News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Medizin und Gesundheit 
 
Was ist Nitrofen?  
  Der deutsche Nitrofen-Skandal hat sich nun nach Österreich ausgeweitet. Vermutlich ist eine vergiftete Großlieferung Geflügelfleisch aus Deutschland auch nach Österreich gelangt. Nitrofen ist ein Unkrautvernichtungsmittel, das bis in die späten 1980er Jahre zugealssen war. Das Krebs erregende Herbizid reizt als Reinsubstanz Augen, Haut und Atemwege, reichert sich allerdings nicht im Boden und nur in geringen Mengen im Fettgewebe von Tieren an.  
Der Beginn des Skandals
Zwischen März und Mai 2002 wurde an rund 120 landwirtschaftliche Öko-Betriebe Futtergetreide verkauft, das als Rückstand Nitrofen erhielt. Die Rückstände wurden nach der Untersuchung von Putenfleisch eines niedersächsischen Biobauern entdeckt.

Die deutsche Bundesanstalt für Fleischforschung (BAFF) hatte daraufhin Werte zwischen 0,08 und 0,4 Milligramm Nitrofen pro Kilogramm Putenfleisch nachgewiesen. Mittlerweile wird in zehn deutschen Bundesländern nach verseuchtem Fleisch gefahndet.
->   ORF.at: Versuchtes Fleisch auch in Österreich
Zulassung bis 1980
Nitrofen ist ein Getreideherbizid, das zur Vernichtung von Unkraut diente. Es wurde 1964 in den USA entwickelt und blieb in den alten Bundesländern der BRD bis 1980 zugelassen.

Vollständige Anwendungsverbote wurden erst 1988 bzw. 1990 erlassen (alte bzw. neue Bundesländer der BRD). Die Verbote waren ausgesprochen worden, da man Gesundheitsschäden durch direkten Kontakt vermutete. Mittlerweile ist das Pflanzenschutzmittel EU-weit verboten.
...
Nitrofen in Pflanzenschutzmitteln
In der ehemaligen DDR war Nitrofen in den Pflanzenschutzmittel "Trizilin" und Trizilin 25" enthalten. In den Produkten "Namedit", Plantulin", "Trazalex" und "Trazalex extra" wurde Nitrofen mit anderen Wirkstoffen wie 2,4-D oder Simazin kombiniert. Hergestellt wurden die Produkte vom VEB Chemiekombinat Bitterfeld und dem VEB Berlin-Chemie in Ostberlin.
...
Biologische Wirkungsweise
Nitrofen wirkt als so genanntes selektives Kontaktherbizid, dass über ober- wie auch unterirdische Pflanzenteile (Blätter und Wurzeln) aufgenommen wird. Nach der Verteilung des Wirkstoffes in der Pflanze bedingt die Lichteinstrahlung einen Umbau zu einem aggressiven Radikal, das die Zellmembranen schädigt und zerstört.
...
Chemische Aspekte
Nach der chemischen Terminologie wird Nitrofen korrekt als "2,4-Dichlorophenyl-p-nitrophenylether" bezeichnet. Diphenylether wie Nitrofen hemmen die Aktivität des Enzyms Protoporphyrinogen-Oxidase, das für die Bildung des grünen Blattfarbstoffes benötigt wird.
...
Toxische Wirkungen

Die chemische Struktur von Nitrofen
Nitrofen wird im Boden durch Mikroorganismen und Licht abgebaut. Die wasserunlösliche Substanz ist nur wenig "bioakkumulativ", d.h. sie reichert sich nicht im Boden und nur wenig im Fettgewebe von Tieren an.

Die bei Nitrofen vermuteten schädigenden Wirkungen reichen von Lungenmissbildungen bei Embryos über hormonähnliche Effekte bis zur Kanzerogenität - in hohen Konzentrationen gilt es als Krebs auslösend.

Zwar gibt es für den Menschen noch wenig toxikologische Daten, die Ergebnisse von Tierversuchen weisen aber darauf hin, dass Krebs auslösende Wirkungen bestehen. Besonders gefährlich ist Nitrofen für die Anwender, da es als Reinsubstanz stark toxisch ist. Es reizt die Augen, die Haut und die Atemwege.
->   Informationen des deutschen Verbraucherministeriums zu Nitrofen
Ursache: Falsche Lagerung
Dass das gefährliche Unkrautvernichtungsmittel Futterweizen kontaminieren und über die Nahrungskette in Bio-Putenfleisch gelangen konnte, liegt allerdings nicht an der prinzipiellen Arbeitsweise der biologischen Landwirtschaft. Die Ursache für die gegenwärtige Misere liegt vielmehr in mangelnder Lagerhygiene des Öko-Getreides.

Die Weizen-Lagerhalle einer Saatgutfirma bei Neubrandenburg hatte zu Zeiten der DDR als Pestizidlager gedient. Allerdings ist es sehr wahrscheilich, dass noch weitere Verunreinigungs-Quellen existieren, da mittlerweile positive Proben genommen wurden, die nicht mit der betreffenden Halle in Verbindung gebracht werden können.
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010