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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Pilze unterstützen Bäume bei Kalziummangel  
  Mineralien im Erdreich garantieren Bäumen die Zufuhr von lebensnotwendigen Nährstoffe, allen voran Kalzium. Dieses kann jedoch nur in einer bestimmten Form durch die Baumwurzeln aufgenommen werden. US-Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass Fichten und Tannen in der Lage sind, mit Hilfe eines symbiontischen Pilzes Kalzium aus dem Mineral Apatit zu beziehen.  
Da insbesondere die Versauerung der Böden zum Mangel an Nährstoffen wie Kalzium führt, erhofft man sich nun neue Erkenntnisse für die Bewirtschaftung von Wäldern und Aufschlüsse über mögliche Strategien zur Bekämpfung der schädlichen Auswirkungen von sauren Niederschlägen.
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Der Artikel " Mycorrhizal weathering of apatite as an important calcium source in base-poor forest ecosystems" ist erschienen im aktuellen "Nature" Bd. 417, 729 - 731 (13. Juni 2002).
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig)
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Hilfe bei Kalziummangel
Bisher wurde angenommen, dass Bäume ihre Nährstoffe bloß aus jenen Bodenschichten beziehen können, die für ihre Wurzeln zu erreichen sind. Nun stellten Joel Blum von der University of Michigan und Kollegen fest, dass bestimmte Bäume mit Hilfe des Pilzes Ektomykorrhiza das im Mineral Apatit gebundene und somit tiefer gelegene Kalzium extrahieren können.

Zu diesem Ergebnis kamen die Geologen, als sie das Verhältnis von Kalzium und Strontium in den Blättern und Nadeln unterschiedlicher Bäume ermittelten.

Dabei stellte sich heraus, dass Tannen und Fichten im Gegensatz zum Zuckerahorn symbiontische Pilze für den "Kalziumabbau" nutzen. Letztere Baumart dagegen ist ausschließlich auf das im Boden gelöste Kalzium angewiesen.
Kalziumressource Apatit
"Während manche Bäume ausschließlich in der Lage sind, die im Boden gelösten Nährstoffe zu nutzen, können andere wiederum Pilzgeflechte in untere Schichten auf die Suche nach dem Mineral Apatit schicken", erläutert Blum die Ergebnisse der Studie. "Statt ihr Kalzium zu trinken, bauen sie es ab" resümiert der Forscher.
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Apatit
Apatit ist das wichtigste Phosphatmineral. In geringen Mengen ist es in nahezu allen Magmatiten vertreten und bildet zumeist kleine prismatische Kristalle. Bei der Verwitterung ist Apatit bei geringen pH-Werten relativ wenig stabil und wird gelöst, jedoch unter geeigneten Bedingungen als biochemisches Sedimentgestein wiederabgeschieden. In Gesteinen, die den pH-Wert puffern (z.B. Karbonat-haltige Gesteine), ist Apatit sehr stabil.
->   Mehr zu Apatit
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Pilzsäure löst Mineralgestein
Eine Schlüsselrolle bei dieser außergewöhnlichen Form der Kalziumgewinnung spielt die symbiontische "Pilzwurzel" Ektomykorrhiz.

Diese schickt fadenförmige Fortsätze - so genannte Hyphen - aus, die organische Säuren absondern und so das Mineralgestein durchdringen. Die Säuren lösen das Material entlang der Hyphen und stellen der Pflanze damit Nährstoffe aus dem Gestein wie etwa Kalzium zur Verfügung.
Zersetzende Wirkung seit längerem bekannt
Wissenschaftler wissen zwar seit längerem um die zersetzende Wirkung dieser Pilzform bei Mineralien, allerdings gelang es Blum und Kollegen erstmals nachzuweisen, dass Bäume Apatit als Kalziumressource nutzen.
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Symbiose von Pilz und Baum
Wald- und Wiesenpilze leben in Form eines ausdauernden Paarkernmyzels im Waldboden entweder als Saprophyten oder in den meisten Fällen symbiontisch mit den Wurzeln der Bäume. Mykorrhiza (Pilzwurzel): Das Pilzmyzel umspinnt als dichtes Geflecht die Wurzelverzweigungen, ersetzt die Wurzelhaare und übernimmt für den Baum die Aufnahme des Wassers und der gelösten Nährsalze. Der Pilz erzeugt aber auch durch Zersetzung der Humusstoffe für den Baum geeignete Nährstoffe und wird selbst wiederum mit organischer Nahrung von den Wurzeln versorgt.
->   science.ORF.at: Zurück zu den Wurzeln
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Folgen des saueren Regens abschwächen?
Diese Fähigkeit, auf andere Nährstofflieferanten zurückzugreifen, könnte in Zusammenhang mit den verheerenden Folgen von saueren Niederschlägen auf den Nährstoffgehalt von Waldböden neue Erkenntnisse liefern.

Denn mit der Versauerung des Bodens werden die im Boden gelösten und lebenswichtigen Nährstoffe ausgeschwemmt beziehungsweise ausgewaschen.

Da dies vor allem Kalzium betrifft, erhofft man sich mit dieser Entdeckung, Wege zur Überbrückung des Kalziummangels zu finden, der den Waldbestand gefährdet.
Ergebnisse für Aufforstung nutzbar
Doch auch für die Aufforstung von Wäldern könnten die Ergebnisse neue Aufschlüsse liefern, zumal Wissenschaftler üblicherweise Kalziumproben von der oberen Bodenschicht heranziehen, wenn es geeignete Gebiete zur Wiederaufforstung zu wählen gilt.

Blum macht darauf aufmerksam, dass in Zukunft auch Bodenproben aus tieferen Schichten ebenso zu berücksichtigen und prüfen sein werden - konkret auf mögliche Apatit-Vorkommen.
->   Pappeln und Weiden gegen Schwermetalle
->   Pflanzen als Sanierungsgehilfen
->   Bodennutzung: Gefahr für das Weltklima
 
 
 
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01.01.2010