Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 
Leistungsverträge an Universitäten - pro und contra  
  Im 20. Seminar aus Universitätsmanagment wurde in Linz Leistungsverträge zwischen Staat und Universität behandelt. Dabei berichteten Befürworter über ausländische Erfahrungen mit Leistungsverträgen im universitären Bereich.  
Seminar zum Universitätsrecht
Im Zuge der 20. Seminars aus Universitätsrecht und Universitätsmanagment wurde am 17. Mai 2001 an der Johannes Kepler Universität das Thema Vollrechtsfähigkeit und Transaktionsverhältnis zwischen Staat und Universität behandelt.

Dabei berichteten Befürworter wurde über positive ausländische Erfahrungen mit Leistungsverträgen.
->   http://www.uni-Linz.ac.at/unirecht/
Auswirkungen der Leistungsverträge
Prof. Uwe Schimank (FernUniversität Hagen) behandelt die vermutlichen Auswirkungen mehrjähriger Leistungsverträge auf Forschung und Lehre. Ausgehend von einer Ordinarien-Universität und aus der Sichtweise des new public management befürwortet er durchwegs mehrjährige Leistungsverträge.

Die Rolle des Mittelbaues sowie der Institute wurden kaum angesprochen - eine Intensivierung des Konkurrenzdruckes zwischen den einzelnen Professuren (Lehrstühlen) wird angestrebt; dieser sei motivierend und für die Lehre und Forschung leistungssteigernd, so das stark neoliberal wirkende Wirtschaftsmodell.

Trotz der fast euphorisch klingenden Einschätzung mehrjähriger Leistungsverträge und deren Folgen für die Universitäten wurden mehrere Problemkomplexe angesprochen, wie das Ungleichgewicht bei den Verhandlungen zwischen Ministerien und einzelnen Universitäten, der große Aufwand der Leistungsevaluation und die deshalb entstehende Neigung zu einem Automatismus zwischen Leistungsmessung und Mittelzuweisung. Außerdem könnte der starke Konkurrenzdruck neue kreative bzw. unorthodoxe Forschungsansätze verhindern.
Erfahrungen aus Hamburg
Regierungsdirektor Gottfried Vogt (Beh¿rde f¿r Wissenschaft und Forschung, Hamburg) berichtete ¿ber die bisherigen Erfahrungen mit Leistungsvertr¿gen, die in Hamburg erstmals 1996 abgeschlossen worden sind. Was bringen diese Leistungsvertr¿ge der Universit¿t? Durch eine Vereinbarung zwischen Finanz- und Unterrichtsbeh¿rde erhielt letztere eine haushaltsrechtliche Berechtigung f¿r eine dreij¿hrige Zusage f¿r finanzielle Leistungen an die Universit¿ten - sie erhalten daher eine mittelfristige Planungssicherheit.

Anf¿nglich wurden die Vereinbarungen auf drei Jahre abgeschlossen, jetzt werden vier- bis f¿nfj¿hrige Vertr¿ge erarbeitet. Daneben besteht ein sogenannter Gestaltungskorridor zur finanziellen Absicherung unvorhersehbarer Ausgaben - er betr¿gt nur 1%.


Ausf¿hrliche Leistungsvereinbarungen

Da die Hochschulen und Universit¿ten in Hamburg (zum Teil ¿hnlich wie in ¿sterreich) kaum miteinander vergleichbar sind, wurden relativ ausf¿hrliche Ziel- und Leistungsvereinbarungen getroffen. Da¿ bei rein quantitav definierten Zielen (bspw. geforderte Absolventen- oder Habilitationszahlen) die Qualit¿t der Ausbildung bzw. Anforderung sinkt, sollen verst¿rkte Evaluationen verhindern. Besser w¿re es allerdings, die angestrebten Ziele durch Messzahlen bzw. Indikatoren eindeutig zu definieren, doch stehen diese f¿r qualitative Beurteilungen noch kaum zur Verf¿gung.

Das Erreichen der geforderten Ziele betrifft nicht die Grundfinanzierung und Mittel f¿r aktuelle Erfordernisse, sondern lediglich einen klar bestimmten Anteil. Auch sind die Folgen bei Nichterreichung der Sollziele nicht klar, sondern werden erst nachverhandelt: so kann es zu K¿rzungen kommen, weil die Ziele nicht erreicht worden sind, aber auch zu Erh¿hungen, damit die Ziele erreicht werden. "Die Hamburger Ziel- und Leistungsvereinbarungen stellen" daher "keine Vereinbarung im Rechtssinne dar", schreibt Vogt in den Seminarunterlagen.

Auf alle F¿lle werden durch diese Vereinbarungen die dialogischen Prozesse zwischen Unterrichtsbeh¿rde und Universit¿ten stark gef¿rdert. Ob sie letztendlich kostensenkend oder qualit¿tsverbessernd wirken, kann zur Zeit noch nicht
Das Baseler Modell - zukunftsweisend
Prof. Paul Richli (Vicerektor der Universit¿t Basel) berichtet umfassend und praxisbezogen ¿ber die Erfahrungen mit Leistungsvertr¿gen und streicht die Bedeutung und Verantwortung des Universit¿tsrates hervor, der in Basel u. a. mit Spitzenmanager internationaler Gro¿konzerne besetzt ist.

