Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Eiszeit-Stammesgeschichte von Mensch und Bär  
  Neue Ergebnisse moderner DNA-Analysen sind Thema einer Vortragsreihe am 19. März 2002 im Geo-Zentrum der Universität Wien. Eine Ausstellung zeigt den aktuellen Stand der stammesgeschichtlichen Erforschung eiszeitlicher Tier- und Menschenarten.  
Vortragsreihe zur Stammesgeschichte eiszeitlicher Tiere und Menschen

Anhand zweier Fallbeispiele (Menschen und Höhlenbären) werden die Möglichkeiten und Grenzen der Analyse alter DNA (Vortrag von Michael Hofreiter, Max-Planck-Gesellschaft, Leipzig) erläutert. War der Neandertaler direkter Vorfahre des modernen Menschen oder ein parallel entstandener Seitenzweig?

Wurde der Neandertaler vor rund zehn Jahren noch als Homo sapiens neanderthalensis, also als eine Unterart des Homo sapiens, gewertet, so zeigten die ersten DNA-Analysen, welche vor etwa vier Jahren an den fossilen Resten durchgeführt worden sind, deutliche Unterschiede zum modernen Menschen.

Der Neandertaler wurde daraufhin als eigene Art, als Homo neanderthalensis, klassifiziert. Die daraus resultierenden Konsequenzen und Möglichkeiten werden im Rahmen der Vorträge "Eiszeitliche Menschen in Europa" (Horst Seidler, Wien) und "DNA-Analysen an menschlichen Fossilien" (David Serre, Leipzig) erörtert.
Zum Stammbaum der Bären
Die Höhlengrabungen unter der Leitung von G. Rabeder im Toten Gebirge (OÖ) erbrachten zwei im Aussehen doch recht unterschiedliche Höhlenbärenarten, die zumindest eine gewisse Zeit lang nebeneinander im alpinen Hochgebirge gelebt hatten.

Es stellt sich jetzt die Frage, ob es nicht zwei oder vielleicht auch mehrere Höhlenbärenarten nebeneinander gab. Bisher wurden alle Höhlenbären in die Art Ursus spelaeus gestellt (Vorträge von Gernot Rabeder, Wien, und Michael Hofreiter, Leipzig).

Auch alle heute noch lebenden Braunbären (auf der nördlichen Hemisphäre), vom riesigen Grizzly-Bär bis zu unseren relativ kleinen europäischen Braunbären, werden nur einer Art, dem Ursus arctos, zugeordnet. Eine Art, die bereits in mittelpleistozänen Ablagerungen auf der Schwäbischen Alb vorkam, in einer Zeit, in der das Klima noch wärmer war, als es heute ist (im sog. Steinheimer Thermal).
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Steinheimer Thermal
Das Steinheimer Thermal bezeichnet eine im süddeutschen Raum herrschende Warmzeit. Mit einem Alter von rund 250.000 Jahren liegt sie vor dem Riß-Glazial.

Die Steinheimer Warmzeit zeigt eine für unsere Breiten bemerkenswerte Fauna: Neben Waldelefant, Waldbison, Hirsch, Reh und Wildschwein sind Wasserbüffel (Bubalus), Makaken und das Steppennashorn belegt.

Ein fast vollständig erhaltener menschlicher Schädel, der in Steinheim an der Murr (Baden-Württemberg) entdeckt worden ist, gibt uns ein Bild vom damaligen Menschen (Bild oben, seitlich; zumeist wurde er von den Anthropologen als Prae-Neandertaler eingestuft).
->   Staatliches Museum für Naturkunde, Stuttgart
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->   Institut für Paläontologie der Universität Wien
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Vortragsreihe: Der Neue Ansatz - DNA
ZUR PHYLOGENIE EISZEITLICHER TIERE UND MENSCHEN

Zeit: Dienstag, 19. März 2002, 16 Uhr c.t.

Ort: Hörsaal 2 im Geozentrum der Universität Wien, Althanstr. 14, 1090 Wien

Veranstalter: Kommission für Quartärforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Arbeitsgruppe für Wirbeltierpaläontologie und Quartärforschung des Instituts für Paläontologie der Universität Wien
Das falsche Bild der Höhlenbärenjäger

Wegen der zahlreichen Knochenfunde in alpinen Höhlen entstand das romantische Bild des Höhlenbärenkultes und der Höhlenbärenjäger. Der Großteil der Skelettfunde stammt allerdings, wie wir heute wissen, von Höhlenbären, die während der Wintermonate die Höhlen aufgesucht haben, um ihren Winterschlaf zu halten. Diese Zeit des Winterschlafes ist eine sehr kritische Periode für die Bären. Viele kranke oder schwache Tiere, alte wie junge, verendeten während dieser Zeit. Besonders in den ersten Lebensjahren ist die Sterblichkeit der Bären sehr hoch. Wenn nur alle paar Jahre ein Tier an einem solchen Winterschlafplatz stirbt, reichern sich im Laufe der Zeit in den Sedimenten viele Bärenknochen an.

Oft wurden dann die Kadaver durch Höhlenhyänen und anderes Getier verschoben, sodaß der Eindruck von isoliert niedergelegten Schädeln und Körperteilen entstand und die dann als "Opfer" falsch interpretiert worden sind. Bißspuren an den Knochen belegen außerdem diese sekundären Veränderungen durch Aasfresser.

Eine Jagd auf Höhlebären konnte dagegen bisher nur in sehr seltenen Einzelfällen - beispielsweise durch eine kleine Steinpfeilspitze, die in einem Brustwirbel eines Höhlenbärens stak - nachgewiesen werden.
Das Buch zum Höhlenbären

G. Rabeder, D. Nagel u. M. Pacher, Der Höhlenbär, Thorbecke Species Bd.4 (Hg. Wighart v. Koenigswald) 2000
->   Buchpräsentation
->   Neandertaler und Höhlenbär
 
 
 
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