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Helge Torgersen
Institut für Technikfolgen - Abschätzung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
 
ORF ON Science :  Helge Torgersen :  Medizin und Gesundheit .  Wissen und Bildung 
 
Pharma-Innovationen und (teure) Mitläufer  
  Wieviel Wahlmöglichkeiten verträgt ein solidarisch finanziertes Gesundheitssystem? Die Vielfalt an wirkstoffgleichen Medikamenten verstopft den Marktzugang für echte Innovationen und verteuert die Therapie.  
Kritische Meldungen mehren sich, dass die Vielfalt an "Analoga" (so genannten Me-Too-Präparaten), nicht nur den Marktzugang für echte pharmazeutische Innovationen verstopft, sondern auch die Therapie-Kosten ohne Zuwachs an Qualität in die Höhe treibt.

Nicht nur die vieldiskutierte Umstellung auf Generika, sondern auch der (begründete) Verzicht auf Analogpräparate kann zu enormen Einsparungen verhelfen.
Wenig Innovationen, viele Pseudoinnovationen
Schätzungen entsprechend bringen nur etwa 1-2 neue Wirkstoffe/ Jahr einen tatsächlichen therapeutischen Fortschritt (Glossmann 2001; arzneitelegramm 2001) und können dementsprechend als Innovationen bezeichnet werden.

Die Mehrzahl der neuen Medikamente aber sind "Mitläufer". In der deutschen Arzneimittelzulassungsbehörde BfArM liegen derzeit 5.200 Neuzulassungsanträge vor, die einen "Stau" unerledigter Zulassungen verursachen und das öffentliche Zulassungssystem lahmlegen (Schweim 2001).

Der Großteil der Neuzulassungsanträge sind wirkstoffidente Produkte, also Analog- (oder Me-Too-) Präparate.
Patentgeschützte Analogpräparate verteuern Therapien
Anläßlich der Präsentation von Ergebnissen des Projekts "Bessere Therapie zum besseren Preis" im Auftrag der Burgenländischen Gebiets-Krankenkasse zeigte der renommierte Pharmakologe und Gutachter für den deutchen Bundestag Ulrich Schwabe (Schwabe/ Paffrath 2001) pharmako-ökonomische Perspektiven zu Einsparungspotentialen auf.

Neben der auch in Österreich vieldiskutierten Umstellung auf Generika stellte Schwabe die kritische Beurteilung von Analogpräparaten in den Mittelpunkt.
Austausch innerhalb der Substanzklasse spart Kosten
Anhand von Beispielen zum Wirksamkeitsnachweis von Medikamenten zur Sekundärprävention von Herzerkrankungen zeigte Schwabe, dass die (patentgeschützten) Me-Too-Präparate keine oder nur marginale Vorteile für den Patienten und keinen erwiesenen Langzeitnutzen haben, aber gleichzeitig große Mehrkosten für das Gesundheitssystem verursachen.

Bewährte Medikamente werden ständig von so genannten Neuheiten verdrängt, die nicht neu, aber teurer sind.
Heilmittelverzeichnis schließt
Neben der Substitution von kostengünstigeren Präparaten innerhalb derselben Substanzklasse sieht Schwabe den Ausschluß "umstrittener Arzneimittel" aus der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung als wesentliches Einsparungspotential an.

Diese letzte Kategorie ist allerdings in Österreich - dank dem Heilmittelverzeichnis - von geringer Bedeutung.

(CW)
Schwabe, U; Paffrath, D (Hrsg): Arzneiverordungs-Report 2001. Springer.

Negativliste für Pseudoinnovationen: sichert Qualität und spart Kosten. arznei-telegramm 2001:8.

Schweim, HG: BFARM behindert Marktzugang? arznei-telegramm 2001:3.
->   arznei-telegramm
Glossmann, H: Wie informiere ich mich über neue Arzenimittel/neue Therapien? Vortrag bei "Akademie der Ärzte", Velden 8/2001.
->   Informationen zum Vortrag
 
 
 
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