Die Hauptkennziffer f¿r die Leistungsvertr¿ge sind die Studentenzahlen. Die wirkungsorientierte Verwaltungsf¿hrung sieht die Studierenden aber nicht als Kunden, sondern als Partner. So zahlen die Kantone pro inl¿ndischen Studierenden im Jahr 9.500 Franken (Theologie, Geistes-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften), 23.000 Franken (Naturwissenschaft) und 46.000 Franken (Medizin). Diese Betr¿ge betreffen etwa ein Drittel der Finanzierung, denn dazu kommen Zahlungen des Bundes sowie diverser Forschungsfonds und die Studiengeb¿hren von 600 Franken pro Semester.

Neben dem Globalbeitrag wird au¿erdem zur Zeit ein Kreditrahmen f¿r die EDV-Anpassung verhandelt im Volumen von rund 10 Millionen Schweizer Franken.

Auch in der Schweiz betr¿gt die Vetragsdauer drei Jahre. Das Rektorat ¿berpr¿ft allerdings halbj¿hrig die Fakult¿ten, Institute, Arbeitsgruppen etc., ob die Sollzahlen erreicht worden sind, um rasch gegensteuern zu k¿nnen.


Wichtig f¿r Kulturlandschaft

F¿r Spezialdisziplinen mit naturgem¿¿ niedrigen H¿rerzahlen werden, wie am Beispiel der Universit¿t Luzern erl¿utert, neben der Lehre wissenschaftliche Leistungen (Publikationen, Kongress-Vortr¿ge, Projekte) sowie "Dienstleistungen" (¿ffentlichkeitsarbeit und Mitarbeit in Verwaltungsgremien etc.) bewertet. So erm¿glicht dieses System den Universit¿ten ein reiches F¿cherb¿ndel, welches f¿r die Kulturlandschaft eines Landes von gro¿er Bedeutung ist.

Da die intensive Betreuung der Studierenden zu geringeren Forschungen f¿hrt, erhalten alle Universit¿tslehrer jedes 4. Jahr ein Forschungsfreisemester. Interessant erscheint auch ein Universit¿tsqualit¿tsindex, der in der Schweiz die Zufriedenheit der Studierenden, Mitarbeiter, des Mittelbaues und der
->   Universität Basel
->   Rektor Prof. Richli
Leistungsverträge aus rechtlicher Sicht
Im letzten Vortrag berichtet Prof. B.-Ch. Funk von der Universität Wien über die Leistungsverträge aus rechtlicher Sicht und den juridischen Schwierigkeiten, die eine Einführung auf der Universität mit sich brächten.

Die exakte rechtliche Stellung der Verträge zwischen Universität und Staat erscheinen auch in Deutschland, wie der Schweiz, zur Zeit nicht klar geregelt.
->   Rektorenkonferenz (1999)
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Forderungen der Industriellen Vereinigung (gekürzt)
1. Universitäten werden zu Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die nach wirtschaftlichen Kriterien geführt werden.

2. Aufgaben und Ziele der Universitäten werden in Leistungsverträgen zwischen Bund und Universitäten definiert und durch Globalbudgets abgegolten.

3. Dem Staat obliegt weiterhin die bildungspolitische Verantwortung.

4. Universitäten können ihr eigenes Profil entwickeln. Auf Basis der Profile entsteht ein Wettbewerb zwischen den Universitäten um die besten Professoren und Studenten.

5. Universitäten werden professionell gemanagert. Ein Senat dient als inneruniversitäres Dialogforum.

6. Die Universitäten erhalten die volle Personalhoheit. Mit Neueintretenden werden private Dienstverthältnisse abgeschlossen.

7. Die Finanzierung erfolgt über Bundesmittel, Drittmittel und Beiträge der Studierenden.
->   BMBWK - Die neue Universität (2000)
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Pro und contra
->   Rektorenkonferenz 2001
->   WU-Memo 34/01, 31. Jänner 2001
->   Reaktion Gras - Graswurzel 1/2000
Basler Modell nachahmenswert
Zusammenfassend erscheint das Baseler bzw. Luzerner Modell beachtens- und nachahmenswert. Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Unterschiede dürfen allerdings bei einer Übernahme nicht unterschätzt werden und ob in Österreich derart hochrangige, allein aus der Wissenschaft, Verwaltung und Spitzenmanagement kommende Universitätsräte eingesetzt werden können, erscheint zweifelhaft.

Dazu kommen die geringeren Drittmittel und das durch eine bereits elfjährig dauernde Reformierungsphase ermüdete und durch zwei Sparparkete demotivierte Universitätspersonal. Eine Evaluation der bisher üblichen Evaluationsverfahren wäre ebenfalls dringend notwendig, um die Verwaltungsbelastung einzudämmen.

Die Möglichkeit allerdings für eine Institution über ein oder zwei Jahre hinaus zu planen, 10 % Prämie für aquirierte Forschungsmittel und pro Studierenden zwischen 80.000,- und 330.000,- öS sowie regelmäßige Forschungsfreisemester zu erhalten erscheint dennoch attraktiv.
 
 
 
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