Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
GERGOVIA
Französisch-Englisch-Österreichische-Forschungen
 
  Ein Forschungsteam aus Frankreich, England und Österreich untersucht das keltische Befestigungswerk von Gergovia - jenes Hauptortes der gallischen Averner, den Cäsar 52 v. Chr. vergeblich mit seinen Truppen belagerte.  
Gergovia, Hauptstadt des keltischen Stammes der Arverner

Unweit von Clermont-Ferrand in der durch Vulkankegel geprägten Landschaft der Auvergne - liegt das gallische Oppidum Gergovia.

Vor einigen Jahren konnte die genaue Position der beiden römischen Lager, in denen Cäsar seine Belagerungstruppen stationierte, archäologisch festgestellt werden.
Archäologische Ausgrabungen
 


Bei den archäologischen Ausgrabungen, die sich in der ersten Grabungskampagne 2001 auf den Bereich eines alten Wallschnittes aus dem Jahr 1934/35 beschränkten, wurden interessante Funde gemacht: Münzen, Fibeln, Schild- und Schwertreste (siehe Bild am Ende des Beitrags), Keramik, Amphoren und hunderte von Schleudersteinen.
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Gergovia in den Schriften Caesars
Caesar mischte sich nun erneut in die Machtkämpfe unter den Haeduern ein, mit den Remern und den Trevernern einer der wenigen gallischen Staemme, welcher nicht zur Koalition unter Vercingetorix gehörte, und brachte seinen Favoriten auf den Thron. Desweiteren teilte er sein Heer und entsandte Labienus mit vier Legionen gegen die Senonen und Parisier. Mit dem Restheer zog er gegen Gergovia, die Hauptstadt der Arverner.

Vercingetorix erwies sich während der Belagerung als geschickter Heerführer. Noch immer mied er die offene Konfrontation, fügte dem Belagerungsheer immer wieder kleinere Nadelstiche zu. Desweiteren schürte er im Hintergrund Unruhe unter den haeduischen Hilfsverbänden in Caesars Heer und ebenso in deren Stammland. Hier brach nun auch bald eine anti-römische Revolte aus. Caesar brach sofort auf, um das Land des wichtigen Verbündeten zu befrieden. Als er zurückkehte hatte sich die Lage fuer ihn keinesfalls gebessert. Noch immer war Gergovia dank seiner festungsähnlichen Anlage auf einem Berggipfel so gut wie uneinehmbar und Vercingetorix fügte ihm durch seine Guerillataktik herbe Verluste zu. So musste sich Caesar also seine erste persönliche Niederlage bitter eingestehen und brach die Belagerung erfolglos ab, woraufhin sich auch die Haeduer endgültig von ihm lossagten. Labienus, der von der Niederlage bei seinem Zug auf Lutetia hörte, brach den Marsch ab, um nicht von Caesars Verbänden abgeschnitten zu werden und vereinigte sich wieder mit Caesar.
->   Inhaltsangabe des Kommentars der Univ. Paderborn zum Gallischen Krieg
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Österreichische Archäologen forschen in Gergovia
Die Untersuchungen werden im Rahmen eines langjährigen Forschungsprojektes der Universität Sheffield unter der Leitung von John Collis (siehe Bild am Ende des Beitrags) und Vincent Guichard mit Hilfe einer Gesellschaft zur Erforschung der Eisenzeit in der Auvergne (ARAFA) durchgeführt. Die wissenschaftliche Grabungsleitung haben Thomas Pertlwieser und Mag. Iris Ott inne - erfahrene Prähistoriker, die seit vielen Jahren bei archäologischen Forschungsprojekten der Universität Wien, unter anderem auch in Bibracte, mitwirken.
->   Forschungsprojekt: Eisenzeit in der Auvergne
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Der Wall
 


Das Plateau von Gergovia wird durch ein komplexes mehrphasiges Befestigungswerk gesichert. Im Kern der Anlage wurden bronzezeitliche Funde (2. Jahrtausend v. Chr.) gemacht.

