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Rätsel um periodische Umpolung der Sonne gelöst?  
  Wie die Erde besitzt auch die Sonne magnetische Pole. Im Gegensatz zur Erde kommt es alle elf Jahre zu einer Umkehrung dieser Pole. Nach Auswertung von Datenmaterial, das zehn Jahre lange Beobachtungen der Sonnenaktivitäten umfasst, meinen nun Forscher dem Rätsel der regelmäßigen Umkehrung auf der Spur zu sein: Sie entdeckten 800.000 Kilometer lange Gasbrücken, deren magnetische Ladung stark genug sein könnte, die Pole umzukehren. Die Entdeckung könnte über die Forschung hinaus auch für die Wirtschaft von großem Interesse sein - ziehen doch die starken Sonnenaktivitäten regelmäßig das Kommunikationssystem der Erde in Mitleidenschaft.  
Das berichten die Physikerin Elena Benevolenskaya und Kollegen von der Hansen Experimental Physics Laboratory (HEPL) in Stanford in der aktuellen Ausgabe des Astrophysical Journal.
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Der Artikel "Large-Scale solar coronal Structures in soft X-Rays and their Relationship to the magnetic Flux" ist erschienen im Astrophysical Journal, Bd.571:L181- L185, 01. Juni 2002.
->   Der Orginalartikel (pdf-File)
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Regelmäßige Umkehrung der Sonnenpole
Am Höhepunkt des Sonnenfleckenzyklus, dem so genannten solaren Maximum, kommt es auf der Sonne zu einer Umkehrung des Magnetfelds. Dabei tauschen die magnetischen Pole ihre Position.

Im Gegensatz zur Erde, deren magnetische Felder relativ stabil sind, tauschen der Nord- und Südpol der Sonne ihren Platz ungefähr alle elf Jahre. Im Vergleich dazu fand die letzte Umpolung auf der Erde vor rund 780.000 Jahren statt und dauerte ungefähr 5.000 Jahre lang.
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Solares Maximum
Die Temperaturen von 15 Millionen Grad auf der Sonne lassen Atome verschmelzen. Gewaltige Eruptionen schleudern Materie kilometerweit ins All. Superschnelle Strahlen- und Teilchenstürme breiten sich minutenschnell im ganzen Sonnensystem aus. Alle elf Jahre steigert sich das himmlische Höllenfeuerwerk zu einem Höhepunkt - dem solaren Maximum. In dieser mehrere Monate andauernden Zeit nehmen Eruptionen, Sonnenflecken und Sonnenstürme dramatisch zu.
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Ursachen und Regelmäßigkeit bislang ungeklärt
Weshalb die Umpolung des Sonnenmagnetfeldes periodisch auftritt und was diese Polumkehr bewirkt, blieb bislang ein Rätsel: "Eine der größten Herausforderung für Astronomen bleibt die Suche nach einen Mechanismus, der stark genug ist, um eine Polumkehr herbeiführen zu können," betont Benevolenskaya.

Mit der Auswertung der von den Satelliten SOHO (Solar and Heliospheric Observatory, Nasa) und Yohkoh ("Sonnenstrahl") gelieferten Daten - sie umfassen den Zeitraum 1991 bis 2001 - meinen Benevolenskaya und ihr Team dem Rätsel auf der Spur zu sein.
Enorme Datenmenge
Dabei handelte es sich um eine enorme Datenmenge, die durch die Zusammenführung zweier Beobachtungssysteme ermöglicht wurde.

