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Begriffsgeschichte des Antisemitismus  
  Im Rahmen der deutschen "Walser-" und "Möllemann-Debatte" nimmt der Begriff "Antisemitismus" eine Schlüsselposition ein. Was bezeichnet dieser Terminus genau und von wem wurde er geprägt?  
Ein Ausdruck als Fehlbildung
Der Begriff "Antisemitismus", der gegenwärtig im Zentrum des Konflikts zwischen der FDP und dem Zentralrat der Juden in Deutschland steht, wurde im 19. Jahrhundert von Persönlichkeiten geprägt, die dem Judentum feindselig gegenüber standen. Es war der Journalist Wilhelm Marr, der 1879 die so genannte "Antisemitenliga" gründete.

Der Ausdruck ist eine Fehlbildung, weil er die durch sprachliche Gemeinsamkeiten verbundene semitische Gruppe, zu der auch die Araber gehören, auf die Juden reduziert.
Religiöse und "rassische" Motive
Die neuere Wissenschaft unterscheidet zwischen dem religiös fundierten Antijudaismus (insbesondere den von kirchlichen Konzilien im Mittelalter erlassenen diskriminierenden Vorschriften) früherer Jahrhunderte und der "rassisch" motivierten Bekämpfung des Judentums in der neueren Zeit.
Bedeutungsverengung durch Wilhelm Marr
Zwar wurde der bereits im 18. Jahrhundert geprägte Begriff des Semitentums ursprünglich auf eine ganze Gruppe von Völkern angewandt, die seit dem 3. vorchristlichen Jahrtausend auf der arabischen Halbinsel lebten. Doch nicht zuletzt unter Marrs Einfluss erhielt die Gegnerschaft zum "Semitismus" die ausschließliche Bedeutung der Ablehnung des "Volkscharakters" der Juden.

Im Zeitalter des Liberalismus und der Judenemanzipation kursierten so genannte Antisemiten-Petitionen von Handwerkern, Bauern und Vertretern höherer Bildungsschichten, die angesichts wirtschaftlicher Krisen um ihren Besitzstand bangten.
Österreich: Schönerer und Lueger
Richtete sich der Antisemitismus mit seinen antiliberalen Strömungen zunächst gegen die Gleichheitsideale der Französischen Revolution, so rückte gegen Ende des 19. Jahrhunderts der "Rasse"-Gedanke mehr und mehr in den Vordergrund.

In Österreich entstand eine einflussreiche und aggressive antisemitische Bewegung unter der Führung von Georg Ritter von Schönerer. In der christlichsozialen Partei des Wiener Bürgermeisters Karl Lueger fand der "wirtschaftliche" und klerikale Antisemitismus seine Heimat.
Rassenhass unter Hitler
Insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg nahm der Antisemitismus in Deutschland an Schärfe zu, daraus entwickelten die Nationalsozialisten ihren Rassenhass. Adolf Hitler bezeichnete den Antisemitismus als "Zement" der NS-Bewegung. In diskriminierenden Gesetzen wurde der Antisemitismus staatspolitisch wirksam und führte letztlich zum Massenmord an sechs Millionen Juden.
Mehr über den Antisemitismus am Deutschen Historischen Museum, Berlin
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Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Völkermord: Die Verantwortung der Eliten
 
 
 
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01.01.2010