Die heute im Gelände noch gut sichtbare Anlage stammt aus gallorömischer Zeit. An die noch fast einen Meter hoch erhaltene Bruchsteinmauer setzen, durch Baufugen deutlich getrennt, querverlaufende Stützmauern an.

 


Das Bild zeigt einen Schnitt durch das mehrphasige Befestigungswerk. Der Kern dieser Wallanlage datiert bereits in die späte Bronzezeit, die darüberliegenden Strukturen (Längs- und Quermauern) in die gallo-römische Zeit, dem 1. Jhdt. v. Chr.
Die Terrasse

Unterhalb der Steinstruktur des Walles befindet sich eine fast drei Meter tief in den Felsen eingeschlagene und neun Meter breite Terrasse, die vielleicht einst einen Weg trug. Später diente sie wahrscheinlich der landwirtschaftlichen Nutzung.

Die Terrasse ist nach unten durch eine weitere Bruchsteinmauer begrenzt. Sie wurde noch nicht zur Gänze untersucht und soll in der Grabungskampagne Herbst 2002 freigelegt werden.
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Gergovia heute
Gergovia ist in Frankreich berühmt, weil es das einzige gallische Oppidum ist, das erfolgreich Widerstand gegen die Belagerung durch die römischen Truppen Cäsars leisten konnte.

Vercingetorix gilt in Frankreich als Freiheitsheld. Ihm wurden Denkmäler in Clermont-Ferrand, in Alesia und Gergovia gesetzt.












Sein Emblem ziehrt Weinflaschen, Postkarten und Kakao- und Käseverpackungen. Der Kelte auf Zigaretten und Kraftstoffwerbeplakaten ist Symbol für grenzenlose Freiheit.
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Maison de Gergovie - Musee de site
 


Heute befindet sich auf den von Touristen stark frequentierten Aussichtsberg ein kleines, modern ausgestattetes Museum.

Geologie und Archäologie werden anschaulich präsentiert. Eine multimediale Schau zeigt den verzweifelten Kampf der Kelten gegen die römische Übermacht.

Über 30.000 Besucher jährlich werden während der Sommermonaten in dem Dokumentationszentrum gezählt

Text: I. Ott; Fotos: Th. Pertwieser
->   Maison de Gergovie - Musee de site
->   Öffnungszeiten des Museums
Neue Literatur zu den Kelten

Gerhard DOBESCH, Ausgewählte Schriften, Bd. 2, Kelten und Germanen, Böhlau Verlag, Wien 2001.

Sabine RIECKHOFF, Die Kelten in Deutschland, Theiss-Verlag Stuttgart 2001.

Kurt TOMASCHITZ, Die Wanderungen der Kelten in der antiken literarischen Überlieferung, Mitteilungen der Prähistorischen Kommission der ÖAW 47, Wien 2002.
->   Akademie-Verlag
Bibracte-Team zu Besuch in Gergovia
Im Zuge der im Juli 2002 in Bibracte stattfindenden Ausgrabungen besichtigte eine Gruppe des Teams Gergovia und traf die französischen Kollegen, die in Gondole einem weiteren Oppidum im Raum Clermont, forschen und wo rund 200 m vor dem Befestigungswall eine Grabstätte gefunden worden waren, in der insgesamt acht Reiterkrieger mit ihren Pferden in zwei Reihen nebeneinander lagen. Jeweils vier Krieger lagen in einer Reihe neben ihren Pferden und hatten einen Arm auf die Schulter des Vordermannes gelegt.
Eine Datierung dieses Fundkomplexes durch naturwissenschaftlichen Methoden ist in Arbeiten. Die Grabstätte war beigabenlos.
->   Österreichische Grabungen in Bibracte

 


Spiegel-online
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,198565,00.html
 
 
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 

 
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