Die zeitlich am längsten zurückliegenden Daten - seit 1991 - stammen von dem japanischen Sateliten Yohkoh, der im letzten Dezember aufgrund technischer Probleme nicht mehr sendet. Zusätzliche Daten gab es von dem Weltall-Observatorium SOHO - diese stammen aus dem Zeitraum 1996-2001.
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SOHO im Weltraum
Das europäisch-amerikanische Sonnenobservatorium SOHO (Solar and Heliospheric Observatory) beobachtet rund um die Uhr die Sonnenaktivität. Auf der Grundlage dieser Beobachtungen wird unter anderem ein Weltraumwetterbericht erstellt und Aufschlüsse über die Auswirkungen der Sonnenstürme auf die Erde gewonnen. Für die Raumfahrtbehörden ESA und NASA gebaut, wurde das Observatorium im Dezember 1995 mit einer Atlas-Rakete in den Weltraum geschossen. Es umkreist die Sonne von einer Position aus, die von der Erde 1,5 Millionen Kilometer entfernt ist, und kommt ihr damit näher als Teleskope auf der Erde.
->   SOHO Homepage
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Kilometerlange Brücken verbinden Pole mit Sonnenflecken
Bild: HEPL
Gasbrücken verbinden magnetische Pole mit Sonnenflecken
Demnach könnten ungefähr 800.000 Kilometer lange und 1,9 Millionen Grad Celsius heiße Gasbrücken für die regelmäßig auftretende Umpolung verantwortlich sein.

Aufgrund der enormen Hitze der Gase, konnten sie erst mit Hilfe von Röntgenaufnahmen für das menschliche Auge sichtbar gemacht werden. Zusätzliche Aufnahmen aus dem ultravioletten Spektralbereich sowie magnetische Daten bestätigen die Existenz dieser Brücken.

Interessant an diesen Brücken ist die Tatsache, dass sie von den Polregionen bis zum Äquator der Sonne reichen und dabei einen Bogen bis zur äußeren Sonnenatmosphäre, der Korona spannen.

Der Bogen selbst verbindet die magnetischen Pole mit Sonnenflecken der jeweils entgegengesetzten Ladung, wobei die Forscher herausfanden, dass keine der Brücken über die Grenze des Äquators reicht.
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Sonnenflecken
Ein typischer Sonnenfleck besteht aus einem dunkleren Kern, der Umbra, die von der weniger dunklen Penumbra umgeben ist. Sonnenflecken treten gewöhnlich in Gruppen auf, isolierte Flecken sind relativ selten. Magnetische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Flecken der Sitz starker Magnetfelder sind.
Die Sonnenflecken haben extrem verschiedene Größen. Sie reichen von winzigen Poren mit einem Durchmesser von 1000 km bis zu sehr großen Flecken mit Durchmessern bis zu mehreren zehntausend Kilometern.
->   Sonnenflecken
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Schlüsselmechanismus
Dieser Umstand lässt die Forscher auf das Vorhandensein von magnetischen Feldern schließen, die stark genug sein müssen, um die Polumkehrung herbeiführen zu können.

Insbesondere da die magnetische Brückenbildung zunimmt, je näher das solare Maximum rückt, meinen die Forscher den Schlüsselmechanismus für die Umpolung in der heißen Sonnenaktivität entdeckt zu haben.
Für Forschung und Wirtschaft von Interesse
Die neu gewonnenen Erkenntnisse sind nicht nur für die Forschung von Interesse, zumal zuverlässige Vorhersagen der Sonnenaktivitäten auch für wirtschaftliche Zweige nutzbar gemacht werden können, etwa im Bereich der Kommunikation.

Denn in Zeiten erhöhter Aktivität der Sonne bedeuten die in den Weltraum geschleuderte, elektrisch geladene Gaswolken regelmäßige Komplikationen im Kommunikationssystem der Erde.
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Sonnenteilchen können erhöhte Spannung erzeugen
Ins All geschleuderte elektrisch geladene Sonnenteilchen könnten beim Auftreffen auf Geräte eine erhöhte Spannung erzeugen und unter ungünstigen Bedingungen beispielsweise Transformatoren an Überlandleitungen in Brand setzen.
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Satellitenübertragung betroffen
Es kommt zwar selten vor, dass diese elektromagnetischen Stürme die Erde erreichen. Sie stören aber jedenfalls Satellitenübertragungen, Rundfunksendungen und unter Umständen sogar Telefongespräche.
->   Hansen Experimental Physics Laboratory in Stanford
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->   Das Magnetfeld der Sonne kehrt sich um
->   Anzeichen für Umpolung des Erdmagnetfeldes
 
 
 
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01.01.2010