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Ohne Schutzmaßnahmen droht Gebirge der Kollaps  
  2002 wurde von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Berge erklärt. Österreichs auffälligster Beitrag zum Jahr der Berge ist die Aktion Alpenglühen: Samstag Nacht sollen auf 300 Berggipfeln Feuer entzündet werden, um die Energie der Berge darzustellen. Künstliche Lichtquellen werden das Spektakel auch für Satelliten sichtbar machen. Kritiker meinen allerdings, statt teurem Aktionismus sollte mehr zum Schutz der Alpen selbst getan werden.  
Dass die Alpen in vieler Hinsicht gefährdet sind, das sagt auch Peter Haßlacher, Leiter der Abteilung Raumplanung und Naturschutz des Österreichischen Alpenvereins.

Im "Journal zu Gast" auf Österreich 1 spricht er über Transitprobleme und Gletschererschließung, über sanften Tourismus und Lebenschancen in den Alpen. Große Hoffnungen setzt Haßlacher auf die Alpenkonvention, die nach jahrelangen Verhandlungen heuer tatsächlich vollständig in Kraft treten soll.
Zu wenig Bewegung in der Politik
Die Aktion diene dazu, den Nachdenkprozess über die Alpen anzuregen, sagt Peter Haßlacher. Vor allem an die Adresse der Politiker gerichtet gebe es zuwenig Bewegung, siehe Transitpolitik.

Diese Problematik sei zwar allgemein bekannt, aber es würde viel zuwenig gegen die Transitgeißel getan, ebenso was die Begrenzung der Seilbahnbauten betrifft, oder die Sicherung der Almenwirtschaft. Doch das Jahr der Berge könnte hier wieder etwas mehr Schwung in die Diskussion bringen.
Die Alpenkonvention: "Ambitöses Vertragswerk"
Die Alpenkonvention - eine länderübergreifende Vereinbarung zum Schutz der Lebensgrundlagen der Alpenbewohner -, die schon seit 13 Jahren verhandelt wird, nennt Haßlacher ein sehr ambitöses Vertragswerk, das das Kernproblem der Alpen treffe: Überfluss, Hochtourismus geballt in manchen Gebieten und gleich daneben Regionen mit hoher Landflucht ohne Infrastruktur.
->   science.ORF.at: Alpenkonvention - grenzüberschreitender Schutz für die Berge
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Erfolge nur gemeinsam
Es sei aber in diesen 13 Jahren zu einer gemeinsamen Diskussionsplattform entlang der Längsachse der Alpen gekommen, so Haßlacher. Zwar seien die Bemühungen noch nicht in Gesetzesform umgesetzt worden, aber es sei klar, dass nur gemeinsame Ideen und Projekte innerhalb der EU Chancen hätten gegenüber den entgegengesetzten wirtschaftlichen Interessen, wie etwa alte und neue Autobahnpläne zwischen Deutschland und Italien.
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Gletscher vom Schitourismus bedroht
Zum Stichwort Raumplanung, Verhüttelung und Bauen in roten Zonen sagt der Raumplanungsexperte Haßlacher, hier habe es in den letzten Jahre große Rückschritte gegeben.

Überprüfungen für neue Schigebiete würden nur mehr lose stattfinden, der Gletscherschutz würde vor allem in Tirol und Salzburg aufgeweicht und riesige Einkaufstempel zerstörten die nachhaltig die regionale Infrastruktur.

Haßlacher plädierte deshalb dafür, in jedem Bundesland einen eigenen Landesrat für Raumordnung zu installieren.
Einheitliche Normen schaffen
Die einzige Hoffnung dem entgegenzusteuern sei, im Rahmen der Alpenkonvention für alle gültige Regeln festzulegen, auch um Wettbewerbsnachteile oder auch -vorteile zu verhindern.

Etwa bei Beschneiungsanlagen, hier gäbe es große Unterschiede, in der Schweiz beispielsweise würden sieben Prozent der Pistenfläche beschneit, in Österreich 30 Prozent und in Südtirol 50.
Kostenwahrheit im Straßenverkehr
Zum Thema Alpentransit meinte Haßlacher, man müsste sämtliche Ausnahmen für das Nachtfahrverbot aufheben und den gesamten Verkehr auf die Schiene bringen. Darüber hinaus sei es dringend notwendig, endlich Kostenwahrheit einzuführen.

Der Transport auf der Straße müsse teuerer werden, er hoffe in diesem Zusammenhang auf die neue Wegekostenrichtlinie, die für das Jahr 2005 versprochen worden ist.

Über ein Verkehrsprotokoll soll diese Richtlinie auch in der Alpenkonvention verankert werden. Zu hoffen sei nun, dass sich alle Alpenstaaten für diese Verankerung aussprechen, so Haßlacher.
Werden Alpen Globalisierungsverlierer?
Denn ohne Alpenkonvention, würden die Alpen die großen Verlierer der Globalisierung werden. Ohne diese gemeinsame Anstrengung würden nur die großen Tourismuszentren im internationalen Wettbewerb etwa in Hinkunft mit dem Kaukasus überleben.

Die Transitrouten mit dem gnadenlosen Hin- und Herkarren über die Alpen würden überhand nehmen, die Bevölkerung durch Schadstoffe vergiftet, lautet Haßlachers Zukunftsszenario.

Kleinere Täler würden schlicht ausgehungert werden, ohne Anbindung an den öffentlichen Verkehr am Wochenende, ohne Geschäft, ohne Postämter. Dies, so Haßlacher, gelte es zu verhindern.

Das Interview führte Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
->   Österreich 1
->   Österreichischer Alpenverein
->   www.alpengluehen.at
->   Internationales Jahr der Berge
 
 
 
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01.01.2010