Host-Info
Heidemarie Uhl
Kommission für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte, Österreichische Akademie der Wissenschaften
 
ORF ON Science :  Heidemarie Uhl :  Gesellschaft 
 
Tagung: Authentizität in den Kulturwissenschaften  
  Begriffe wie Wahrheit und Authentizität bekamen in den Kulturwissenschaften zuletzt eine neue Aufmerksamkeit. Eine Tagung in Wien will das Begehren nach dem Authentischen ernst nehmen.  
Ein konstruierter Begriff ...
Authentizität zählt nicht zum Kanon kulturwissenschaftlicher Leitbegriffe - vielmehr wird damit ein Begriff aufgerufen, der - wie etwa auch "Wirklichkeit" und "Wahrheit" - durch den cultural turn seine Unschuld verloren hat: Vorstellungen von Echtheit, Eigentlichkeit, Unmittelbarkeit, Ursprünglichkeit sind gesellschaftlich bedingte, kontingente Konstrukte, die kommunikativ generiert und im Rahmen von Machtbeziehungen verhandelt werden.

Ungeachtet der Dekonstruierbarkeit des Begriffs verbindet sich mit Authentizität allerdings nach wie vor ein Schlüsselkonzept individueller, kultureller, nicht zuletzt auch wissenschaftlicher Praxis.

Die Forderung nach persönlicher Authentizität ist konstitutiv für die Subjektkonzeptionen der Moderne. Die "ursprüngliche", "gültige" Fassung von Texten, Bildern, Objekten bestimmt deren Relevanz und Wert.
... als Grundlage vieler Anwendungen
In den Kunstwissenschaften, der Editionswissenschaft, in der Text- und Quellenkritik, aber auch in der Ethnologie werden unterschiedliche Konzeptionen von Authentizität nach wie vor diskutiert.

Die Fixierung eines "authentischen" historischen Zustandes bildet darüber hinaus die Grundlage vielfältiger Anwendungsformen - von der Restaurierung von Kunstwerken bis hin zur musikalischen Aufführungspraxis oder zum Denkmalschutz.
Neue Aufmerksamkeit
Teilt Authentizität teilt somit das Schicksal jener Begriffe, die zwar auf theoretischer Ebene "dekonstruiert" werden, deren Relevanz davon allerdings wenig beeinträchtigt wird?

In gegenwärtigen kulturwissenschaftlichen Debatten erfahren Begriffe wie Authentizität, Evidenz, Wirklichkeit, Wahrheit, Fragen nach dem Eigensinn von Bildern, der Magie von Dingen offenkundig eine neue Aufmerksamkeit.
Dialog verschiedener Konzepte
Die Tagung will unterschiedliche Authentizitäts-Konzepte in Dialog bringen. Welchen Beitrag leisten kollektives und individuelles Gedächtnis im Prozess von Authentizitätszuschreibungen und -erfahrungen? Und welche Relevanz kommt diesen Zuschreibungen im Umgang mit Texten (Bildern, Sprache), Objekten und Orten zu?

Welche Rolle spielen Medien in der Produktion von Authentizität? Kommen dabei auch postkoloniale Aspekte zum Tragen? Und welche Interessen steuern die vielfältigen Prozesse der Authentisierung? Welche Rolle spielen z.B. Signaturen und andere Symbole der "authentischen" Zuschreibung als strategische Instrumente marktkonformer Authentisierung?

Bilden sie Markierungen und Orientierungen in einem fluiden Praxiszusammenhang? Für welche Konzepte von Authentizität ist gerade das Fehlen solcher personaler Zuordnungssymbole relevant?
Begehren nach Authentizität ernst nehmen
Die Tagung will ein breites Spektrum von Er/Findungen von Authentizität zur Diskussion stellen.

Dabei geht es nicht primär darum, den Gegensatz von Theorie ("Dekonstruktion") und Praxisformen (Authentisierungen) durchzudeklinieren, sondern das Begehren nach Authentizität/dem Authentischen ernst zu nehmen und als Herausforderung für die Kulturwissenschaften zu begreifen.

[8.10.08]
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"Die Er/Findung von Authentizität"
10. Internationale Konferenz der Kommission für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften:

Termin: 8.-10.10.2008
Ort: Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
->   ÖAW, Kommission für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte
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