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Wiener Forscher machen Schizophrenie sichtbar  
  Ein austro-kanadisches Forscherteam unter Leitung des Wiener Mediziners Johannes Tauscher konnte nachweisen, dass bei Schizophrenie auch Veränderungen an Serotonin-Rezeptoren im Gehirn beteiligt sind.  
In Bildern mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) von 14 Patienten konnten die Experten im Vergleich zu Gesunden eine Erhöhung der Zahl der Serotonin-1A-Rezeptoren um bis zu 20 Prozent nachweisen.
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Schizophrenie
Oberbegriff für verschiedene Formen einer schweren psychischen Erkrankung, die mit Veränderungen des Denkens, Fühlens und Verhaltens des Betroffenen einhergeht. Ein Hauptmerkmal dieser Störung ist ein tief greifender Realitätsverlust. Die Gedanken und Gefühle des Schizophrenen weisen zeitweise keinen logischen Zusammenhang auf.

Durch eine übersteigerte Wahrnehmungsfähigkeit können sich Wahnvorstellungen und Sinnestäuschungen (Halluzinationen) entwickeln. Die Schizophrenie ist die häufigste Form einer Psychose, ihre Ursachen sind bisher nicht hinreichend geklärt.
->   Mehr zu Schizophrenie in science.ORF.at
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"Eine chronische Erkrankung"
"Schizophrenie ist eine chronische Erkrankung an der weltweit etwa ein Prozent der Bevölkerung leiden", erklärte Tauscher, leitenden Oberarzt der Ambulanz der Klinischen Abteilung für Allgemeine Psychiatrie am Wiener AKH, gegenüber der APA.

Bisher habe man gedacht, dass den Krankheitssymptomen der Schizophrenie vorwiegend eine Störung im Dopaminsystem - einem Botenstoff zwischen Gehirnzellen - zu Grunde liege.
Dopamin und Serotonin beteiligt
Doch neben dem Nervenbotenstoff Dopamin dürfte auch die zweite im Nervensystem wichtige Botensubstanz Serotonin eine Rolle spielen.

"Wir konnten mittels Positronen Emissionstomographie nachweisen, dass Schizophrenie-Patienten im Vergleich zu Gesunden vermehrt Serotonin-1A Rezeptoren haben", so Tauscher.
Sichtbar dank PET
Der Clou: Damit konnte zum ersten Mal eine Veränderung des so genannten serotonergen Systems bei Schizophrenie zweifelsfrei nachgewiesen werden. Zu verdanken ist das der PET-Methode.

Mit ihr können Stoffwechselvorgänge im Gehirn praktisch "online" sichtbar gemacht werden. Dabei werden Moleküle extem schwach und kurzfristig radioaktiv markiert, dem Probanden injiziert und schließlich deren Aufnahme im untersuchten Organ über die Zeit verfolgt bzw. die Verteilung festgehalten.
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Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
PET ist ein bildgebendes Verfahren zur Untersuchung der Stoffwechselaktivität im Gehirn. Dazu werden Radionuklide in den Blutkreislauf gespritzt, die von Geweben mit gesteigertem Stoffwechsel in größerer Konzentration aufgenommen werden.

Beim Zerfall senden diese Radionuklide positiv geladene Positronen aus. Treffen diese im Gewebe auf Elektronen, entstehen energiereiche Gammastrahlen, die von Detektoren aufgefangen und von einem Computer zu einem 3D-Bild verarbeitet werden.
->   Mehr Informationen zu PET
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Beschränkt auf bestimmte Gehirnregionen
Bild: APA/PET SCAN/JOHANNES TAUSCHER
Das PET-Bild zeigt - mit den roten Pfeilen markiert - die Rezeptoren in beiden Gehirnhälften.
Insgesamt zeigte sich nach Angaben von Tauscher bei den Schizophrenie-Patienten eine Erhöhung der Dichte der Serotonin-1A-Rezeptoren um weniger als zehn Prozent.

In bestimmten Gehirnregionen dagegen - den so genannten Temporrallappen - zeigte sich im Vergleich zu Nicht-Schizophrenen eine Erhöhung der Dichte um rund 20 Prozent. Das heißt, dass bei diesen Personen das Serotonin mehr Bindungs- und somit auch Wirkungsstellen vorfindet.

"Daher sollten zur medikamentösen Behandlung der Schizophrenie in erster Linie so genannte atypische neuere Antipsychotika eingesetzt werden, die neben dem Dopamin- auch den Serotoninhaushalt im Gehirn normalisieren", erläutert Tauscher die Bedeutung seiner Forschungen.
Kooperation mit der University of Toronto
Die Untersuchung wurde an der University of Toronto (Kanada) in Kooperation mit der Klinischen Abteilung für Allgemeine Psychiatrie am Wiener AKH durchgeführt.

Resultate dieser vom Österreichischen FWF geförderten Studie wurden vor kurzem in dem renommierten internationalen Fachjournal "Archives of General Psychiatry" publiziert.
->   Klinische Abteilung für Allgemeine Psychiatrie am Wiener AKH
->   University of Toronto
Mehr zum Thema Schizophrenie in science.ORF.at:
->   Schizophrenie-Gene: Abstammung spielt eine Rolle (10.12.2001)
->   Schizophrenie: Wellenförmiger massiver Gewebeverlust (26.09.2001)
->   Erstes Schizophrenie-Gen entdeckt (20.03.2001)
 
 
 
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01.01.2010