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Medikamenten-Verabreichung per Kontaktlinse  
  Augenkrankheiten könnten in Zukunft mit Kontaktlinsen behandelt werden. In den - klinisch allerdings noch nicht getesteten - Linsen sind kleine Partikel eingebettet, die langsam und kontinuierlich Medikamente freisetzen. So könnte die Effektivität der Behandlung erhöht werden, da die Medikamente ihre Wirkung dort entfalten, wo sie gebraucht wird - direkt im Auge.  
Medizinische Wirkstoffe in Nanopartikeln
"Eines der größten Probleme bei der Verwendung von Augentropfen ist, dass 95 Prozent des Wirkstoffes dort landen, wo sie nicht benötigt werden", erklärt der Mediziner Anuj Chauhan von der Universität Florida in einer Aussendung .

Er und sein Kollege Derya Gulsen haben einen Weg gefunden, medizinische Wirkstoffe in Nanopartikel einzukapseln. Diese werden dann während der Herstellung einer Kontaktlinse in das chemische Gerüst der Linse eingebracht.

Das Ergebnis ihrer Forschungsarbeit päsentierten die beiden Wissenschaftler auf dem 225. Treffen der American Chemical Society, das vom 23. bis 27. März in New Orleans abgehalten wird.
Augentropfen: Der größte Teil geht verloren
Die herkömmliche Verabreichung von Medikamenten als Augentropfen ist nicht besonders effizient, da diese in nur sehr geringem Ausmaß die Hornhaut des Auges durchdringen und das okulare Gewebe erreichen.

Der größte Teil der Augentropfen wird durch die Tränenflüssigkeit in die Nasenhöhlen abtransportiert und gelangt von dort in den Blutkreislauf.

Auf diesem Weg erreichen die Medikamente andere Organe und können dort durchaus ernsthafte Nebenwirkungen hervorrufen. So kann z.B. Timolol - ein Medikament, das zur Behandlung von Glaukomen (Grüner Star) verwendet wird - Herzbeschwerden verursachen.
Langsam und zielgerichtet, statt rasch und ungenau
Die Verabreichung der Medikamente in Tropfenform hat noch einen weiteren Nachteil: Sie führt zu einer kurzfristigen Überdosierung gefolgt von mehreren immer schwächer wirkenden Perioden.

Die durch die Kontaktlinsen freigesetzten Medikamente hingegen haben eine kontinuierliche Wirkung, da sie langsam genug verabreicht werden um nicht abtransportiert zu werden, und so im Auge bleiben.
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Alternative: Hydrogel-Linsen
Die beiden Wissenschaftler verwendeten in ihren Experimenten so genannte weiche Hydrogel-Linsen, die aus Poly 2-Hydroxyethyl Methacrylaten (HEMA) hergestellt werden. Die Medikamentenwirkstoffe werden in Liposomen eingeschlossen und dann durch Polymerisation in die Hydrogel-Matrix eingebracht. Die auf diese Art und Weise eingeschlossenen Partikel sind ungefähr 200 Nanometer groß - kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichtes. Daher sind die Kontaktlinsen trotz Einschlüssen transparent.
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Mindestens fünf Tage - vielleicht sogar zwei Wochen
Wenn die Speziallinsen dagegen im Auge platziert werden, lösen sie die Wirkstoffe aus den eingeschlossenen Partikeln. Die Substanzen sickern in den dünnen Tränefilm zwischen Linse und Auge ein. Nach Angaben der Wissenschaftler kann das Auge so fünf Tage lang mit Medikamenten versorgt werden.

Die Geschwindigkeit der Medikamentenabgabe kann durch Veränderungen in der Mikrostruktur des Hydrogels der Linse sowie der Größe, Konzentration und Struktur der Nanopartikel bestimmt werden.

Theoretisch könnten die medikamentbeladenen Kontaktlinsen sogar bis zu zwei Wochen das Auge ununterbrochen mit heilenden Substanzen versorgen.
Für Fehl- und Normalsichtige geeignet
Die Kontaktlinsen können natürlich auch, so wie einen normale Linse, als Sehbehelf dienen. Für Menschen, die an keinem Sehfehler leiden, könnten unangepasste Linsen hergestellt werden.

Nach Angaben der Wissenschaftler können mit dem Herstellungsverfahren auch Antibiotika in die Kontaktlinse eingebracht werden. Eine so präparierte Linse könnte ihren Träger vor Bakterieninfektionen schützen - eine heute weit verbreitete Nebenwirkung des Linsentragens.

Bisher wurden die Speziallinsen allerdings noch nicht klinisch getestet, da sie sich in einem frühen Entwicklungszustand befinden.
->   Universität Florida
->   Kontaklinsen: Typen und Komplikationen
->   American Chemical Society
 
 
 
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01.01.2010