Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Der Freinberg - die älteste Wurzel von Linz
Grabungen des Nordico und der Univ. Wien
 
  Der Siedlungskern, aus dem Linz entstanden ist, befindet sich auf dem Freinberg. Die Kelten verlagerten dann im 1. Jhdt. v. Chr. den Siedlungsschwerpunkt auf das Martinsfeld bzw. Römerberg, wo die ältesten römischen Funde entdeckt worden sind.  
Der Befestigungswall vom Freinberg - im Kern 3000 Jahre alt

Wallschnitt 1
Archäologische Untersuchungen des Stadtmuseums Nordico und der Universität Wien (IUF) konnte das Alter des fast vier Meter hohen Abschnittswalles, welcher die Hochfläche des Freinberges abgrenzt, klären.

Das heute im Park gut sichtbare Bodendenkmal ist mehrphasig: die drei ältesten Phasen stammen alle aus der späten Bronzezeit, der Urnenfelderkultur und datieren in das 11. bis 9. Jhdt. v. Chr.
Feuer am Freinberg
 


Alte Oberfläche der 3. Wallbauphase mit daraufliegendem Brandschutt.
3 mal aufgebaut und 3 mal verbrannt

Wallschnitt 3
Vor rund 3000 Jahren noch eine einfache Pfostenreihe an einer Geländekante, dann ein Erdwall, der mit einer einfachen Palisade bekrönt wurde. Die dritte Phase war dagegen aufwändiger: auf die Reste des älteren Walles wurden durch eine weitere 1,8 m mächtige Sandaufschüttung erhöht und auf der Wallkrone wurde dann ein Holzkastensystem aus zumeist 2 bis 3 m langen Balken errichtet, welches vermutlich eine Art Wehrgang trug.

Die Holzkonstruktion war mit Lehm verputzt. Trotzdem fing sie wohl bereits im 8. Jhdt. v. Chr. Feuer und brandte lichterloh ab. Die verziegelten Brocken des ehemaligen Lehmverputzes bildeten heute noch eine bis zu 80 cm hohe und über 3 m breite Versturzschicht (Bild oben).
Bronzedepot

Depot in situ
Zwischen der 2. und 3. Bauphase wurde ein kleines Bronzedepot, bestehend aus einem schön verzierten Bronzearmreif und drei alt zerbrochenen Sichelfragmenten unter einem Stein niedergelegt.

Warum diese Bronzen - ein ungebrauchtes, gußfrisches Schmuckstück und drei alte, zerbrochene landwirtschaftliche Werkzeuge - niedergelegt worden sind, ist schwierig zu beantworten. Auf Grund des archäologischen Context, direkt auf der Brandschicht der zweiten Wallphase bzw. an der Basis der dritten Wallaufschüttung erscheint den Ausgräbern eine Interpretation als Bauopfer am wahrscheinlichsten.

 


Die drei Sichelfragmente stammen von verschiedenen Stücken, der Bronzereif trägt - im Bild kaum sichtbar - eine feine Ritzverzierung.
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Projekt "Keltische Höhensiedlungen an der mittleren Donau"
Das Projekt findet im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Museum der Stadt Linz Nordico (Prof. E. M. Ruprechtsberger) und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien (Berichterstatter) seit 1990 statt. Ein erster Bericht über die Ausgrabungen auf dem Freinberg erschien in der Reihe Linzer Archäologische Forschungen Band 22.
->   Nordico
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->   Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien
Altfunde der Bronzezeit vom Freinberg
 


Armreif, Meißel, Schmucknadel, Axt und Messerklinge aus Bronze -Altfunde vom Freinberg im OÖ. Landesmuseum.
Alle Fundfotos: G. Gattinger u. O. Chrstos, IUF; alle Grabungsfotos: E. M. Ruprechtsberger, Nordico u. O. H. Urban, IUF.
Wenige Streufunde früher Kelten

Frühlatènekeramik
Nach einer Siedlungsunterbrechung während der älteren Eisenzeit (Hallstattkultur) dürfte der Freinberg im 5./4. Jhdt. v. Chr. vereinzelt von Kelten aufgesucht worden sein, wie einige wenige unscheinbare Gefäßbruchstücke, die aber eine für die damalige Zeit kennzeichnende Verzierung bzw. Machart aufweisen, belegen.

Danach dürfte der Berg für zumindest 100 Jahre, vielleicht sogar 200 Jahre, nicht mehr bewohnt worden sein.
Keltische Boier im 2. Jhdt. v. Chr. auf dem Freinberg?

Spätlatènekeramik
Im Laufe des 2. Jhdts. setzt wieder eine intensive Besiedlung des Freinberges ein. Es handelt sich dabei um keltische Gruppen, die entlang eines Nord-Süd-verlaufenden Verkehrsweges systematisch Höhensiedlungen besiedelten: Georgenberg bei Micheldorf, Freinberg, Gründberg bis Trisov, Zavist, Stradonice.

Aller Wahrscheinlichkeit handelt es sich dabei um die in Böhmen beheimateten Boier, die ja nach den Berichten bei Strabon im 2. Jhdt. im Herzynischen Wald lebten und dort auch um 115 v. Chr. erfolgreich die Kimbern abwehrten und zur Donau vertrieben.
Eine Höhenburg (arx) im 1. Jhdt. v. Chr.

Wallschnitt 2
Während des 1. Jhdts. v. Chr. wurde der Gipfelbereich des Freinberges von den Kelten befestigt. Dazu wurde die Ruine des spätbronzezeitlichen Walles neuerlich durch eine zumindest 0,8 m hohe Lößschicht erhöht. Von den Aufbauten waren jedoch bei den Ausgrabungen an der Wallkrone nur mehr geringe Reste einer Steinsetzung erhalten.

Kleine Einzelfunde, wie ein delphinförmiger Bronzebeschlag eines italischen Eimers, belegen weite Handelsverbindungen im 1. Jhdt. v. Chr.
Ende der keltischen Wallburg
Das Ende der keltischen Besiedlung auf dem Freinberg, die weit über den Wall hinaus nach Süden reichte (zumindest wurden in den angrenzenzenden Villen noch keltische Einzelfunde getätigt) fand durch eine Verlagerung des Siedlungsschwerpunktes im Laufe der zweiten Hälfte des 1. Jhdts. v. Chr. Richtung Martinsfeld bzw. Römerberg statt. Dort ließen sich dann auch die ersten römischen Kaufleute und Siedler nieder - der Freinberg verlor seine Bedeutung als Siedlungshügel, im Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit stand im Bereich der heutigen Aussichtswarte ein Galgen. Auf so manchen Stadtplan heißt daher der Freinberg auch Galgenberg.
->   Martinskirche
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Einladung zu einem Spaziergang
Plan von L. Benesch. Gut sind die Parkwege zu erkennen. Wenn man hinter dem Jägermeyer zur Franz-Josephs-Warte geht ist der im Kern spätbronzezeitliche, in der obersten Schicht keltische Abschnittswall nicht zu übersehen.

Von der Aussichtswarte bietet sich ein herrlicher Blick über das Donautal und die Linzer Altstadt.
->   Panorama - Linz Freinberg (www.wabweb.net)
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