Host-Info
Helge Torgersen
Institut für Technikfolgen - Abschätzung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
 
ORF ON Science :  Helge Torgersen :  Gesellschaft 
 
Old schlägt New Economy  
  Trotz einzelner Erfolge ist die New Economy in Österreichs Wirtschaft keineswegs tief verankert. Umso mehr überrascht, dass Österreich im internationalen Wachstumswettlauf durchaus mithalten kann.  
Das österreichische Paradoxon
Obwohl Österreichs Stärke nach wie vor in den traditionellen Branchen liegt, sind die Arbeitslosenraten sogar niedriger als in den meisten anderen Staaten. Der Gegensatz zwischen der guten Entwicklung der österreichischen Wirtschaft und scheinbar veralteter Industriestruktur sowie niedriger F&E-Ausgaben wurde sogar als Paradoxon bezeichnet.

Eine jüngst abgeschlossene Studie des ITA zeigt, dass viele der österreichischen Innovationen in der so genannten Old Economy dennoch Hochtechnologie-Innovationen sind, nicht zuletzt moderne Entwicklungs- und Steuerungsverfahren. New Technology und Old Economy müssen einander also keineswegs widersprechen.
Die Studie wurde auf Basis des Technologie-Delphis erstellt. Dieses hatte nach problemorientierten Themenfeldern gesucht, auf denen Österreich wissenschaftlich und wirtschaftlich Themenführerschaft erreichen könnte; diese Felder lagen bewusst quer über die Industriebranchen.

Um zur Erklärung des österreichischen Paradoxons beizutragen, wertet die neue Studie des ITA die Ergebnisse des Technologie Delphi-Austria nach industrie-ökonomischen Kriterien aus.
...
Ergebnisse der ITA-Studie
Die Metallerzeugung/-verarbeitung und Regelungstechnik zeigt eine markante Häufung Erfolg versprechender Innovationen, gefolgt von Bau und Metallerzeugnissen.

59 Prozent der Innovationen betreffen Zwischenprodukte, 26 Prozent Investitionsgüter und elf Prozent Fahrzeuge; Konsumgüter sind bloß mit vier Prozent Innovationen (biologische Nahrungsmittel) vertreten.

Nach Faktorintensität dominieren kapitalintensive Industrien mit 34 Prozent und forschungsintensive mit 31 Prozent der Innovationen, jeweils doppelt so viel, wie dem Anteil an der Wertschöpfung entspricht. Auch bei den arbeitsintensiven Industrien liegt der Innovationsanteil mit 24 Prozent darüber; bei werbeintensiven und Mainstream-Industrien darunter.
...
Paradoxe Qualifikationsstruktur
Das unerwartete Ergebnis, dass die Experten in den kapital- und arbeitsintensiven Branchen -- also der Old Economy - mehr Innovationen und mehr Chancen für österreichische Themenführerschaft sehen als in den forschungsintensiven, wiederholt sich bei der Untersuchung der Qualifikationsstruktur der Beschäftigten.
...
Qualifikation der Beschäftigten
43 Prozent der Erfolg versprechenden Innovationen finden sich in Branchen, die überwiegend unqualifizierte Arbeit beschäftigen, 23 Prozen in solchen mit niedrig qualifizierter Arbeit, nur zehn Prozent mit hochqualifizierter Arbeit.
...
Irreführende Klassifikation
Die genauere Analyse zeigt, dass viele Innovationen in den kapitalintensiven oder niedrig qualifizierten Industriegruppen dennoch Hochtechnologie-Innovationen sind, nicht zuletzt moderne Entwicklungs- und Steuerungsverfahren.

Insofern führen die üblichen Industrieklassifikationen bei der Beurteilung technologiepolitischer Fragen leicht in die Irre; es kommt nicht auf die Branchen und deren durchschnittliche Charakteristika an, sondern auf den Innovationsgehalt des Produkts und seine Marktchancen.

Österreich hat gerade in traditionellen Branchen z.T. hochtechnologische Marktnischen gefunden, das bietet zumindest temporär gute Chancen.
Innovationsmuffel?
Zugleich zeigte das Technologie-Delphi aber auch eine Besorgnis erregende Geringschätzung grundlegender, langfristig orientierter Innovationen gegenüber bloßen Verbesserungen - bei Wissenschaftlern wie Unternehmern.

Für die etwas weitere Zukunft erscheint das als eine viel bedenklichere Entwicklung als die mangelnde Umorientierung auf New-Technology-Branchen.

(GT)
...
->   Technologie-Delphi
...
->   ITA-Studie
 
 
 
ORF ON Science :  Helge Torgersen :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick