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Nord-Süd-Kommunikation: Regelung oder Markt?  
  Welches Konzept kann den effizienteren Beitrag zur Verständigung zwischen Industriestaaten und Dritter Welt leisten: ein Modell, das am Ausgleich des großen Ungleichgewichts im Kommunikationsbereich orientiert ist, oder ein rein marktwirtschaftliches Modell? Mit dieser Frage befasst sich ein im Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erschienener Forschungsbericht von Walter Rohn, den der Autor in einem Gastbeitrag für science.ORF.at vorstellt.  
Großes Ungleichgewicht im Kommunikationsbereich
Von Walter Rohn

Zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern bestehen in bezug auf die Ausstattung mit Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen nach wie vor sehr große Unterschiede.

Auf 100 Einwohner entfielen beispielsweise im Jahr 1996 in den Industriestaaten durchschnittlich 52,4 und in den Entwicklungsländern 14,5 TV-Geräte. Während im Norden 42,4 Telefonanschlüsse auf 100 Einwohner kamen, waren dies im Süden lediglich 4,5.
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Radio, Computer und Tageszeitung im Vergleich
Prro 100 Einwohner standen 1996 in den Industriestaaten statistisch 100,5 Radiogeräte, in den Entwicklungsländern nur 18,5 zur Verfügung. Das Verhältnis bei Personalcomputern lautete 15,6 zu 0,7. Tageszeitungsexemplare (1994): 28,6 in den Industriestaaten, 4,4 in den Entwicklungsländern. (Quelle: UNESCO World Communication and Information Report 1999-2000.)
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Einseitige Informationsflüsse
Neben den angeführten Unterschieden bestehen heute besonders beim Zugang zum Internet enorme Disparitäten zwischen den Industriestaaten und der Dritten Welt.

Diese Knappheit an Informations- und Kommunikationsressourcen behindert sowohl die Austauschprozesse in den Entwicklungsländern als auch die Übermittlung von Informationen aus der Dritten Welt in die Industriestaaten. Informationen fließen primär in der umgekehrten Richtung, d.h. von Nord nach Süd.
Die Modelle der UNESCO
Im Rahmen der UNESCO wurden in den vergangenen drei Jahrzehnten zwei verschiedene Konzepte für den Umgang mit der Kommunikationsproblematik diskutiert und implementiert.

In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren trat die Weltkulturorganisation für eine Neue Weltinformations- und Kommunikationsordnung (engl.: NWICO) ein.
Ausgewogene Verbreitung von Informationen
Das an einem globalen Keynesianismus orientierte NWICO-Modell zielte primär auf eine im Weltmaßstab ausgewogenere Verbreitung von Information ab.

Im Vordergrund standen hier der Aufbau leistungsfähiger Kommunikationsinfrastrukturen in der Dritten Welt, die Zusage der Industriestaaten für eine entsprechende finanzielle Unterstützung sowie die Festlegung gewisser inhaltlicher Standards für den internationalen Nachrichtenaustausch.
Die neue Kommunikationsstrategie
Die von der UNESCO seit den 1990er Jahren umgesetzte neue Kommunikationsstrategie erhebt hingegen den freien und ungeregelten Informationsfluss zur Zielsetzung und setzt in erster Linie auf die Selbstregulierung des globalen Kommunikationswesens durch die Marktkräfte.
Welche Strategie?
In der vorliegenden Studie wurden die beiden Konzeptionen auf Basis des politikwissenschaftlichen Ansatzes der Regimetheorie miteinander verglichen.

Dieser Vergleich zeigt, dass nur eine Politik, die aktiv in das Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd eingreift - d.h. ein Regelungsmodell - zu einer Verbesserung der internationalen Kommunikationsbeziehungen führen kann.

Die Lösung der Nord-Süd-Kommunikationsproblematik setzt allerdings entsprechende weltpolitische Rahmenbedingungen voraus.
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Die Studie
WALTER ROHN. Regelung versus Nichtregelung internationaler Kommunikationsbeziehungen. Das Beispiel der UNESCO-Kommunikationspolitik. ISR-Forschungsbericht 26. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, 2002 ¿ 96 S., 7 Tab., 3 Kästen, 1 Karte, ISBN 3-7001-3064-3.

Kontakt:
walter.rohn@oeaw.ac.at
->   Die Studie im Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
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->   Weitere Informationen auf der Homepage des Instituts für Stadt- und Regionalforschung der ÖAW
 
 
 
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01.01.2010