbessern.
Problem Wasserversorgung
Projektleiter Gerhard Schimak vom Institut für Städtebau und Raumplanung schildert dies am Beispiel Wasser. "40 Prozent des Wassers versickert in den Leitungen. Dort, wo wild gebaut wird, gibt es überhaupt keine Wasserversorgung. Jetzt muss die Entscheidung getroffen werden, ob man mehr Brunnen baut oder das Leitungsnetz repariert", meint Schimak gegenüber dem ORF-Radio. "Dasselbe gilt für das Abwasser. Viele leiten ihr Abwasser einfach in den Fluss. Eine Kläranlage gehört dringend gebaut."
Schulen fehlen
Im Bezirk Suva Reka wurden während des Konfliktes von rund 12.000 Gebäuden fast 10.000 beschädigt. Öffentliche Einrichtungen wie Schulen fehlen noch - die Schulen arbeiten derzeit im Drei-Schicht-Betrieb.

Heute leben nur noch Albaner im Bezirk. Häuserskelette, die überall stehen, erinnern noch an die serbische Bevölkerung, ihre Häuser wurden ausgeschlachtet, das Material für Neubauten verwendet.
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Zukunft planen
Die Gemeinde hat sich bisher auf Katastrophenmanagement konzentriert. Jetzt geht es darum, die Zukunft der Region zu planen. Der Bezirk ist für ein Pilotprojekt besonders geeignet, weil er politisch sehr stabil ist.

Den gewählten Gemeindevertretern sind immer auch noch UNO-Beamte zur Seite gestellt, wie Siegfried Prenke im Ministerium für Umwelt, Landesplanung und Wohnungsbau. Wenn das österreichische Konzept in Suvareka greift, wartet auch die Hauptstadt auf Visionen.
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5.000 illegale Bauten
"In Pristina gibt es 5.000 illegale Bauten", sagt Siegfried Prenke vom Ministerium für Umwelt, Landesplanung und Wohnungsbau im Kosovo.

"Es gibt keine Möglichkeit legal zu bauen. Das ist typisch für den Kosovo. In Pristina ist das Problem zu groß, deshalb muss man sich kleinere Städte für Projekte aussuchen. In Pristina hat sich in den letzten zwei Jahren die Einwohnerzahl verdoppelt. In den nächsten 15 Jahren werden noch bis zu 400.000 Leute dazukommen."
Keiner zahlt
Die Gemeinden werden grundsätzliche Entscheidungen treffen müssen, wie sie sich weiterentwickeln wollen, meint Prenke.

"Bei Wasser, bei Strom, bei allen diesen öffentlichen Betrieben ist keine Deckung der Kosten möglich. Sie sollten eigentlich Gewinne bringen, aber keine 50 Prozent der Bevölkerung zahlen ihre Rechnung. Viele haben das Geld einfach nicht, sind aber an den Konsum gewohnt. Entweder wird man öffentliches Geld aufstellen müssen oder diese Leute von der Versorgung ausschließen. Beides wird nicht möglich sein, das ist die paradoxe Situation momentan."
Stabile Zukunft
Heute zapfen viele einfach den Strom illegal an. Das Bundesministerium für Landesverteidigung, das Soldaten im Kosovo stationiert hat, hat die Stadtplaner zunächst mit einer Bestandsaufnahme beauftragt.

Das auf 5 Jahre angelegte Projekt soll allerdings dann das Aussenministerium bezahlen - um den Kosovo eine stabile Zukunft zu ermöglichen, sagt Schimak.

"In den ersten zwei-drei Jahren haben zahlreiche Hilfsorganisationen mit Spendengeldern geholfen. Diese Organisationen konzentrieren sich jetzt auf andere Länder. Jetzt muss der Kosovo sich selbst helfen". Am besten aber so, dass durch den Wiederaufbau nicht neue Konfliktherde entstehen.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Institut für Städtebau und Raumplanung, TU-Wien
 
 
 
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01.01.2010