Norbert Vana
Atominstitut der Österreichischen Universitäten
 
ORF ON Science :  Norbert Vana :  Wissen und Bildung 
 
Echt oder Fälschung?
Physiker geben Antworten, wo Archäologen nicht mehr weiterwissen.
 
  Immer häufiger gelangen antike Keramiken aus verschiedenen Kulturen auf den Sammlermarkt. Oft stellt sich dem Käufer die Frage nach der Echtheit und dem damit verbundenen Wert seines Stückes. Die Physik liefert ein Werkzeug, um das Alter von Keramiken bis auf wenige Prozent genau zu bestimmen.  
Archäometrie - Ein multidisziplinärer Wissenschaftszweig
Die Physik hat in den letzten Jahrzehnten den Archäologen verschiedene Werkzeuge in die Hand gegeben, wie z. B. Thermolumineszenzdatierung, Radiocarbonanalyse, Neutronenaktivierungsanlayse, Röntgenfluoreszenzanalyse, magnetometrische Untersuchungen etc., die es ermöglichen, das Alter, die Zusammensetzung oder die Echtheit eines archäologischen Artefakts zu bestimmen.

Diese neue Wissenschaftsdisziplin der Archäometrie (aus dem Griechischen: archaio: alt, metron: messen) stellt einen multidisziplinären Forschungszweig dar, in dem Physiker, Archäologen, Ur - und Frühgeschichtler, Kunsthistoriker, Geologen etc. Hand in Hand arbeiten, um Licht in unsere dunkle Vergangenheit zu bringen.

Die Thermolumineszenzdatierung zur Bestimmung des Alters von Keramiken wird seit Jahren erfolgreich in Kooperation mit Archäologen auch an Österreichischen Universitäten durchgeführt.
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Thermolumineszenzdatierung
Das Prinzip der Thermolumineszenzdatierung (TL - Datierung) basiert auf der Speicherung von Informationen über die absorbierte Energie ionisierender Strahlung in anorganischen Kristallen (z.B. Quarz oder Feldspat), welche in allen Keramiken enthalten sind. Beim erstmaligen Erhitzen (d.h. Brennen der Keramik) erfolgt eine Löschung aller gespeicherten Information und somit eine Nullsetzung der "archäologischen Uhr".

Über die Jahre wird die absorbierte natürliche Strahlungsenergie von natürlichen Radioisotopen im Material selbst und der terrestrischen bzw. kosmischen Umgebungsstrahlung im Artefakt gespeichert.

Um nun diese gespeicherte Information auszuwerten, wird die Probe neuerlich erhitzt. Bei diesem Auswertevorgang wird diese Energie in Form von Thermolumineszenzlicht abgegeben. Die abgegebene Lichtemission steht in direktem Zusammenhang zur absorbierten Strahlendosis und somit zum archäologischen Alter der Probe.
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Tonkrug aus dem Raum Michelstetten - Ausgrabungen des Museums für Urgeschichte Asparn/Zaya
Archäologen und ihre Meinung

Der Vorteil dieser Methode liegt unter anderem auch darin, dass bei steigendem Alter der Probe die Informationsausbeute zunimmt, was bei Radiocarbondatierungen von organischen Stoffen nicht der Fall ist.

In einer Zusammenarbeit mit dem Museum für Urgeschichte in Asparn an der Zaya wurden in den letzten Jahren Artefakte aus einem geschichtlichen Zeitrahmen von mehreren 1000 Jahren am Atominstitut der Österreichischen Universitäten datiert.

So konnte auch der Zeitpunkt des Abbrennens eines aus Weiden gefertigten, mit Lehm verputzten Hauses aus der Zeit der Völkerwanderung bestimmt werden. Dr. Ernst Lauermann, Direktor des Museums für Urgeschichte: "Die Anwendung dieser Methode stellt eine sehr gute Ergänzung zu bisherigen Methoden der Altersbestimmung dar und lieferte in den letzten Jahren ausgezeichnete Ergebnisse!"
Große Anwendungsmöglichkeiten
Die Möglichkeiten dieser Methode sind vielfältig und können für die Altersbestimmung unterschiedlichster Materialien angewandt werden. Es lassen sich nicht nur jede Form von gebrannter Keramik oder Ziegeln, sondern auch so ausgefallene Objekte wie Tropfsteine, Lava und Löß bzw. Sedimentschichten datieren.

Bei der Altersbestimmung der "Venus vom Galgenberg" (rund 32.000 Jahre) aus Stratzing bei Krems wurde z.B. die umgebende Lößschicht datiert . Der mögliche Altersbereich für die Datierung von Proben reicht von 10 bis 230.000 Jahren mit einer durchschnittlichen Genauigkeit von 5 bis 7%.

DI Thomas Berger (e-mail: tberger@ati.ac.at)
->   Atominstitut der Österreichischen Universitäten, Abteilung für Strahlenschutz, Dosimetrie und Strahlenphysikalische Archäometrie
 
 
 
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